Von Fertigsuppen-Opfern über thailändische Kamelle - Buddhismus im Alltag der Thais
Der Buddhismus prägt das Alltagsleben der gläubigen Thais sehr stark. Dabei sind nicht nur Opfergaben sondern auch ausgelassene Tänze und fröhliche Feste ein wichtiger Teil der Religionsausübung. Lust auf mehr? Einfach weiterlesen...
Bettelmönche? Von wegen!
Die Schüler der Suanmeang Wittaya School in Suanmeang, einer kleinen thailändischen Bergdorfgemeinschaft an der laotischen Grenze stehen in einer langen Reihe nebeneinander und verteilen ihre Opfergaben an die Mönche.
Wegen der hohen Anzahl an Schülern, die am Rande des mit Bäumen gesäumten Wegs warten, tragen die Mönche große Säcke mit sich um die zahlreichen Spenden mitnehmen zu können.
Von dem obligatorischen Päckchen Reis über Fertigsuppen hin zu Klopapier, all dies landet in den Jutesäcken.
Die Schüler begrüßen die Mönche mit einem respektvollen "Wai", dem thailändischen Gruß. Dabei werden beide Handflächen aneinandergelegt und der Grüßende verbeugt sich. Diese Handhaltung bezeichnet man als "Anchalee". Der Rang des Grüßenden und des Begrüßten entscheidet dabei über die Tiefe der Verbeugung und die Position der Hände. Als Faustregel gilt: Je höher der Begrüßte gegenüber dem anderen gestellt ist, desto tiefer ist die Verbeugung und desto höher liegen die Hände am Oberkörper oder Kopf an.
Die Mönche sind die Persönlichkeiten, die in der thailändischen Gesellschaft das höchste Ansehen genießen.
Deshalb platzieren die Schüler die Hände genau auf Stirnhöhe zwischen die Augenbrauen und verbeugen sich tief.
Die Mönche müssen dabei nicht zurückgrüßen. Abgesehen von dem ehrfürchtigen Wai zollen die Thais den Mönchen Respekt, indem sie ihre Schuhe ausziehen.
Besonders wichtig für die Schülerinnen und generell für alle weiblichen Personen ist es, den Mönch nicht zu berühren. Falls dies, und sei es nur aus Versehen, doch einmal geschieht, müssen sich die Mönche einem komplizierten Reinigungsritual unterziehen.
Mit diesen Regeln sind die Schüler und Schülerinnen allerdings schon von Kindesbeinen auf vertraut, da die Mönche auch durch die Straßen ziehen und an jedem Haus Halt machen.
Dabei erhalten sie Opfergaben und segnen im Gegenzug die Mitglieder der Familie. Hier wird deutlich, dass die gebräuchliche Bezeichnung "Bettelmönch“ etwas irreführend ist. Die Mönche betteln nicht etwa um ihre Lebensmittel, ganz im Gegenteil, es ist es allen buddhistischen Thais, ob arm oder reich, eine Ehre ihnen einen Teil ihres Hab und Guts zu spenden. Dies macht deutlich, wie wichtig der Buddhismus im Alltag der gläubigen Thais ist.
Drache oder Mensch? - So wird man Mönch
Neben den Opfergaben sind traditionelle Feste ein wichtiger Teil der Religionsausübung. Diese sprühen nur so vor Tanz und Lebensfreude, dass es fast unmöglich ist, nicht selbst mitzutanzen.
Bei einer Zeremonie, in der ein Mann zum Mönch wird, tanzt man fröhlich unter Trommelmusik um den Tempel herum. Sonnenschirme und eisgekühlte Getränke helfen die Temperaturen von über 40 Grad gut durchzustehen. Bevor der durch sein weißes Gewand an eine Braut erinnernde Noch-nicht-ganz-Mönch, der "Nak", über die Schwelle des Tempels getragen wird, wirft er Stoffblumen zu den Zuschauern.
Diese kleinen Glücksbringer enthalten eine 1-Baht-Münze. Die Zuschauer halten ihre Sonnenschirme verkehrt herum um so viele Blumen wie möglich zu fangen und erinnern so an die Besucher des Kölner Karnevals, die ihre Regenschirme aufhalten um möglichst viel Kamelle zu fangen.
Es ist erstaunlich, welche Gemeinsamkeiten so unterschiedliche Kulturen wie die deutsche und die thailändische doch haben können.
Nachdem alle Blumen im Publikum gelandet sind, wird der "Nak" unter großem Jubel über die Schwelle getragen. Danach geht das Fest mit Tänzen um den Tempel herum weiter.
Im Tempel stellen ihm die andere Mönche fragen, um festzustellen, ob er denn wirklich ein Mensch ist. Eine alte Legende besagt nämlich, dass vor langer Zeit ein Drache einen Menschen imitierte und Mönch wurde. Um dies zu vermeiden, wurde die Tradition des Fragenstellens eingeführt.
Der Vesak Tag - Wie Weihnachten und Ostern an einem Tag
Das größte Fest für die thailändischen Buddhisten ist allerdings der Vesak Tag, der Tag von Buddhas Geburt und Erleuchtung.
An diesem Tag werden in ganz Thailand verschiedene religiöse Aktivitäten durchgeführt.
Beispielsweise wurde dieses Jahr im Tempel von Phitsanulok, dem "Wat Phra Si Rattana Mahathat", kurz Wat Yai, eine neue Buddha-Statue gegossen und einer Schule zur Verfügung gestellt. Die Größe des Buddhas hängt dabei von der Spendierfreudigkeit der Besucher des Tempels ab.
An diesem heiligen Tag kauft jeder Buddhist eine Kerze. Diese zündet man an und umrundet dann dreimal den Tempel. Jeder bekommt zu seiner Kerze ein kleines Stück Blattgold, welches man nach Beendigung der drei Runden an einen Buddha anheftet. Später wird dieser eingeschmolzen und zu einem neuen Buddha verarbeitet. Einige Thais spenden aber auch andere Materialen, wie beispielsweise Metall oder Kupfer.
Während das Material für die Statue geschmolzen wird, beten zahlreiche Mönche aus verschiedenen Regionen Thailands für die Statue, bis sie dann eine Form gegossen wird.
Von Geisterhäuschen zu hinduistischen Mythen
Abgesehen von Opfergaben an die Bettelmönche und zahlreichen Festen zeigt sich der Buddhismus im Alltag deutlich wenn man sich in einem thailändischen Haushalt umblickt.
Buddha-Statuen finden sich in allen möglichen Variationen: groß oder klein, hell oder dunkel, ob aus Stein oder Holz.
Alle Statuen haben eine Gemeinsamkeit: Sie müssen mit großem Respekt behandelt werden. Man darf sie weder auf den Boden stellen noch sich so vor sie setzen, dass die Zehenspitzen auf sie zeigen. Letzteres gilt in Thailand allerdings auch für Menschen.
Ein weiterer Gegenstand, welcher den thailändischen Buddhismus repräsentiert, ist das Geisterhäuschen, das man sowohl vor Privathäusern als auch in der Öffentlichkeit findet.
Dieses Element des buddhistischen Glaubens stammt aus den Volksreligionen, welche den thailändischen Buddhismus stark prägen. Der Glaube an Geister ist teilweise heute noch verbreitet. Man sollte es deshalb in Thailand tunlichst vermeiden zu pfeifen, da dieses Geräusch Geister anlocken soll.
Neben den Volksreligionen wird der thailändische Buddhismus auch stark durch den Hinduismus beeinflusst. Dies erkennt man zwar weniger im Alltag, mehr jedoch wenn man den Königspalast in Bangkok oder die Ruinen der ehemaligen Hauptstadt Sukhothai betrachtet. In Stein gehauene Tiergötter erzählen dort hinduistische Mythen.
Der Buddhismus mit seinen zahlreichen Einflüssen prägt die thailändische Bevölkerung deutlich in ihrem Alltag.
Die Thais laden auch einen Nicht-Buddhisten dazu ein, traditionelle Rituale auszuprobieren und Feste mitzufeiern. Mit einem breiten Lächeln werden sie dann den Fremden fragen: "Sanuk, mai?" (Es macht dir Spaß, oder?), worauf dieser mit großer Begeisterung antworten wird: "Sanuk mak mak!" (Es macht mir sehr viel Spaß!)