Vom workers weekend in Donegal bis Silvester in good old Germany
Kobold hatte viel Spaß in den letzten Wochen und Monaten in Irland. Sie fand übers Wochenende im Nirgendwo eine weitere Familie und strich ihr Zimmer „Bloody Irish“.
Ich habe in anderen Tagebüchern dieselbe Aussage entdeckt und wollte es nie glauben, aber nun bin ich hier und erlebe es selbst: Oh, die Zeit fliegt dahin und ich bin nun schon über drei Monate in Irland!!! Unfassbar...
Was ist seither passiert? Alles. ;-) Ich habe sehr viel gearbeitet und noch viel mehr gelacht und mich eingelebt.
Donegal
Es gibt eine wunderbare Erfindung die sich "workers weekend" nennt. Das läuft folgendermaßen ab: alle FTW's (= full time volunteers) bekommen zusammen einen Gesamtbetrag zur Verfügung gestellt und überlegen, wo sie gemeinsam drei Tage verbringen wollen. Nachdem das entschieden ist, wird sich ein Haus oder generell eine Unterkunft organisiert (in unserem Fall ein wunderschönes Haus in the middle of nowhere). Und dann ging es los. Mit dem Bus acht verdammte Stunden in den verträumten Nordwesten Irlands. Bergauf, bergab, rechts, links, durch Dörfer und Städte, wieder bergauf und plötzlich sagt der Busfahrer "Donegal Town" und wir steigen aus. Dunkel, kalt, und wo sind wir? Ach, in den anderen Bus umsteigen? Und der bringt uns zu dieser Adresse hier? Wirklich? Das ist nicht in der Stadt? Sieben Meilen außerhalb? Aber… gibt es da die Möglichkeit einzukaufen? Auch Alkohol? Ein Pub? EINER? Wo war das noch gleich? Ja ja, wir steigen ein. Moment, wir haben’s gleich..
Das Haus war ein Traum, die Stimmung großartig und ein Taxikofferraum voller Essen, Dosen und Flaschen war im Budget eingerechnet. Wir haben eigentlich zwei Tage nuuur gefeiert und uns dabei einfach mal richtig kennen gelernt. Unser Ausflug war ein dreistündiger Spaziergang zum Strand und im Regen zurück. Wir fuhren als zusammen gewürfelter Haufen Jugendlicher los und kamen als Familie zurück.
On-arrival-training in Dublin
Und Anfang November war es dann soweit: Training in Dublin! Ich habe sehr liebe und sehr lustige Menschen kennen gelernt. Sehr überrascht hat mich, dass tatsächlich einige EFDler nach Irland kamen, ohne wirklich Englisch zu sprechen. Ich habe realisiert, dass Simon Community sich durch die Bewerbungs-Interviews ein erheblich höheres Sprachniveau sichert als andere Projekte. Aber beide Daumen hoch und meinen Respekt, denn ich persönlich finde das unglaublich mutig und beeindruckend.
Habe mich seit dem Training auch schon mit einer in Dublin arbeitenden Freiwilligen getroffen und plane generell mal bei dem einen oder anderen Freiwilligen vorbei zu gucken. Das ist eine wahnsinnig großartige Chance, allgemein Menschen aus ganz Europa zu erleben und Kontakte über ganz Irland zu spannen. Das kann beim Reisen nur von Nutzen sein – für uns alle. ;-)
Weihnachten in einem anderen Land
Allgemein ist mir aufgefallen, was ich nicht vermisse: Beleuchtete Dreiecke in jedem (!) Fenster – wisst ihr, welche ich meine? *schüttel* Aber hier und dort war doch ein wenig übertriebene Beleuchtung und Schmuck zu finden. Das war stets mehr lustig als erschreckend. Ich habe entschieden, über Weihnachten zu arbeiten während die deutschen Jungs nach Hause flogen, um mit ihren Familien und Freunden zu feiern.
Am 24.12. abends war der dining room wie leergefegt und wären nicht zwei residents unten gewesen, hätten Karo und ich alleine gesessen und zur Gitarre gesungen. Das war sehr deprimierend, denn nebenbei bekamen wir zu hören, was unsere Familien gerade machen, essen und wer alles beisammen sitzt. Als Ausgleich hatten wir am 25.12. dann sehr viel zu tun und richtig Programm.
Morgens begannen wir mit der Zubereitung von einem Full Irish Breakfast, das da besteht aus black and white pudding (irgendwas wie Wurst), Schinken, Eiern und Würstchen (IRISH sausages, die definitiv sehr, sehr anders sind). Der Weihnachtsmann (einer unserer residents) kam zu Besuch und verteilte Geschenke (wir drei Mädels waren vorher acht Stunden lang persönlich zugeschnittene Geschenke für jeden der 25 residents einkaufen *puuuh*). Es gab "stuffed ham & turkey" mit Vorspeise Melone. Es gab eine Verlosung ("raffle") und eine Messe wurde gehalten. Der Priester kam ins shelter und während wir in der Küche fürs dinner wirbelten, konnten wir den Liedern und Gebeten der residents und Gäste lauschen. Das Quiz abends fiel aus, da sich die meisten residents mit vollem Magen in ihre Zimmer zurückzogen und einige erst gar nicht hinaus kamen.
Weihnachten ist für die meisten Menschen etwas Schönes mit Blingbling und Glitter, aber wenn man sich mal vor Augen hält, dass man ohne Familie in einem Obdachlosenprojekt sitzt, dann kann ich das nachvollziehen und ich glaube, jeder dort draußen würde das ebenfalls verstehen. Aber wir haben das Beste draus gemacht und als ich kurz nach Mitternacht nach Hause ging, wurde ich von strahlenden Gesichtern verabschiedet. So soll es doch sein. *grins*
"And did you settle down yet?"
Diese Frage hörte ich in den letzten Wochen ungefähr so oft wie "You'll get used to it" in den ersten. Nachdem Karo und ich die ersten drei Wochen fast jeden Abend diskutierten, welche Farbe uns in unserem Zimmer beide glücklich macht und welche Kombinationen möglich sind, haben wir uns auf grün und grüner geeinigt. Farbe besorgt, Zimmer ausgeräumt, Pinsel bereitgelegt - LOS! Wir haben sowohl zwei Tage lang nebenher ganz böse Schichtkombinationen gearbeitet als auch nachts und tags gestrichen. "Herr Doktor, was ist es?" BLOODY IRISH. ;-)
Mein 21. Geburtstag und was das in Irland bedeutet
Am 17.12. durfte ich meinen 21. Geburtstag feiern und mein erstes Geschenk habe ich am 14.12. vom Flughafen abgeholt. Meine beste Freundin (Rike) kam als Besuch aus Deutschland, die mich beim Feiern unterstützt. Sehr gut! Emma hat mir von einer irischen Tradition erzählt, die ich an meinem Geburtstag wirklich realisieren musste: Ich habe 21 Küsse in einem Nachtclub gesammelt! Das war sehr witzig und wir haben irgendwann nicht mehr gezählt. Rike (meine Besucherin) hat aber frech gegrinst und gesagt "Joar, 21 kommt schon hin!" *blinzel* Mehr ins Detail gehe ich hier nicht. Mein Geburtstag halt. (muahaha)
... und von wegen Probleme und so...
Ich habe bei meinem letzten Eintrag über Probleme in der Arbeit geschrieben und dass wir das in Angriff nehmen wollen. Es hat sich einiges bewegt, aber das hat viele Nerven gekostet. Die letzte Generation volunteers hat sich immer beschwert, aber sich nie direkt an den Verantwortlichen gewendet und ich frage mich warum... Nun haben wir als erste Gruppe diesen Schritt gewagt und es sind bereits einige kleine Veränderungen gemacht worden. Bin jetzt ein wenig glücklicher mit der Gesamtsituation, wenn es denn weitergeht und wir nicht Opfer der so bequemen Stagnation werden.
Ich wünsche allen ein frohes Weihnachten und einen wundervollen Jahreswechsel 2006/2007! Ich werde über Silvester nach good old Germany fliegen, denn ich habe für den 31.12. einen Flug für 1 Cent (+9.99 Euro Steuern und Gebühren) gefunden und spontan gebucht. Werde mich zwei Tage bei meiner besten Freundin Angi einnisten und dann zwei Tage mit meiner Mama in Berlin verbringen. Und ein bisschen mit meinem spanischen Kampfkater kuscheln, denn den vermisse ich in meinem Alltag mehr als alles andere (das klingt vielleicht verrückt, aber die, die mich kennen, wissen, was mir das Tier bedeutet).
Feiert ordentlich, ihr Nasen *kicher* xx