Viel zu Erzählen
Wie man aus zwei Stunden ein ganzes Wochenende macht, Probleme mit älteren Leuten zu lösen lernt und wie wichtig der Begrüßungswein ist, hat mariann kürzlich herausgefunden.
Hallo! Hab mich ja sehr lange nicht gemeldet!
Fangen wir der Reihe nach mit meiner Ausbildung an. Also die war total witzig und gelernt haben wir auch etwas. Ein wenig hat es mich an das Vorbereitungsseminar erinnert, weil immer viel diskutiert wird, was einem manchmal unnütz erscheint, aber viel öfter sehr nützlich ist, weil man an Dinge erinnert wird, an die man sonst nicht gedacht hätte. Also ich habe jetzt einen ungefähren Plan, wie ich das anstelle. Leider wechselte die Gruppe am zweiten Wochenende und nur zur zweiten habe ich noch Kontakt, wenn auch auf komischen Umwegen, aber dazu später.
Nur am ersten Wochenende waren die zwei Brüder Nico und Coco, France, Nina und Jennifer da und beide Wochenenden Gilles, Claudia, Maria und ich. Das zweite Wochenende war viel familiärer, weil zu uns vier Leuten nur Maude dazu kam, vielleicht empfand ich's deshalb auch schöner.
Von Francois haben wir unter anderem gelernt, dass der Begrüßungswein (Verre d'accueil) das non plus ultra eines jeden Chantiers ist, Englischkenntnisse sind scheinbar eher nebensächlich, denn das kann er echt nicht... da verständigt er sich lieber mit seinen Händen. Hinzu kommen noch Organisationstalent und eben Leute motivieren können.
So wurden wir zum Beispiel morgens immer mit toller französischer Musik geweckt. Der Küchenplan wollte sich zwar partout nicht durchsetzen, aber bei uns klappte es immer. Am ersten Wochenende waren abends Spiele angesagt - Jungle Speed und ich glaube Eierdieb. Sehr, sehr lustig, nur schmerzhaft, denn bei Jungle Speed (ähnlich wie Halligalli) muss man sich einen Holzzylinder schnappen. Francois war so eifrig, dass er einem immer seine Fingernägel ins Fleisch rammte. Ich höre immer noch Frances Aufschrei: "il m'a scalpé!" Ja, es floss Blut.
An jenem ersten Wochenende kam auch noch Gregory von CB vorbei, der arbeitet ebenfalls meiner Meinung nach für mich etwas merkwürdig, denn er rannte gleich auf mich zu "Salut, Mariann", dabei hatte ich keine Ahnung, wer er überhaupt war. Während der ersten Woche war ich mal mit Sylvie im "l'infiniment…songe" ( = Unendlicher...Traum, eine Kneipe) gewesen und unter den Massen an neuen Leuten war er dann auch dabei. Mit Gregel sollte ich später noch viel Spaß haben. Am ersten Wochenende ging es mehr theoretisch um die Dinge, die man selbst so erwartet, was Freiwillige von einem erwarten und so weiter. Leider ging es viel zu schnell zu Ende und ich freute mich die ganze Woche riesig auf das nächste.
Das zweite Animationswochenende
Nach einer laaangen Woche, die einfach nicht vergehen wollte, kam ich endlich zum Bahnhof in Marche. Im Bus saßen schon Gilles und Maude. Maria kam später am Abend dazu und am Samstag Claudia. Letztere kommt aus Rumänien und verbringt gerade die letzten Tage ihres Freiwilligendienstes in Namur. Mit Maude (26!) konnte ich super über mein ältere/größere Menschen-Problem reden, sie arbeitet in einem Hotel in Bruxelles. Gilles, 21, studiert in Gembleux, wohnt aber in der Studentenstadt Luvain-la-neufe, wo auch ein Grüppchen seiner linken Vereinigung (mas) nicht weit ist. Und Maria, die jüngste, macht gerade in Bruxelles ihr Abi.
An dem Abend hieß es erstmal Bilder malen, essen, verre d'accueil trinken (ist eben sehr wichtig) und für Maude das letzte Wochenende zusammenfassen. Aber wir waren alle müde und sind früh ins Bett gegangen. Samstag kamen dann Lernspiele an die Reihe.
Zum Beispiel: Alle stellen sich auf eine Decke und ohne dass jemand den Fußboden berührt, sollte sie umgedreht werden. Da ging's weniger um eine tolle Zeit, als darum, bestimmte Dinge zu lernen. Auch wenn's eben sehr witzig war. Abends wurden neue Spiele ausgegraben. Samstagabend kam Arzu dazu. Sie kam in der Woche zuvor endlich aus der fernen Türkei in Belgien an (Visaprobleme) und arbeitet mit mir beim Miroir. Leider hatte sie Pech und wohnt bei einer Familie in Bourdon... Da sie nicht Fahrradfahren will, kommt sie selten raus.
Francois hatte sie eingeladen, am Samstag mit uns zu essen und zu spielen. Das war wieder sehr witzig. An diesem Wochenende kam auch endlich mein - oder eher unser - Problem zur Sprache und es gab viele tolle Tipps und Tricks, deshalb fühle ich mich dem Ganzen jetzt gewachsen und freue mich, mal was "Großes" machen zu können. Leider ging das Wochenende wieder viel zu schnell zu Ende, aber wir haben fröhlich Mails ausgetauscht und zu Marie und Francois habe ich ja einfachen Kontakt, da das Büro von CB in Marche ist und ich inzwischen schon öfters vorbeigeschaut habe. Auch um Gregel mit meiner Handynummer zu besänftigen, auf die er schon seit dem ersten Ausbildungswochenede vergeblich gewartet hatte. Hehe…
Wochenende in Bruxelles und Luvain-la-neufe
Jaaa - es wird nicht ruhiger, aber heute habe ich mal Zeit, alles zu erzählen, also geht's gleich weiter. Entgegen meiner Erwartung, dass das darauffolgende Wochenende langweilig werden würde, da nix geplant war, ist ganz schön viel passiert.
Freitagnachmittag hatte ich nur so eine leise Andeutung von Joana dass vielleicht am Samstag irgendwo irgendwas ist. Joana ist eine mexikanische Austauschstudentin, die mit mir dienstags und mittwochs zu den Französischkursen geht. Ansonsten muss sie immer in die Schule. Aber dann kam eine SMS von Gregel (Gregory von CB) ich solle ins l'infini (Kurzform) um 17 Uhr kommen, wenn ich Zeit habe. Nu ja, wenigstens zwei Stunden keine Langeweile, also los.
Aus den zwei Stunden wurde irgendwie das ganze Wochenende. Freitags ging es damit los, das immer mehr Freunde kamen und dann hieß es, dass irgendwo ein Konzert sei. Da bin ich natürlich mit. War okay, für sechs Euro... irgendso ein Gust hat mir trotz meiner hilflosen Blicke zu Gregel ein Bier ausgegeben. Hehe, das erinnert mich immer wieder an meinen englischen Gastvater (Au-Pair-Zeit), der behauptete, das Männer bloße Konversation schon "toll" finden... Tja, wenn ein Bier dabei rausspringt. Das Konzert war gegen Mitternacht oder ein Uhr zu Ende.
Also wieder in die l'infini bis drei Uhr. Dann ging's mit ein paar Bier und der gesamten Horde zu Gregel nach Hause. Er wohnt im Keller einer Familie, bei späteren Besuchen bekommt man dann mit, dass sein Kühlschrank nicht mehr funktioniert und seine Küchenutensilien auch sehr rar sind. Irgendwann gegen fünf weckten die noch Wachen die Eingeschlafenen (mit voller Bierflasche!) zum Heimgehen. Da Mosch noch blieb und ich außerdem keine rechte Lust zum Laufen hatte, schlief ich ebenfalls (auf dem Sofa) bei Gregel; am nächsten Morgen endete das dann in wildem Rennen nach Hause, denn von 13 bis 15 Uhr war Versammlung mit den Skatern und Jemandem vom Stadtrat in Hotton. In dieser Zeit kam dann wieder eine SMS, das es noch Karten gibt. Am Freitag wurde mir nämlich von einem Skakonzert in Bruxelles am Samstagabend vorgeschwärmt. Ska - das muss man mir nicht zweimal sagen. Also ging es um 16.45 Uhr mit Mosch, Bods und Gregel nach Bruxelles, da die ersteren beiden nach dem Konzert nach Liège sind, konnte ich mit Gregel bei David und einer Spanierin schlafen. David hatte letztes Jahr mit Gregel seinen Europäischen Freiwilligendienst in Spanien gemacht und davon wurde oft erzählt. Unter anderem auch Geschichten über Schlafprobleme, da die beiden immer sonntags bis früh um acht Uhr (also Montagmorgen) feierten und sich dann direkt in den Zug zur Arbeit setzten.
Besonders diese Geschichte wurde mir öfters erzählt, aber dazu später. Samstag also erstmal Konzert. Nu ja, für 19 Euro hätte ich mehr erwartet, zumal ich für's Klo Extra zahlen musste! Wo gibt's denn sowas? Als wenn die 19 Euro nicht schon genug wären. Danach Club und Kneipentour bis früh um fünf Uhr. Da habe ich viele neue Gesichter kennen gelernt. Zum Besipiel Michel, ein Flame, der auch mehr auf Italienisch steht (wegen dem Klang), aber man leider mit Spanisch weiter kommt (Lateinamerika). Oder komische Leute, die DDR-T-Shirts aus Überzeugung tragen... das fand ich ja voll bescheuert, aber dieser Belgier wollte einfach nicht diskutieren.
Samstag irgendwann gegen 14 Uhr sind wir aufgestanden und schon wieder ein Flame, der begeistert die tour durch Flandern (Fahrrad) bei uns schaute. Nu ja, irgendwie kannte er viele deutsche Sportler und fand's net so toll, dass mich das überhaupt nicht interessierte... Also die Sportler. Hehe. Dann kam auch die Diskussion zum Sonntagskonzert auf, denn diese Spanierin sollte ja sooo toll sein und sie (David und Gregel) könnten ja gar nicht verstehen, wieso ich wegen Arbeit (bin ja "nur" Freiwillige) am Sonntag nach Hause sollte, es folgten die Sonntaggeschichten. Ich glaube, nach 15 Minuten Dauerbeschallung gab ich nach. Ich muss sagen, ich bereue es nicht wirklich, denn Amparanoia waren richtig toll, ach, war das schön!
Leider kamen wir erst um zwei Uhr ins Bett und so hatte ich nur vier Stunden unruhigen Schlaf, bis ich aufstehen musste und zum Zug rannte. Da wieder das Problem, nicht einzuschlafen. Endlich war ich in Marche und konnte sogar noch meine Gastmama abpassen, die mich direkt zur Arbeit fuhr. Dort hieß es dann Übersetzer. Den ganzen Tag. Genau das, was jetzt eben überhaupt nicht ging. Ich habe, glaub ich, bis Mittag durchgehalten, dann bin ich mehr oder weniger eingeschlafen. Mecker gab's glücklicherweise keine... hehe, nur für Gregel, weil Sylvie ihn kennt. Er hat erzählt, sie wollte wissen, was er mit mir gemacht hat und dass er das nicht nochmal tun dürfe. Gegen 18 Uhr hieß es dann „ich fahr nach Marche, willst du mit? Juhu, endlich ins Bett. Hab gleich bis früh um ein Uhr durchgeschlafen. Was für ein Wochenende!
Am Dienstag sollte dann "unser" kleines Büro (von Linda, Christian, Jean-Luc, Sofia und irgendwie meins) gestrichen werden. Nu ja, also die haben hier schon ein eher gewöhnungsbedürftiges System. Da wird weder alles rausgeräumt noch die alte Tapete abgerupft. Nein alles, auch wichtige Dokumente, kommt in eine Zimmerhälfte und dann geht’s los mit Spachteln und Malen auf die eh schon wellige alte (keine Raufaser!) Tapete. Mal sehen, bisher hält es, ab Mittwoch konnte ich diesem Chaos entfliehen, denn da bin ich nach Luvain-la-neufe, eine Freundin besuchen. Doch mit wem hängt die gerade herum? Ah, Überraschung: Gilles! Also haben wir mehr mit ihm gemacht, waren Mittwoch mit bei der eher sinnlosen MAS-Versammlung und haben Donnerstag zugeschaut, wie er Warhammer mit Freunden gespielt hat. Letzeres ist schwer zu beschreiben, ich habe den ganzen Abend gebraucht, um die Grundlagen zu verstehen, ist aber irgendwie süß. Hier zur Info eine deutsche Homepage darüber.
Donnerstag hab ich noch mit Nicole (eine Freundin, damals in Bruxelles bei Audrey kennen gelernt) eine Radtour nach Gembleux gemacht. Das war auch so eine Aktion: Weil wir auf dem Rückweg keine rechte Lust zum Fahrradfahren hatten, nahmen wir den Zug. Da wir aber kein Geld extra für's Fahrrad zahlen wollten, ging's auf Risiko. Was bedeutet, in den belgischen Zügen gibt es ganz am Ende des Zuges einen Raum für die Räder, der aber nur von außen geöffnet werden kann. Irgendwie waren wir spät dran und uns wurde gesagt, dass wir in den Raum sollten. Dass der nur von außen aufging, merkten wir, als wir umsteigen wollten. Voller Panik schrieen wir die Leute an, einen Schaffner zu holen... irgendwann kam einer und meckerte uns voll, was das sein sollte. Noch einmal funktionierte es nicht und wir mussten die letzten Meter doch noch fahren.
Dieses Wochenende war eher ruhig und ich hatte Zeit, mein Zeug zu erledigen, was auch langsam nötig wurde. Am Sonntag war ich mit meinem Gastvater, Mailys, ihrer Freundin Valentine und Joana im Walibi, so eine Art Europapark kurz hinter Bruxelles. Aber dazu später mehr, wenn ich die Fotos von Joana habe.