Verkehrte Welt
Heute ist der erste Herbsttag in Serres. Hier in Nordgriechenland fühlt sich die Kälte ganz anders an als in Köln. Die Luft ist kühl und trocken aber die Sonne hat immer noch sehr viel Kraft.
Heute ist der erste Herbsttag in Serres. Hier in Nordgriechenland fühlt sich die Kälte ganz anders an als in Köln. Die Luft ist kühl und trocken aber die Sonne hat immer noch sehr viel Kraft. Mein erster Monat als Volunteer bei Rodon FM, einem lokalen Radiosender ist vorüber und es macht mich ein wenig traurig, wie schnell die Zeit verstreicht. Aus diesem Grund möchte ich meinen ersten Artikel genau diesem Thema - Zeit – widmen. Für mich ist das Zeitmanagement in Griechenland nämlich die größte kulturelle Differenz, die ich bisher erfahren habe.
Ein typischer Tag in Deutschland beginnt für mich sehr früh. Die Zeit zwischen acht Uhr morgens und fünf Uhr nachmittags verbringen die meisten Menschen in der Schule, KiTa, Universität oder bei der Arbeit. Einkäufe werden nach der Arbeit erledigt. Gegessen wird in der Regel recht früh und für die meisten Deutschen endet ein typischer Tag vor Mitternacht. Vor meinem EVS habe ich gedacht, ein griechischer Tag würde ähnlich verlaufen.
An meinem ersten Tag in Griechenland habe ich meine Einsatzstelle um circa zwei Uhr nachmittags verlassen und damit gerechnet, dass die meisten Menschen noch bei der Arbeit sind. Fehlanzeige. Die Cafés in der Innenstadt waren so überfüllt, wie sie es in Deutschland vielleicht am ersten warmen Samstag im Frühling sind. Griechische FreundInnen erklärten mir später, dass es in Griechenland zum guten Ton gehört, eine ausgedehnte Siesta bei einem Frappé zu verbringen. Eine sehr schöne Tradition, wie ich finde.
Später am Nachmittag wollte ich ein wenig durch die Innenstadt bummeln und ein paar Einkäufe erledigen. Da die Siesta in Serres mehr als drei Stunden dauert, musste ich allerdings bis 18 Uhr ausharren, um Zahnpasta zu kaufen. Dafür kann ich mir in dem Friseursalon in der Nähe meiner Wohnung auch noch um 22 Uhr von einem gut gelaunten Friseur einen neuen Haarschnitt verpassen lassen. Gegen Mitternacht wird es dann richtig voll auf den Straße und öffentlichen Plätzen. Alte Menschen trinken gemeinsam Wein, Kinder treffen sich zum Spielen und auch zu dieser Tageszeit ist es nichts Ungewöhnliches einen (kalten!) Kaffee zu schlürfen. Verkehrte Welt.
Ich mag das griechische Zeitmanagement sehr. Durch die lange Unterbrechung am Nachmittag verliert der Arbeitstag seine Monotonie und lässt mehr Raum für soziale Kontakte. Ich hoffe, dass ich mir ein wenig griechische Mentalität für Köln bewahren kann und dass ich nicht sofort wieder vom typisch deutschen Stress überwältigt werde.