"Vergesst nicht an welchem Ort ihr seid"
„So verschieden wir als einzelne und als Nationen auch sein mögen, wenn wir hier stehen, können wir nicht anders als einander als Geschwister sehen zu wollen“
Meine Füße tragen mich durch das Lager. Ich laufe, ich sehe. Aber mein Herz fühlt nicht. Nichts. Ich fühle mich völlig fremd. Stammlager I. Appellplatz, Todesmauer.
1 ½ Millionen Menschen. Die Aussortierungsrampe.
Ich will schreien. Ganz laut. NEIN!!will ich schreien. Das kann nicht sein. Auschwitz warum gibt es dich? Warum muss ich hier stehen? Warum bist du passiert?
Eine Kunstausstellung, gemalt von einem ehemaligen Häftling. Ich sehe tausende Todesfratzen. Sie blicken mich an. Kampf um das letzte Stück Brot, Kampf um das letzte Stück Menschlichkeit.
Und was mache ich hier? Ich bin so verdammt fehl. Ich kann nichts rückgängig machen.
Der Pfarrer der uns durch die Kunstausstellung führt, erzählt uns von Maximilian Kolbe. Ein Geistlicher, der sich für einen Mithäftling, einen Familienvater, opferte und für ihn in die Hungerzelle ging und dort starb.
Plötzlich wird mir bewusst, warum ich hier bin.
Es muss Versöhnung passieren. Versöhnung der Völker, vor allem aber Versöhnung des gebrochenen Menschen mit sich selbst.
Ich spüre es ganz deutlich: Ich trage als deutsche Freiwillige in Polen teil. Teil an was? An Europa? An der Gemeinschaft die Frieden sichern soll?
In Auschwitz starben 1 ½ Millionen Menschen. Verbrannt. Vergast. Vernichtet. Sie kamen aus Polen, Ukraine, Russland, Italien, Tschechien, Holland, Deutschland, Griechenland, Ungarn, Österreich, Slowakei, Frankreich, Norwegen. Ganz Europa versammelt in einem Lager des Todes.
Wir haben gezeigt wozu wir fähig sind. Das Geschehen e kann nicht rückgängig gemacht werden. Der Holocaust kann nicht rückgängig gemacht werden. Die Toten nicht lebendig, das Leid nicht vergessen.
Versöhnung beginnt mit Begegnungen. Menschlichkeit beginnt im hier und jetzt.
Wir sind Freiwillige in Europa. Vielleicht weiß der ein oder andere nicht mehr genau warum er hier ist. Zweifelt an seinem Dienst, an seiner Aufgabe hier. Und schon wieder ein Alltagsarbeitstag. Manchmal fühlt man sich wirklich sinnlos.
Vielleicht glaubt man auch nicht mehr an Europa, angesichts der Eurokrise. Oder an den Frieden.
Aber Begegnungen sind ein erster Schritt. Denn Auschwitz begann mit der Zerstörung von Beziehungen zwischen Menschen.
Mit unserem Freiwilligendienst in ganz Europa, zeigen wir, dass wir an Verständigung, an Aussöhnung und an Menschlichkeit glauben. Wir beginnen zu sähen. Es sind kleine Schritte die wir gehen. Ein Lächeln, ein Gespräch.
„So verschieden wir als einzelne und als Nationen auch sein mögen, wenn wir hier stehen, können wir nicht anders als einander als Geschwister sehen zu wollen“ (Papst Johannes Paul II in Auschwitz am 7.Juni 1979)
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