Veränderungen
Meine gesamte Arbeits- und Wohnsituation hat sich auf den Kopf gestellt, nichts ist mehr wie vorher. Warum das so ist und wie es mir geht, lest ihr hier.
So, das ist jetzt der dritte Versuch, einen neuen Blogpost zu schreiben, aber ich glaube, jetzt bin ich in der richtigen Stimmung. Es ist Montagabend, ich hab gerade mit Mutti geskyped und hatte ein tolles Wochenende hinter mir. Mal sehen, ob ich meine Gefühlslage gut ausdrücken kann.
In den letzten zwei Monaten hat sich für mich irgendwie die Welt verändert. Am besten, ich hole mal die Ereignisse chronologisch wieder hervor.
Begegnungen
Mein letzter Eintrag stammt aus dem Februar, ich hatte ihn geschrieben, nachdem ich aus dem Urlaub zurückkam. Zu dem Zeitpunkt ging es mir überhaupt nicht gut; ich würde jetzt mal pauschal behaupten, dass das der Tiefpunkt meines Auslandsjahres war. Ich war traurig, es war kalt, wir hatten immer noch nicht wahnsinnig viel zu tun und irgendwie war die Luft raus. In der Hälfte soll es ja vielen so gehen. Ich hatte mich damals auf das Freiwilligentreffen gefreut, und jetzt kann ich berichten, dass es wunderbar war. Es war komisch, alle nach fast 5 Monaten wieder zu sehen. Unsere Gruppendynamik war wieder mal ein Traum, ich habe unsere harmonische Atmosphäre einfach genossen. Das Treffen fand in Den Haag statt, einen Tag haben wir zudem in Rotterdam verbracht, in beiden Städten bin ich noch nicht gewesen und beide will ich unbedingt nochmal besuchen.
Nach der Zwischenreflexion in Den Haag war Karneval. Ich wohne ja in der Provinz Limburg, wo jeder karnevalsverrückt ist, und gemeinsam mit anderen Jugendlichen aus Ysselsteyn (jaaa, ich habe endlich niederländische Kontakte geknüpft!) haben wir uns die Umzüge in der Umgebung angesehen. Fazit: die Wägen sind definitiv sehr kreativ und schön anzusehen, aber bei der Musik braucht man einen gewissen Alkoholpegel zum Genuss. Aber ich wollte es unbedingt mal gesehen haben. So habe ich den Restfebruar unter tollen Leuten verbracht und kam eigentlich relativ schnell aus meiner Traurigkeit heraus.
Frühlingsgefühle
Hach, was war der März doch herrlich! Wer meine Blogs verfolgt, weiß, wie sehr ich den Frühling herbeigesehnt habe. Das liegt an meiner Abgeschiedenheit, es gibt hier ja so wenig zu tun, dass ich sehr viel mit dem Rad unterwegs bin. Ich liebe es, in den Niederlanden Fahrrad zu fahren. Es gibt einfach überall schöne breite Radwege und die Landschaft ist toll. Weil meine Mitbewohnerin Leslie zwei Wochen im Urlaub war, war ich nachmittags immer alleine und habe viel Sport gemacht. Schwimmen tue ich ja sowieso schon immer, Radfahren auch, aber – Völker dieser Erde! - Lissy P. Hat tatsächlich mit dem Laufen begonnen! Dass ich mal laufen gehe, ist eine Sensation, in der Schulzeit habe ich es gehasst und durfte es aufgrund meiner Teilsportbefreiung sowieso nicht. Mittlerweile habe ich echten Gefallen daran gefunden.
Mein persönlicher kleiner Triumph ist meine Radfahrt nach Geldern. Da Ysselsteyn nicht besonders weit weg von der deutschen Grenze ist, wollte ich sie immer mal mit dem Fahrrad überqueren. An einem Samstag im März habe ich das tatsächlich gemacht, ich bin von Ysselsteyn in die deutsche Stadt Geldern gefahren und wieder zurück. Insgesamt habe ich an diesem Tag 87,95km zurückgelegt. Ich bin ziemlich stolz darauf :D
Urlaube
Nachdem ich im März wieder ein Wochenende zu Hause verbracht hatte, konnte ich Ostern endlich ein bisschen länger als 2 Tage zu Hause verbringen. Ich hatte eine Woche Zeit, mit meiner Familie Ostern zu feiern, mit meinem Opa seinen Geburtstag zu feiern und mit meinen Freunden zu… feiern :D Ich gehe schon immer super gerne weg und hier in Ysselsteyn ist das leider nicht möglich. Deshalb komme ich in Dresden immer gut auf meine Kosten, auch dieses Mal wieder.
Die Stimmung
Ich muss ja sagen, seit März sind meine Motivation und mein allgemeines Wohlbefinden kontinuierlich angestiegen. Mit den ganzen Unternehmungen wurde ich immer erfüllter, und auch auf Arbeit bekamen wir wieder mehr Aufgaben. Dass wir im Winter mehr oder weniger überflüssig waren, hatte meine Motivation natürlich sehr gedrückt. Langsam haben wir aber wieder Jugendgruppen und Schulklassen, am Wochenende gebe ich hin und wieder eine Führung und so ist das eigene Dasein mit Sinn erfüllt. Ich gebe mittlerweile sogar niederländische Führungen – ein Fakt, der mich auch sehr stolz macht. Ich mag den Austausch mit den ganzen Leuten, die hierher kommen. Jede Gruppe ist anders, manche kommen aus der Region, manche von Ganz-Weit-Weg, es gibt Grundschulklassen und Seniorenvereine. Natürlich hat man dann manchmal auch stressige Momente, und ich habe noch keine Schule erlebt, die mir nicht nachts den Schlaf geraubt hat, aber gut, Schwerstarbeit leisten wir hier echt nicht.
Doch Leslie wurde seit März irgendwie immer unglücklicher. Sie hatte keinen Spaß an der Arbeit, keine Lust, nachmittags noch etwas zu tun und allgemein ging es ihr nicht gut. Ich möchte jetzt gar nicht näher auf die Gründe eingehen, aber aufgrund ihrer Unzufriedenheit hat Leslie ihren Dienst letzte Woche abgebrochen und ist jetzt wieder zu Hause.
Veränderungen
Ja. Was soll ich dazu sagen? Ich weiß es nicht. Ich vermisse sie sehr, wir hatten ja nur uns, und von nun an bin ich alleine hier. Aber ich will ja auch, dass sie glücklich ist, und monatelang einen schlecht gelaunten Mitbewohner zu haben, war auch nicht toll für mich. Deshalb versuche ich einfach, das Beste aus der Situation zu machen, mir bleibt ja eh nichts anderes übrig. Ich hab die Wohnung jetzt ganz für mich alleine, schon ein komisches Gefühl. Immerhin, bin ich durch die ganzen Gruppen nicht komplett allein, aber eine Mitfreiwillige ist schon was anderes. Leslie weiß einfach als Einzige, was ich in den letzten 8 Monaten so durchlebt habe, sie ist dabei gewesen und zusammen haben wir Ysselsteyn kennengelernt. Niemand kennt mich so gut wie sie, denn wenn man zusammen wohnt, hat man irgendwann keine Geheimnisse voreinander. Natürlich habe ich auch meine Freunde zu Hause, aber die sind eben nicht hier gewesen und können sich nur annähernd vorstellen, wie ich hier wohne, was ich den ganzen Tag so treibe und wie es allgemein alleine im Ausland so ist. Daher kann ich an dieser Stelle nur sagen: Leslie, danke, dass du da warst!
Ein schönes Wochenende
Die vergangenen 4 Tage waren ganz eigenartig. Heute ist Montag. Am Freitag kam ich aus dem Osterurlaub, habe mich von Leslie verabschiedet, sie ist nach Hause gefahren, ich habe einen komplett neuen Schichtplan bekommen , ein zweites Zimmer und Besuch. Besuch? Ja, nämlich von ein paar der Soldaten, die im September (also ganz zu Beginn meines Dienstes) einen Arbeitseinsatz hier geleistet haben. Ich habe mich schon damals super mit ihnen verstanden und in den vergangenen Monaten hatten wir durchgängig Kontakt. Als sie im September da waren, wurde gerade eine Dokumentation über den Friedhof gedreht. Gestern war die Premiere und weil auch sie gefilmt wurden, bekamen sie eine Einladung zur Filmpremiere. Es hat mir richtig gut getan, die Jungs wieder zu sehen, denn sie haben sozusagen gemeinsam mit uns den Dienst begonnen und jetzt, wo ich alleine weitermachen muss, sind sie wieder da gewesen. Heute früh sind sie heimgefahren, und ich hoffe, das war nicht das letzte Treffen.
So, das sind die nennenswerten Ereignisse der letzten zwei Monate. Meine App sagt mir, dass heute der Tag 235 von 333 Tagen Freiwilligendienst geschafft ist und noch 98 Tage verbleiben. Also über zwei Drittel sind um. Ich bin noch ein wenig überfordert mit der neuen Situation, aber ich weiß, dass ich sie meistern werde und blicke zuversichtlich in die Zukunft.
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