Unterwegs in Südosteuropa
Russische Schlafwagenschaffner, Größenwahnsinn in Bukarest und Schwimmen im Ohridsee
Mit Blick auf den Kalender stelle ich fest, dass auch mein Freiwilligendienst langsam zu Ende geht. Ich habe noch eine Woche zu arbeiten und dann werde ich die letzten zwei Wochen nutzen, um Urlaub zu machen. Bei der Suche nach meinem EFD-Projekt habe ich wirklich nicht darauf geachtet, wohin es mich verschlägt, jetzt bin ich aber sehr glücklich, dass ich noch drei Wochen am Meer verbringen darf.
In der letzten Woche habe ich noch einmal eine größere Tour über den Balkan gemacht. Von Burgas nach Bukarest, mehrere Stopps in Transsilvanien und dann über Belgrad nach Mazedonien – viel Action für eine Woche. Dieses Mal war ich allein unterwegs, so dass ich mir die Strecke selbst aussuchen konnte, meistens habe ich aber wirklich tolle Leute kennengelernt, mit denen ich die Abende verbringen konnte.
Meine Reise begann Samstag vor einer Woche in einem russischen Schlafwagenabteil. Der Zug Richtung Moskau startet pünktlich um 19 Uhr und gleich darauf werden meine Bulgarischkenntnisse auf eine besondere Probe gestellt: Der russische Schlafwagenschaffner möchte sich mit mir unterhalten und mit ein bisschen Mühe funktioniert das sogar. Sich auf Bulgarisch und Russisch zu unterhalten ist nicht wirklich praktisch, aber das Wichtigste versteht man.
Da ich nicht bis nach Moskau mitfahren will, steige ich morgens in Bukarest aus. Überraschenderweise ist es sonntags um sechs Uhr morgens am Bahnhof schon ziemlich lebendig. Meine Stadterkundung beginnt mit der Bukarest-Free-Tour, die von einer Gruppe Freiwilliger organisiert wird, die Touristen kostenlos ihre Stadt zeigen. Während der Tour sehe ich den Großteil der Innenstadt. Trotz einiger schöner Ecken in der (neu renovierten) Altstadt gefällt mir Bukarest nicht besonders – es fehlt ein wenig an Flair.
Es mag hässlichere Städte geben, doch noch immer erkennt man im Stadtbild die größenwahnsinnige Handschrift des Ex-Diktators Ceauşescu. Die Innenstadt wird dominiert vom größten Gebäude Europas – dem heutigen Parlamentspalast. Die Führung im Innern ist wirklich imposant, man fragt sich aber stetig, wer sich so etwas ausdenkt. Nach der zweistündigen Besichtigung des Palasts verkündet unser Führer, dass wir etwa zwei Kilometer Fußweg im Palast zurückgelegt haben und sieben Prozent der Gesamtfläche gesehen haben. Einfach unglaublich, wie riesig dieses Gebäude ist.
Die nächsten Tage verbringe ich in Transsilvanien in den Städten Braşov, Sighişoara und Sibiu. Früher siedelten in diesem Gebiet viele Deutsche, so dass die Städte immer noch einen deutschen Namen tragen: Kronstadt, Schäßburg und Hermannstadt. Alle drei Städte haben eine fantastische Altstadt, in der es viel zu sehen gibt.
Braşov hat eben dieses Flair, das Bukarest fehlt. Man kann die Fußgängerzone entlang schlendern, die Altstadt erkunden oder mit der Seilbahn auf den nahen Berg fahren, von wo man einen tollen Blick auf Stadt und Umgebung hat. In Sibiu gibt es in dieser Woche kostenloses Open-Air-Kino, so dass ich vor der tollen Kulisse der Altstadt zwei schöne Abende verbringe – glücklicherweise sind die Filme nicht synchronisiert und ich verstehe, um was es geht.
Zum Abschluss meiner Reise möchte ich unbedingt noch nach Mazedonien. Nach anderthalbtägiger Reise mit kurzen Stopps in Timişoara und Belgrad komme ich Freitagmorgen in Ohrid an. Früher war Ohrid ein Zentrum der orthodoxen Kirche und hat eine sehr gut erhaltene Altstadt mit unzähligen Kirchen. Mein Highlight dort ist jedoch der Ohridsee, dessen Wasser erfrischend kühl und sehr klar ist.
Nach 2500 Kilometern und vier Nächten in Bus und Bahn bin ich froh wieder in Burgas zu sein, um die letzte Zeit in Bulgarien geruhsam und ohne Reisen zu verbringen.