Über Transsilvanien, Halloween-Feelings und das Reisen in völlig unbekannte Länder
Auf einmal wird mir bewusst, wie blind Unwissenheit macht. Nichts über einen Ort zu wissen
bedeutet nicht, dass er keine Reise wert ist! Im Gegenteil, das ist erst recht ein Grund, diesen zu besuchen.
Noch vor ein paar Monaten hätte ich kaum das Bedürfnis gehabt, nach Rumänien zu reisen. Es ist arm und irgendwo im Osten, das war das einzige, was ich von dort wusste. Nicht einmal Transsilvanien hatte ich mit diesem Land in Verbindung bringen können. (Ich muss zugeben, dass ich mir gar nicht sicher war, ob es außerhalb der Draculalegenden tatsächlich existiert:D) Einen Grund, dorthin zu reisen, gab es für mich also nie. Keine Reisezeitschriften, die im Supermarkt auslagen, präsentierten Rumänien als Traumziel des Jahres. Und auch in keiner Werbemail, die mir Last Minute Trips andrehen wollte, konnte ich es finden. Rumänien war eines der Länder, welches total unterging zwischen den vielen kleinen Ländern im Osten Europas, die weniger im Reisefokus stehen als die berühmten Ziele wie Spanien oder Italien. Ohne hier in Ungarn zu sein, hätte ich dieses Land wohl einfach verpasst. Dabei gibt es eine Menge Gründe, gerade dort hinzureisen!
Auf einmal wird mir bewusst, wie blind Unwissenheit macht. Nichts über einen Ort zu wissen bedeutet nicht, dass er keine Reise wert ist! Im Gegenteil, das ist erst recht ein Grund, diesen zu besuchen.
Neben armen, verwahrlosten Dörfern und schlechten Lebensbedingungen, war eins der ersten Dinge, die mir von Rumänien erzählt wurden, die wundervolle Berglandschaft, die es dort geben sollte. So waren unsere Ziele für diese Reise diesmal nicht nur die größten Städte, sondern auch alles drumherum. Außerdem wollten wir auf das anstrengende “Rucksack von Bus zu Bus tragen“ verzichten. Deswegen hieß es diesmal: Auto mieten und da wir hier in Ungarn sind, wurde dies nicht mal so teuer. Das bedeutete aber auch, dass schon am zweiten Tag eines der Autos begann, seltsame Geräusche von sich zu geben, die sogar, nachdem wir unser Trinkwasser für den Motor opferten, noch nicht verschwanden. Im anderen Auto erklärte Federico unterdessen, dass er das Gefühl habe, von dem anhaltenden Gasgeruch high zu werden:D. Um die Motorcheckleuchte, die bald darauf aufleuchtete, machten wir uns dann schon kaum mehr Gedanken, da wir das Gefühl hatten, sowieso weder den Grund und schon gar nicht eine Lösung für dieses Problem zu finden:D. Dass wir letztendlich alle gesund und samt Auto wieder zurück nach Ungarn kamen, gleicht einem Wunder.
Auf den letzten Kilometern, die uns von dem neuen Land trennten, erwartete ich, sofort einen Wandel in der Umgebung zu sehen, nachdem wir die Grenze überquerten. Berge sollten unmittelbar nach dem Verlassen Ungarns den Horizont prägen und wunderschöne Wälder sollten die Ungarische Steppe ablösen, wurde mir erzählt. Allerdings hatte ich dabei nicht bedacht, dass wir die Grenze bei Nacht überqueren werden. So war der erste deutliche Unterschied, den ich tatsächlich erkennen konnte, dass die Straßen schlechter wurden:D. Sehen konnte ich kaum weiter, als die Scheinwerfer reichten, da man hier wohl auch größtenteils auf die Straßenbeleuchtung verzichtete. Auf den großen Wandel musste ich so noch bis zum nächsten Tag warten. Zunächst erwartete mich originelle Halloween Stimmung. Es war, als hätte sich das Land passend für diese Nacht zurechtgemacht. Kurvige Straßen schlängelten sich durch tiefhängenden Nebel bewaldete Berge hinauf und aus dem Autoradio ertönten entweder gruselige italienische Kirchenlieder, die eine Gänsehautstimmung hinterließen oder ein unverständliches Rauschen. Unser Weg führte uns lange Zeit durch einsame Landschaften oder ausgestorbene Orte. Kaum ein anderes Auto schien unterwegs zu sein, kein Mensch war auszumachen, dafür aber stets ein fernes Hundegeheul. Transsilvanien empfing uns somit ganz im Sinne aller alten, unheimlichen Legenden, die sich darum winden:D. Zum Glück begegneten wir keinem Vampier:D und auch keinem Bären. Von diesen soll man nämlich 60% der in Europa lebenden Tiere in Rumänien finden! So waren wir auch in den nächsten Tagen stets auf der Hut und lernten von einer rumänischen Freundin aus dem Medien Seminar ein paar Tipps kennen, wie man am besten vor einem Bären flüchten sollte. (Nicht auf einen Baum klettern, das ist sehr unklug, das kann der Bär auch:D. Dafür hat man beim Bergabrennen mehr Chancen, dem schnellen Bären zu entkommen, da ihm dies scheinbar sehr schwer fallen soll! Mir als Mensch nur unvorteilhafter Weise auch:D).
So viel zu sehen und zu erleben wie möglich war unser Ziel und so erkundeten wir schon am ersten Tag die wunderschöne Stadt Sighisoara. Bunte kleine Häuschen duckten sich verspielt in den kleinen historischen Gässchen. Straßenhunde und bettelnde Roma Kinder streunten zwischen Touristen und Einheimischen umher. Der abblätternde Putz und die verwahrlosten Vorgärten verliehen dem ganzen einen Touch der Echtheit und Natürlichkeit. So war es gerade die Armut, welche diesen Orten einen ganz besonderen, eigenen Zauber auflegte. Die Menschen hier sehen das jedoch sicher anders. Doch trotz der verbreiteten Not trafen wir auch hier überwiegend freundliche Leute. Ich beginne das Gefühl zu haben, dass gerade in solch armen Ländern die Menschen viel liebenswürdiger sind. Macht Geld geizig und unfreundlich?
Geschichten und Legenden rekeln sich um jegliche Orte und mystische Landschaften Rumäniens. Zahlreiche Burgen und Friedhöfe zeigen Spuren von der deutsch-rumänischen geschichtlichen Vergangenheit. Auf vielen Grabsteinen waren nur deutsche Namen zu finden und für viele Städtenamen gibt es auch eine deutsche Variante. Die Übersetzungen für Hinweisschilder findet man oft schneller auf Deutsch als auf Englisch. Aber auch als Italiener und Spanier hat man ein paar Vorteile in diesem Land. Rumänisch ist nämlich eine romanische Sprache und es gibt so einige Gemeinsamkeiten, besonders zum Italienischen. Besonders gern wurden Vampir-Gruselgeschichten mit dem Gebiet verbunden. Natürlich, schließlich soll hier ja Dracula sein Unwesen getrieben haben. Deshalb besuchten wir auch die Burg, in welcher er scheinbar gelebt haben soll. Leider wurde ich von dieser sehr enttäuscht. Während überall im Land alles sehr authentisch wirkte, wohnlich, willkommen heißend und echt, erschien dieses Schloss sehr gekünstelt. Auch die Legenden sind um einiges spannender als die Person, welche sich tatsächlich hinter dem sagenumwobenen Vorbild des Grafen Draculas verbirgt. Vlad III. Drăculea beherrschte Rumänien, wobei ihn nichts weiter bekannt gemacht hatte als seine Grausamkeit. Er hatte somit weder kein Spiegelbild, noch starb er im Sonnenlicht und er konnte sich auch nicht in eine Fledermaus verwandeln. Ohne den an seine Peron angelegten Roman des irischen Schriftstellers Bram Stoker wäre er niemals soweit über die Landesgrenze hinaus bekannt geblieben. Zum Glück besuchten wir noch einige großartige Orte und Städte wie Brasov, Alba lulia und Sibiu. Sie steckten alle voller toller Erlebnisse und Gebäude, so dass Rumänien für mich zu einem sehr beeindruckenden, außergewöhnlichen Reiseziel wurde. Auf unserm Wanderausflug kletterten wir durch Schluchten und auf Berggipfel. Wir probierten typische rumänische Gerichte und lasen uns durch einige Schloss- und Burggeschichten.
Bedeutet dies nun also, dass wir genug von Rumänien gesehen haben? Nein noch lange nicht! In jedem Land steckt so viel Spannendes, dass es sich immer lohnt, öfter dorthin zu reisen. Auch in diesem! So habe ich beschlossen, das wird nicht die letzte Reise in mein nun so nahes Nachbarland gewesen sein. Es gibt noch viel mehr zu sehen und viel mehr Eindrücke zu sammeln. Davon kann ich einfach nie genug bekommen:). Als Reiseziel darf Rumänien aber trotzdem gerne etwas unbekannter bleiben, denn auch schon so waren genug Touries dort unterwegs. Und das Land soll ja seine einzigartige Echtheit behalten!:) Wir können ruhig die einzigen Touristen hier bleiben:D