Über Schimpfwörter, wie Fremde zu Freunden werden, das Lernen und Budapest
Was ich so lerne in Ungarn: eigenständig sein, einen Haushalt führen und Klopapier kaufen, obwohl das dann bedeutet, auf die Schokolade verzichten zu müssen. Wohlfühlen und Selbstbewusstsein erlangen auch in fremden Umgebungen und Sprachen. Eine Menge durchhalten können und… eine Menge böser Wörter in einer Vielzahl von Sprachen:D. Was ich aus meinem On-Arrival Training mitnehme: eine Menge Informationen darüber, was hinter Erasmus+, der National Agency und dem Youthpass steckt. Fehler zu erkennen und an ihnen zu arbeiten. Traditionell ungarisch tanzen und… eine noch viel größere Menge an Schimpfwörtern in einer Vielzahl an Sprachen:D.
Nach meiner Trainingswoche weiß ich nun, dass „vitun paska pää“ (= fucking shit head) nicht unbedingt die Worte sind, mit welchen man einen Finnen begrüßen sollte und dass man in Italien jederzeit auf seine Handbewegungen achten sollte, um nicht ganz unbedacht ein herabwertendes „I don‘t care“ in den Raum zu gestikulieren;D. Als wäre es nicht schon genug, dass die einzigen Sätze, welche ich tatsächlich fließend ungarisch sagen kann, solche sind wie: „Nem kérek kibaszott gyümölcs levest, bazdmeg!“ (No I don‘t want the fucking fruit soup!). Nein, ich kann dies jetzt auch noch auf Finnisch! (Falls jemand diesen überlebenswichtigen Satz in Finnland brauchen sollte, er lautet: „En halua tuota vitun paskaa soppaa!“). Es ist eben um einiges interessanter, solche Wörter zu lernen, als welche mit wirklichem Nutzen:D. Was ich in den Ländern also wirklich tun und nicht lassen sollte, das weiß ich immer noch nicht. Aber vielleicht erfahre ich dies bei dem nächsten Training:D.
Natürlich blieben diese Sätze, Wörter und Gesten aber letztendlich nicht das einzig Gelernte. Im Gegenteil, seit wir dort am Montag, den 17 September, ankamen, erwartete uns ein volles Programm. Wir wurden vollgestopft mit Informationen. Besonders am Anfang kam mir dabei einiges schon bekannt vor, von Tag zu Tag wurden die Themen jedoch neuer und interessanter. Unsere Trainer waren höchstens etwas übermotiviert:D, aber ansonsten in jeder Hinsicht super. Man konnte immer auf sie zugehen und sie haben sich für jeden Einzelnen von uns Zeit genommen, wenn wir diese brauchten.
Der große Nachteil von dem Ganzen jedoch war, dass ich von Budapest größtenteils nur den Seminarraum gesehen habe. Wir Teilnehmer hingen dort ziemlich fest. Auch, wenn mir natürlich bewusst war, dass das Ziel des Trainings nicht Sightseeing in Budapest ist, war ich doch ein wenig enttäuscht und wollte es nicht bei der Aussicht durch mein Zimmerfenster belassen:D. So ging es mir nicht alleine und schon am zweiten Abend entflohen wir, eine kleine Gruppe von Freiwilligen aus Hang-kép und der Türkei, den rauen Wänden des Hotels und machten die Stadt unsicher. Oder wohl vielmehr die Kettenbrücke der Stadt, das Wahrzeichen Budapests, viel weiter sind wir nämlich nicht gekommen:D. Reden und lachen, ein wenig Bier trinken und aufpassen, nicht von der Brücke zu fallen, das kann man ziemlich gut in Budapest. Aber dazu zählen wohl mehr die richtigen Leute, als der Ort. Diese habe ich allerdings schon längst gefunden und das direkt in meiner Organisation! Wie eng wir nun schon zusammengewachsen sind, das ist mir während des Trainings zum ersten Mal so richtig aufgefallen. Reden, ohne sich darüber Gedanken machen zu müssen, was die anderen denken, ob sie einen mögen werden und ob man Fehler in der Aussprache machen wird. Wenn das klappt, dann ist die erste Hürde auf dem Weg, gute Freunde zu werden, überwunden:). Schön, das feststellen zu können. Auch sonst fanden sich hier und da einige ziemlich coole andere Freiwillige in unserer Gruppe. Mit diesen funktionierte nicht nur das Beschweren über die viel zu lange Zeit im Seminarraum ausgezeichnet, sondern auch das Witzeln über die Eigenarten unser Trainer. (Aber das waren natürlich nur gut gemeinte Witze!;))
Aber letztendlich zählt der Ort dann trotzdem, besonders dann, wenn er so wunderschön ist. Alle Erzählungen waren nicht übertrieben, Budapest hat mich umgehauen. Diese Stadt hat etwas an sich, wodurch sie immer golden leuchtet. Ganz besonders in der Nacht, wenn sie sich in ein Lichtermeer verwandelt. Dann glänzt und glitzert es, wo immer man auch hinsieht. Das Ufer der Donau, welche die Stadt in zwei Teile teilt, lädt stets zum Verweilen ein, sei es Nacht oder Tag. Auf der einen Seite hat man vom Budar-Berg einen fantastischen Blick auf das historische Parlamentsgebäude, die Donau Insel und viele weitere wunderschöner Bauwerke. Diese liegen größtenteils im flachen Pest auf der anderen Seite der Donau. Am Tag sind es dann nicht die warmen Lichter, die die Stadt golden strahlen lassen, sondern die vielen gelborangenen Fassaden und warmen Farben. Als wir für ein Projekt den Nachmittag in der Stadt verbrachten, habe ich meine Augen kaum von all den schönen Eindrücken abwenden können, überall gab es was zu sehen und die Zeit verging viel zu schnell. In diesem Moment habe ich mir versprochen, ich werde wiederkommen, ohne jeden Zweifel, um diese unglaubliche Stadt noch viel intensiver zu erleben! Es gibt noch so viel zu sehen.
Unsere Ausflüge in das lebensfrohe Zentrum Budapests, spannende Gespräche mit vielen anderen Freiwilligen und gelernte Beleidigungen an gemütlichen Plauderabenden waren so auf jeden Fall die positiven Seiten dieses Trainings, aber negative gab es auch. Durch die vielen Aufforderungen zur Reflektion, Gruppenarbeit und Selbststudium, wurden ab und zu Erkenntnisse für mich deutlich, welche ich in diesen Momenten lieber im Verborgenen gelassen hätte. Kritik gehört dazu, aber wenn sie meine Persönlichkeit angreift und ich emotional gerade sowieso nicht im Gleichgewicht bin (wer ist das schon in der ersten Zeit von so einem Jahr jemals:D), dann kann ich mir davon schon mal den Tag ruinieren lassen, obwohl ich weiß, dass dies ein Fehler ist. Neben all den wichtigen Dingen über mein ESK ist somit wohl einer der wichtigsten Punkte, die ich gelernt habe, dass ich noch viel zu lernen habe!
Ob ich ein Projekt für dieses Jahr habe, wurden wir Freiwilligen gefragt. Ja, das habe ich, mein Projekt bin ich selber! Ich will besser werden oder vielleicht auch nur einfach zufriedener damit, wie ich bin. Mein Denken soll eine Kehrtwende zurück ins positiv-optimistische machen und ich möchte eine Menge Informationen sammeln, wo immer dies auch möglich ist!
Also dann: Los geht’s:)
Und see you soon, Budapest!