Trau dich!
Aus dem frühen Schlafen gehen wird wohl nichts. Johannson trifft eine Clique von polnischen Studenten und macht mit ihnen das Nachtleben unsicher.
Gestern habe ich etwas anders gemacht. Zum ersten vergleichsweise frühen Feierabend, denn ich musste den endzeitlichen Dauerangriff auf mein Konto weiterführen. Dazu bin ich in die Galeria Copernica gefahren und habe neben einem USB Stick polnische Musik gekauft. Eine Auswahl aus der langen Liste, die mir Beata während der rauschenden Nacht im Desperados aufgeschrieben hatte.
Abschiedstournee: Enjoy the noise
Genau dorthin fahre ich anschließend, denn ich verbringe jeden Abend noch einmal in meinen Lieblingslokalen. Gestern war es das letzte Mal Stary Mlyn, davor die Kellerkneipe ohne Namen, den letzten Abend plane ich mich noch einmal ins Pilon zu wagen und heute will ich einmal mehr das lärmende Gewusel des Desperados' genießen, auch wenn ich diesmal allein bin. Und es ist in der Tat schön, ich lese mein Buch, gehe durch meine Vokabellisten und schaue immer wieder um mich, denn ich mag es, die lauten Gesprächsfetzen zu hören, die Musik, das Gestikulieren, die gelegentlichen Ausbrüche von Lachen. Ja, trotz meiner Stimmung freue ich mich. Auch weil es gerade mal um neun ist; ich mir endlich einmal Zeit lassen kann.
Blindflug
Gerade überlege ich, dass ich vielleicht sogar früher als sonst ins Bett kommen kann, da fällt jemand schwer auf die Bank gegenüber. Aus einem sofortigen Schwall Polnisch verstehe ich nur „Lukasz“ und da sie offensichtlich gerade gehen wollen reime ich mir zusammen, dass mich die Vierergruppe soeben einlädt in irgendeinen anderen Pub mitzukommen. Da ich gerade Catch-22 lese (und mit einem Gedanken an den Sachwert in meinem Rucksack), frage ich ganz direkt: Warum fragt ihr mich? Die Antwort verstehe ich natürlich nicht. Aber da ich gerade Catch-22 lese (und weil ich nach einem Blick auf die drei Jungs und ein Mädchen denke, sie im Fall des Falles alle vier in die Tasche stecken zu können) sage ich mir: What the hell, und packe das Buch ein; für Experimente bin ich hier.
Selig sind die Mutigen
Wir laufen zum Kredenz, einem komischen feinen Pub den ich nicht mag. Im Hinterraum hat er scheinbar irgendeine Art Club, von einem Türsteher bewacht der meinen Rucksack nicht mag. Darum geht’s weiter zum Bunker, einer Art Hangar der überhaupt nicht sehr fein ist und den ich mag. Meine Begleiter sind Informatik sowie Physikstudenten und sehen auch so aus. Das Schöne: Sie sprechen nur Polnisch. Wie ich schmachvoll erfahren habe kann ich mich nicht zwingen auf der Arbeit konsequent Deutsch und Englisch zu verweigern. Darum ist diese Gelegenheit umso schöner, beim Kickern und immer neuen Gläserrunden mit den Fremden, übe ich wahrscheinlich mehr als in Wochen im Büro. Bis wir um eins so gerade wie möglich nach Hause gehen. Soviel zum frühen Bett.