The Best of Both Worlds
Die Rückkehr steht kurz bevor, aber noch kann sich Johannson nicht mit dem Gedanken anfreunden, wieder in Deutschland zu leben. Die letzten Tage in Polen genießt er noch einmal mit deutschem Besuch.
Das Beste von Lodz
Nächsten Dienstag fahre ich vorläufig nach Magdeburg, und bete dass es wirklich nur die Bachelor Arbeit anmelde und schnell wieder zurück komme. Bisher sieht alles ganz ok aus, aber ich kenne mein Glück.
Die letzten Tage in Lodz gehörten dafür noch einmal zu den schönsten der letzten zwei Jahre. Meine besten Freunde aus Magdeburg kamen mich besuchen, die kleine Kalina und ihre Schwester Elli. Die Bulgaren waren immer das einzige, was ich von dort vermisst habe. Anders als mit Friedemann habe ich nicht mehr versucht, in zwei Tagen alles zu zeigen, sondern wir haben uns einfach eine schöne Zeit gemacht.
Gewohnt haben die beiden in meinem Wohnheim, wo sie von den Erasmusler familiär aufgenommen wurden. Von Lodz sahen sie das Geschichtsmuseum im Poznanski Palast, die Hauptstraße mit ihren diversen Cafes, Kneipen und alten Kantoren. Gerade war der 'Fette Donnerstag', an dem aus nicht mehr bekannten Gründen massenhaft Pfannkuchen gegessen werden, und wir haben uns im bizarren Hort-Cafe mit entsprechend vielen eingedeckt.
Die wichtigsten Fabriken und noch verschneiten Parks habe ich gezeigt, wir sind einmal in den Gottesdienst und haben alte und neue polnisch Küche probiert. Einen halben Tag haben wir allein in der Manufaktura verbracht, dem großen Einkaufszentrum in der alten Fabrik Poznanskis, und ich hatte beunruhigend viel Spaß mit Mädchen Klamotten zu kaufen. Abends waren wir im Theater und auf einer Studentenstraßenparade. Daran schloss sich ein kleines Konzert an und wir tanzten mit anderen Passanten auf der winterlichen Hauptstraße.
In der Referenzkneipe Kaliska trafen wir gemeinsame Bekannte, die ihr Erasmus in Magdeburg verbracht hatten. Später gingen wir in einen Salsaclub, wo die Mädchen das beste ihres bulgarischen Bewegungstalents zeigten.
Das Beste von Warschau
Am Samstag fuhren wir ins sonnig-blaue Warschau und liefen vom Kulturpalast über die sächsischen Gärten Richtung Altstadt. Auf dem Schlossplatz stand eine große Menge Studenten mit Kissen in den Händen. Wir erfuhren, gleich gibt es eine Kissenschlacht. Fünf Minuten später stürmten zwei Kampfreihen aufeinander zu und ich fragte mich einmal mehr warum um Gottes Willen ich zwei Jahre in einer Stadt verschwendet habe, wo so etwas einfach unmöglich ist.
Danach besuchten wir die Kathedrale und die Krypta mit den Nationalhelden darunter. Wir schafften es noch auf den Marktplatz, der die Bulgaren ob des Wetters und Traditionstrachtenträgern ganz besonders begeisterte, bevor die große Monika anrief und wir uns zurück am Schloss mit ihr und einer Freundin trafen. Alle außer mir waren froh miteinander mal etwas Deutsch üben zu können. Ich dagegen freute mich, dass die Bulgaren auch Einheimische kennenlernten, und sich so gut verstanden, dass man manchmal dachte es gibt gleich noch eine Hochzeit zu feiern.
Wir gingen ins Kino und später mit Monikas Mitbewohnern auf eine weitere Party, tanzten bis vier am Morgen und ich freue mich wirklich, die Bulgaren am Sonntag morgen erschöpft und mit einem ausgezeichneten ersten Eindruck von Polen in den Zug nach Berlin gesetzt zu haben. Ich selbst blieb noch eine Nacht, verbrachte den Sonntag mit Monika, die mich an den Ohrläppchen vom Bahnhof direkt zum nächsten Laden für saubere Wintermäntel und dann in den Gottesdienst schleppte.
Die Höhle des Löwen
Ich bin glücklich, dass der Besuch so perfekt gelaufen ist, mit Aktionen an jeder Ecke, die sogar mich überraschten. Lodz ist eine Stadt zum Vorzeigen, gefüllt mit Leben und so vielen Sachen, die Magdeburger weder verstehen noch benutzen könnten.
Ich habe gemerkt, wieviel souveräner, aktiver, selbstbewusster, effizienter, motivierter, spontaner, witziger ich nach einem halben Jahr im Ausland wieder bin. Umso mehr habe ich jetzt Angst, dass ich nach Magdeburg fahre und vielleicht nicht mehr rauskomme. In zwei Tagen fahre ich den Bulgaren hinterher. Zum Glück waren sie hier, so bin ich noch nicht in die gefürchtete Abschiedsstimmung gekommen. Vor allem weil sogar ich inzwischen halb daran glaube, wirklich bald wieder zurück zu sein. Die andere Hälfte aber eben kennt mein Glück.