Strikte Verbote nicht ganz so strikt?
Ein verstärkter Blick auf den (un)kontrollierten Alkohol- und Zigarettenkonsum in Frankreich.
Hier in Orléans ist vor etwa einem Monat Maxime, ein junger Mann von 20 Jahren, verschwunden, nachdem er mit Freunden in einem Club war. Die ganze Stadt ist mit Suchzetteln vollgeklebt und jeder hofft darauf, dass bald herausgefunden wird, was mit ihm passiert ist.
Manche denken, dass er alkoholisiert war und ins Wasser gefallen ist, andere scheinen Angst vor einer möglichen Entführung zu haben. Die Vermutungen häufen sich und in der Stadt bahnt sich eine große Alkoholdebatte an. Denn vermutlich waren er und seine Freunde so betrunken, dass man ihnen eigentlich keinen Alkohol mehr hätte ausschenken dürfen. Nun soll der Club, in dem er zuletzt gesehen wurde, zur Verantwortung gezogen werden. Ob dieser Vorfall aber eine übergreifende Alkoholdebatte in Frankreich auslösen wird, ist zweifelhaft.
Um diese Anmerkung zu verstehen, sollte man einen Blick auf Frankreich werfen. Denn hier herrschen zwar auf dem Papier sehr strenge Gesetze bezüglich Zigaretten-, Alkohol- und Drogenkonsum, doch in Realität sieht das Ganze anders aus. Zwar gibt es extra sogenannte Tabakgeschäfte, in denen man ausschließlich Zigaretten und Zeitungen kaufen kann, doch bei diesen wird nicht zwingend das Alter der Kunden kontrolliert. Meiner Ansicht nach, nach 5 Monaten Aufenthalt hier in Frankreich, sieht man deutlich mehr Franzosen auf den Straßen stehen und rauchen, als Deutsche. Hier besteht der Arbeitsalltag vieler Franzosen aus 45 Minuten Arbeit und 15 Minuten Zigarettenpause.
Um diesen Eindruck zu bekräftigen, werfen wir einen Blick auf meine Arbeitsstelle. Auf meiner Arbeit rauchen 5 meiner 11 Kollegen in Orléans. Auch auf all den Treffen mit anderen Kollegen sind mindestens 1/3 Raucher. Und nicht nur Gelegenheitsraucher, sondern wirklich abhängig vom Tabak. Ein Kollege raucht anderthalb Schachteln am Tag und bezahlt 70€ in der Woche nur für seinen Tabakverbrauch. Das macht für einen Monat 280€, für ein Jahr 3.360€ und für all die Zeit, die er schon Raucher ist (25 Jahre) 84.000€. Mit diesem Geld hätte er beispielsweise eine Weltreise machen können oder das Studium seiner Kinder an einer Privatuni finanzieren können. Ehrlich gesagt, jagt diese hohe Zahl selbst mir gerade einen Schauer über den Rücken. Besonders schockierend finde ich die hohe Zahl an Minderjährigen und Jugendlichen, die hier rauchen. Auf allen Partys, auf denen ich bisher war, sind die Franzosen ständing am Qualmen. Interessanterweise existiert hier in Frankreich sogar ein sogenanntes Tabakwerbeverbot. Nach der Einführung dieses Verbots nahm der Tabakkonsum um 15 Prozent ab, doch trotzdem scheinen noch so viel mehr Franzosen als Deutsche zu rauchen.
Nun schauen wir uns noch einmal die aufgeworfene Frage des uneingeschränkten Alkoholkonsums an. In Deutschland sind die Alterskontrollen für Alkohol- und Zigarettenkauf in den letzten Jahren aufgrund von gehäuften Meldungen Toter durch Komasaufen deutlich verschärft wurden, dies besonders in Bars. Auch in Frankreich wurde 2009 das Mindestalter für Zigaretten- und Alkoholkauf auf 18 Jahre angehoben.
Doch das Gegenteil dieser verabschiedeten Gesetze ist hier in Frankreich anzutreffen. Beim Bar- oder Clubbesuch wird nie jemand am Eingang nach seinem Alter gefragt oder kontrolliert, geschweige denn beim Alkoholausschank.
Und genau dieses Fehlen ist nun vielleicht der Grund dafür, warum nicht selten zu alkoholisierte junge Leute in Orléans im Getreibe der Nacht Prügeleien veranstalten oder ein junger Mann vermisst wird. Für Maxime wird nun am Samstag ein Gedenkzug vor der Kathedrale Orléans veranstaltet und ich denke, dass ich mich diesem anschließen werde. Denn dabei kann man sich selber auch Gedanken über seinen eigenen Alkoholkonsum machen.
Quellen:
http://www.focus.de/politik/weitere-meldungen/frankreich-im-kampf-gegen-komasaufen-verbietet-frankreich-alkohol-unter-18_aid_378844.html
http://www.nichtraucherbund.de/Text37.htm
http://www.larep.fr/loiret/actualite/2013/02/21/la-marche-pour-maxime-autorisee-1451857.html