Stille Nacht und ein Baumstamm, der Geschenke scheißt – ein multikulturelles Weihnachtsfest
Weihnachtstraditionen dreier Länder und ein entspanntes Weekend…
Hey :)
Nachdem der letzte Blogeintrag etwas lang wurde (es gab einfach zu viel zu erzählen, da ich in letzter Zeit nicht oft an den PC kam), wird dieser hier hoffentlich kürzer ausfallen und euch wieder auf den aktuellen Stand meiner Lage bringen ;)
Vorigen Donnerstag haben Soraya und ich einen multikulturellen Weihnachtstag veranstaltet. Die Idee kam auf, als wir gemeinsam mit unserer Mentorin feststellten, wie viele Differenzen es doch in der Ausführung von Weihnachten in den unterschiedlichen Ländern gibt und wie wenig man doch eigentlich außerhalb seiner eigenen Kultur davon kennt. So waren beispielsweise viele unserer Residents ganz entgeistert, als ich ihnen berichtete, dass wir unsere Geschenke am Abend des 24. bekommen und nicht, wie in England üblich, am Morgen des 25. „Aber wie kann denn dann Santa heimlich kommen und die Geschenke bringen?“, wurde ich erstaunt gefragt. Und so, um dieselben Geschichten nicht tausendmal erzählen zu müssen, beschlossen Soraya und ich zusätzlich zu verschiedenstem typischen Essen, Trinken, Musik auch noch jeweils eine kleine Präsentation über den Ablauf unseres Weihnachtsfestes zu gestalten. Wir malten weihnachtstypische Symbole (für Deutschland den Adventskranz, Nikolaus und Knecht Ruprecht) und ließen sie von den service usern anmalen. Außerdem gab es deutsche Lebkuchen vom heimischen Aldi, Glühwein und Kinderpunsch, spanische Plätzchen und eine Weihnachtssangria. Von englischer Seite steuerten unsere Kollegen noch Mincepies bei ( mit Rosinen gefülltes Gebäck). Wir sangen Weihnachtslieder in drei verschiedenen Sprachen (Youtube-Videos mit Lyrics machen´s möglich), aßen bis uns der Bauch weh tat und spielten ein für das katalonische Weihnachtsfest (Soraya kommt ja aus Barcelona und die Katalonier haben viele Bräuche, die sich vom Rest Spaniens unterscheiden) essenzielles Spiel: ein Baumstamm, dem Soraya zuvor ein Gesicht aufgemalt und eine rote Kappe aufgesetzt hatte, bekommt eine Decke übergelegt. Die Tradition verlangt, dass die Kinder den gesamten Advent über jeden Abend den Baumstamm mit Essen „füttern“. Am 24. Dezember schließlich schlagen sie ihn mit langen Stöcken und singen dazu ein Lied…der Baumstamm „scheißt“ daraufhin Geschenke (die natürlich vorher von den Eltern heimlich unter der Decke versteckt wurden). Den Teil mit dem Füttern ließen wir zwar weg, aber ansonsten war vom bemalten Baumstamm über das Lied und das Schlagen mit den Stöcken alles dabei: jeder durfte sein Glück versuchen und bekam als Belohnung einen Schokotaler :) Abends fand dann noch eine Santa Parade in Marske statt: Santa mit echten Rentieren zog als eine Art Umzug gefolgt von einigen Wägen, die Süßigkeiten warfen, durch den Ort.
Am Wochenende bekam ich dann Besuch von Felipe, den ich auf unserem Arrival-Training in Derby kennengelernt hatte. Er kommt auch aus Deutschland und macht gerade sein EVS in der Nähe von London. Gemeinsam fuhren wir am Samstag nach York und besichtigten den Weihnachtsmarkt. Es waren unglaublich viele Menschen unterwegs, die alle ihr Christmas shopping zu erledigen hatten und alle, wirklich alle, trugen Christmas Jumper. Dies ist ein Trend, der sich hier durch alle Geschlechter und Altersklassen zieht: Strickpullover mit größtenteils kitschigen Weihnachtsmotiven, Rudolphs, Schneemännern und Santas, manche singen oder leuchten sogar, wenn man auf einen eingebauten Knopf drückt. Ich weiß nicht, ob es inzwischen auch schon nach Deutschland durchgedrungen ist, aber für mich war es jedenfalls recht befremdlich, im Zug betrunkene Männer um die 50 in quietschbunten Wollpullovern mit Kindermotiven anzutreffen :D
Am darauffolgenden Dienstag schließlich erfuhren Soraya und ich recht überraschend, dass wir einige der service user zu einer Weihnachtsparty begleiten würden. Dort trafen wir noch eine andere Gruppe Behinderte von einem anderen Care Home aus der Umgebung. Es gab ein traditionelles Christmas Dinner bestehend aus Gemüsesuppe, danach Roast Turkey mit Mashed Potatoes, Karotten, Rosenkohl und Gravey und zum Nachtisch Christmas Pudding in einer weißen Brandysauce. Außerdem eine Menge Christmas Cracker, eine Mincepie-Wettessen, ein weihnachtliches Quiz und so ziemlich alle berühmten englischen Weihnachtslieder als Hintergrundsmusik. Das Highlight schließlich war natürlich Santa Claus, der gegen Ende persönlich vorbeikam und jedem ein individuelles Geschenk überreichte. Ich denke, alle haben den Tag sehr genossen, mich natürlich eingeschlossen ;)
Uff, das wärs für diesmal, und es wurde wieder länger als ich dachte. Sorry, aber ich erlebe hier einfach so viel und das möchte ich natürlich auch alles mit euch teilen!!!