Stagnationszeit und ein Ausflug
Eine Woche, in der wenig passierte und die eher uneffektiv war. Dies kommt hier aber anscheinend öfter vor. Am Wochenende dann ein toller Ausflug. Die nächste Woche war dann abwechslungsreicher.
Privjet Freunde und Interessierte!
Hier mal ein Bericht über die Ereignisse der letzten Tage:
Montag, 18.10.2010
Als ich am Montagmorgen zur Arbeit ging wusste ich wie immer nicht, was ich heute wohl zu tun hätten. Das einzige war die jeden Montag wiederkehrende Planjorka.
Danach experimentierte ich mit den Etiketten für die Vogelinformationstafel weiter. Am Ende des Tages hatte ich mal einen ersten Prototypen ausgedruckt.
Zwischendurch beschäftigte ich mich noch mit dem Halloweenprojekt von Vera. Vera möchte am 31. Oktober Samonius, also das ursprüngliche (keltische) Halloween, feiern. Als Gäste will sie Kinder aus Esso einladen. Mich hat sie gefragt, ob ich ihr bei der Umsetzung des Projekts helfen möchte, ich habe das Angebot dankend angenommen.
Dienstag 19. bis Freitag 22.10.2010:
Den Rest der Woche verbrachte ich überwiegend mit kleinen Büroarbeiten, wie die Vogeletiketten oder ich las mich in die Arbeiten ehemaliger Volontäre ein, um Ideen für eigene Projekte zu bekommen.
Am Donnerstag und am Freitag standen dann noch zwei Besuche bei örtlichen Kunsthandwerkern an. Einmal bei einem gewissen Oleg Kotschetkov. Dieser zeigte mir und den anderen Volontären seine Werkstatt und seine geschnitzten Werke, die überwiegend Figuren aus der Götterwelt Kamtschatkas darstellten. Da wäre der Chefgott Kudr und seine Frau so wie sein Vertreter. Oder ein Riese, der im Vulkan wohnt und mit seiner Trommel das Vulkangrummeln verursacht. Indem er stampft gibt es Erdbeben. Wenn er sich zum Mittagessen fünf Wale aus dem Meer fischt und sich dann seine Pfeife anzündet, so beginnen die Vulkane Lava und Asche zu spucken. Soweit zumindest mal die Göttersage. Wenn man einen Geologen nach der Ursachen von Vulkanausbrüchen befragen würde, so würde der einem womöglich eine andere Geschichte erzählen.
Samstag, 23.10.2010:
Für das Wochenende war ein größerer Ausflug geplant. Dieser sollte für mich eine Art Einstandsausflug sein und mir Einblicke in den Naturpark bringen.
Das Ziel war der sogenannte 47. Kilometer* Hinter diesem Namen verbarg sich ein Gelände mit einigen Hütten, die man mieten konnte, sowie eine Thermalquelle.
Das „Feriendorf“ befand sich, was hier auf Kamtschatka kein Wunder ist, mitten in der Natur und dennoch an der Hauptstraße von Petropavlovsk nach Esso. Der Ausflug startete am Samstag Morgen um 10 Uhr mit einer Taxifahrt zum 47. Kilometer. Mit dabei waren Vera, Susan, Sergej, Kai, Nina (russische Freiwillige), Judith und Ich.
Nach ca. einer Stunde kamen wir am Ziel an und konnten unsere Hütte beziehen. Dort gab es drei Schlafzimmer mit insgesamt 13 Betten, zwei Klos, zwei Waschbecken, einen Holzofen mit Kochnische und Brennholzvorrat, einen Tisch mit Stühlen, einen Wasserkocher und einen Fernseher. Mehr war nicht zu finden, keine Schränke, kein Geschirr. Aber Wasserkocher und Fernseher. Zum kochen gingen wir entweder in
eine Gemeinschaftsküche oder nutzen den Holzofen.
Nach einem kleinen Mittagessen gingen zogen wir unsere warmen Klamotten an (es hatte schließlich schon deutliche Minusgrade) und starteten unsere erste Wanderung.
Diese führte uns mangels Wanderwege durch den Wald und den Tiefschnee, einen Berg hoch, ein kleines Tal entlang. Dann haben wir eine kurze Pause mit Tee, Wurstbrot und Keksen eingelegt. Dann ging es weiter über ein Plateau. Nachdem wir uns dort wieder orientiert hatten stapften wir weiter durch den Schnee und wieder in den Wald. Da sich hier niemand von uns auskannte und wir mitten in der Natur waren verloren wir, bzw. diejenigen unter uns die sich um die Route kümmerten, ab und an die Orientierung, trotz Karte, Kompass und GPS-Gerät.
Als wir dann gegen vier Uhr im Wald standen, ich hatte inzwischen auf Grund von schlechten Schuhen (nur Gummistiefel mit Einlagen) kalte Zehen, und nicht wussten wohin, machte sich in mir eine kleine Nervosität breit. Denn ich wusste, dass bald die Sonne weg wäre und die Temperatur dann recht schnell fällt.
Ich war dann froh, als wir wieder wussten wohin und schließlich glücklich wieder im Feriendorf ankamen.
Trotz dieser kurzen unangenehmen Situation war die Wanderung ein schönes Erlebnis. Ich konnte außerdem einen Zobel (ein marderähnliches Pelztier) aus der Nähe sehen und auch mit meiner Kamera erwischen.
Den Abend verbrachte man dann mit gemeinsamen Kochen und einem Gang zur Thermalquelle.
Dieses bestand aus Umkleiden, einem extrem heißen Becken im Innern und einem kühlen Becken im Freien. Üblicherweise steigt man zuerst in das heiße Becken und sitzt dort dann ein paar Minuten. Dann geht man nach draußen (noch mal zur Erinnerung: Wir haben hier Minusgrade) und hüpft in das kühlere (ca.20 Grad) Becken. Diesen Vorgang kann man dann noch ein paar mal wiederholen. Zwischendurch kann dann auch noch im Schnee baden und sich mit diesem Einreiben.
Sonntag, 24.10.2010:
Auch am Sonntag stand wieder eine Tour an. Diesmal mit ca. 14 Kilometern etwas mehr als gestern. Die Route führte uns diesmal überwiegend die vereiste Straße entlang. Am Anfang machten wir einen kleinen Umweg, um am Fluss Bistraja entlang zu gehen. Dort konnte Sergej dann auch einige Tierspuren dokumentieren. (Er ist angehender Zoologe)
Auf halbem Weg kamen wir dann an einem Aussichtspunkt an. Dort legten wir dann wieder ein Tee - Brot - Kekspause ein. Dann ging es weiter bis zur Parkgrenze, wo es eine kleine Raststation und ein schönes Flusstal gab.
Nachdem sich dann alle umgesehen hatte ging es endlich auf den Rückweg. Ich sage endlich, da ich durch das Rumstehen schon wieder kalte Füße hatte.
Den Abend verbrachten wir dann wieder mit gemeinsamen Kochen und spielen.
Montag, 25.10.2010:
Nach dem Frühstück beschlossen wir dann, dass man die nächsten Stunden zur freien Verfügung hatte. Die verbrachte ich mit dem „Siedlerkartenspiel“, welches ich mit Kai spielte.
Danach gab es ein Resteessen (welches aber trotzdem lecker war). Als nächstes stand dann packen und putzen auf dem Plan. Denn heute ging es wieder zurück nach Esso.
Nachdem dies getan und er Schlüssel abgegeben war, liefen wir mit unserem Gepäck los in Richtung der Siedlung Anavgai. Von dort aus wollten wir entweder den Bus nach Esso nehmen oder ein Taxi rufen.
Nachdem wir nach ca. 2,5 Stunden Fußmarsch in Anavgai ankamen fuhr gerade ein Herr mit seinem Auto an uns vorbei, hielt an und bot uns an, und nach Esso mitzunehmen. Also quetschten wir uns zu in seinen Geländewagen und ich stellte fest, dass in einen nicht allzu großen Geländewagen sieben Leute mit Gepäck passten. Auch wenn ich mir mit Sergej den kleinen Vordersitz teilen musste.
Gegen 18 Uhr kamen wir dann in Esso an und waren teils ziemlich erledigt, sowohl von den drei Wanderungen, als auch von den nicht allzu komfortablen Betten.
Dienstag, 26.10. 2010:
Als ich mit Vera und Susan morgens aus dem Haus ging und wir zur Arbeit liefen, stellten wir fest, dass es ziemlich kalt geworden war. Wir schätzen die Temperatur auf ungefähr -10 Grad Celsius. Im Park schauten wir dann auf das Thermometer und wussten nun, warum uns so kalt war: -18 Grad Celsius, morgens um 9 Uhr. Mittags waren es noch immer - 8 Grad. Obwohl dies schon ziemlich kalt war, machten wir uns klar, dass es noch 15 bis 20 Grad kälter werden kann.
Ausgerechnet an diesem kalten Tag musste ich den Nachmittag im Freien verbringen. Ich sollte helfen einen Holzkasten um neu verlegte Heizungsrohre zu bauen, der dann mit Sägemehl zur Isolation gefüllt wurde.
Dabei durfte ich einmal mehr erleben, wie uneffektiv hier ab und an gearbeitet wird. Denn für den kleinen Holzkasten benötigten wir (Sergej, ein Inspektor und ich) drei Arbeiter und vier Stunden. Ich glaube ein deutscher Heimwerker hätte dieselbe Arbeit in zwei Stunden erledigt.
Auf jeden Fall war ich dann froh, als ich endlich nach Hause durfte. Denn ich hatte schon wieder kalte Zehen und Finger.
Mittwoch, 27.10.2010:
Am Mittwoch war es dann schon wieder deutlich wärmer. „Nur“ noch minus fünf Grad. Außerdem verbrachte ich den ganzen Tag im Büro.
Dort beschäftigte ich mich mit dem Auslesen der GPS-Daten aus den Fotos, die ich am Wochenende gemacht hatte. Diese trug ich dann in einem Computerprogramm ein und erstellte so einige auf GPS-Daten basierte Routen, die vielleicht später für touristische Zwecke verwendet werden konnten.
Donnerstag, 28.10.2010:
Der Donnerstag sah dann ganz ähnlich aus. Ebenfalls Büroarbeit: Ich informierte mich über die GPS-Ausrüstung, die es im Park gibt. Also Computersoftware zum bearbeiten von GPS-Daten. Außerdem begann ich damit mich über die Erstellung von digitalen Karten schlau zu machen. Welche Programme werden benötigt? Was kosten diese? Wie kompliziert ist das Erstellen von (Raster-)Karten und wie kann man Papierkarten digitalisieren und für die GPS-Nutzung brauchbar machen?
*Auf Kamtschatka werden Bushaltestellen nach dem Straßenkilometer, an dem sie liegen, benannt; nicht nach Straßennamen wie in Deutschland.
So das wars dann erst mal wieder. Bis zum nächsten Eintrag!!
David
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