Sprachliche Feinheiten - Die linguistische Revolution?
Politisch korrekte Sprache ist ein Thema, welches mache Menschen dazu bringt, laut aufzustöhnen während andere sich in Argumenten ereifern: Ein kleines Plädoyer für eine Sprache, die nicht diskriminiert
Political Correctness, kurz PC, ist mittlerweile fast zum Schimpfwort geworden: Wer andere korrigiert, sich selber ein anderes Pronomen geben will oder darauf besteht, die weibliche Form zu verwenden, ist fast schon uncool. Und manchmal frage ich mich, erstrecken sich unsere Freiheitskämpfe in der Sprache? Gibt es nicht größere, wichtigere Ziele des Feminismus, als weibliche Wortendungen zu fordern? Und vor Allem - stößt man damit nicht viele Menschen ab, viele, die vielleicht den Grundgedanken gar nicht so abgeneigt sind, sich dann aber doch der nervigen Sprache stören?
Mit diesen Fragen begab ich mich in die Recherche dieses Themas und beschäftigte mich mit Personen, die sich wirklich dafür einsetzen, dass unsere Sprache niemanden diskriminiert. Bereits zu Beginn wird mir klar: Vielleicht sehe ich das Problem ja nicht, weil es mich nicht direkt betrifft. Ich bin weiß, ich entspreche vielen „mädchenhaften“ Klischees und bin heterosexuell - Ich fühle mich also wohl, wenn jemand „sie“ zu mir sagt, es gibt keine Schimpfwörter über meine Hautfarbe, und natürlich rolle ich mit meinen Augen, wenn jemanden einen leicht sexistischen Witz macht - Ich fühle mich dadurch aber nicht ernsthaft verletzt. Es ist mein Privileg, mich in einer Sprache wiederzufinden, in der ich mich angesprochenen fühle und die mich als Menschen wahrnimmt. Andere haben dieses Privileg nicht, und kämpfen darum:
Marlies Krämer, eine mittlerweile 80-jährige Autorin, weigerte sich Anfang der 90er Jahre Dokumente zu unterschreiben, wo sie als „Antragsteller“ unterschreiben sollte - und blieb so sechs Jahre lang ohne offizielle Dokumente. Sie setzte sich für eine weibliche Form ein, bis 1996 der Bundesrat endlich die EU-Richtlinie übernahm und von nun an musste unter jedem Dokument „Die Unterschrift des Antragstellers/ der Antragstellerin“ stehen. Frau Krämer beschreibt Sprache als eines der wichtiges Integrationsmittel in unserer Gesellschaft, und eine Frau sollte dementsprechend auch als Frau wahrgenommen und anerkannt werden. Das generische Maskulin erschafft gesellschaftliche Rollenbilder, so sprechen wir in der Regel von den Studenten, dem Arzt, dem Polizisten und dem Professor. Um Frauen in diesen Berufen/Beschäftigungen zu finden, muss man erst explizit die weibliche Form verwenden, während andere, „weibliche“ Berufe häufig dann nur in der weiblichen Form zu finden sind: Krankenschwester, Stewardess, Hebamme, Lehrerin, Kindergärtnerin.
Selbst beim Wetter schaut Marlies Krämer genau hin: Sie setzt sich momentan dafür ein, dass Wettertiefs nicht länger ausschließlich Frauennamen und Wetterhochs Männernamen bekommen. Tiefs, unten sind also die Frauen, oben die Männer? Dieser Ausdrucks des Patriarchats lehnt sie absolut und kompromisslos ab. Und das hat für sie nichts mit Männerfeindlichkeit zu tun - lediglich mit Gleichberechtigung.
Problematisch ist aber nicht nur das Wetter, es sind auch viele Straßenschilder: So setzt sich die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland Bund e.V. dafür ein, dass beispielsweise die Mohrenstraße in Berlin umgenannt wird. Wie kann eine Straße in Deutschland 2019 einen so rassistischen Namen tragen? Gegner der Umbenennungsinitiative führen an, dass damit die Menschen aus afrikanischen Ländern genannt worden, die in der preußischen Armee gedient haben, und es damit eine respektierliche, historische Bezeichnung wäre, die überhaupt nicht negativ gemeint war. Und damit bricht dann die Diskussion aus, was das Wort bedeuten soll, bedeutet hat, woher es kommt und wer es verwenden darf. Diese faktische Fragen rücken aber meines Erachtens in den Hintergrund, handelt es sich bei diesem Wort doch um eine Fremdbezeichnung. Eine, die diskriminierend genutzt wurde, und von der sich Menschen heute noch diskriminiert fühlen.
Das Problem scheint zu sein, dass sich die Mehrheit häufig keine Vorschriften von einer Minderheit machen lassen möchte, dass sie Angst um ihre Kultur und Traditionen haben, und um eine Schuldfrage. Die hitzigen Debatten, die Veränderungen an unser Sprache auslösen, demonstriert doch, wie wirkmächtig Sprache ist. Sprache kann unsere Denkmuster ändern, kann uns Raum bieten, uns auszudrücken, sie kann aber auch Machtverhältnisse ausdrücken. Und diese sollten wir dringend überdenken, vor allem wenn sie auf sexistischen, rassistischen, orientalistischen oder anderen, diskriminierenden Traditionen fußt.
https://www.bpb.de/politik/grundfragen/sprache-und-politik/42730/politische-korrektheit?p=all