Skierniewice
Johannes macht einen Ausflug nach Skierniewice und kommt bei den großen Bauten der Stadt, wie dem Bischofspalast oder der Johanniskirche, und in Museen mit der Geschichte der Stadt in Kontakt.
Einmal pro Woche rausfahren, das scheint eine gute Vereinbarung mit meiner Arbeitsmoral. Ohne mehr als Regen zu erwarten fuhr ich nach Skierniewice, einer mittelgroßen Stadt von knapp 50.000 Leuten auf halbem Weg nach Warschau. Deshalb war ich schon oft durchgefahren, doch ohne mehr als das Aushängeschild zu sehen: den Prestigebau des Bahnhofs mit Burganleihen. An der ehemaligen Strecke nach Wien gelegen wurde er extra für ein Treffen der Kaiser der drei Teilungsmächte gebaut. Skierniewice gehörte zum russischen Teil und wurde vom Zaren direkt seinem Bruder vermacht.
Das alles habe ich im interessantesten Teil gelernt, dem kleinen Lokalmuseum. Aber erst bin ich orientierungslos durch die verwirrten und hässlichen Straßen geradelt. Wenigstens der endlich gefundene Markt ist überraschend neu und hübsch mit Wasserspiel und Rathaus. Daneben die laut Wanderbuch supitoll klassizistische Johanniskirche und ein Straßenmarkt und dann war ich schon wieder verloren. Ich suchte den Hauptpunkt meines Wanderbuches, den Bischofspalast, fand aber nur einen kleinen Friedhof, wo sowohl Katholiken und Orthodoxe lagen.
Die Einwohner hatten selbst keine Ahnung, am Ende musste ich fast wieder ganz zum Bahnhof zurück. Dort ist der Palast, auf dem Gelände der alten Burg, wohl eines der tollsten klassizistischen Gebäude im Land und heutzutage das Gemüseinstitut.
Danach fand ich das Heimatmuseum, im niedrigen Holzhaus von Chopins erster Liebe. Das waren vier Räume mit den üblichen Gründungsakten, aber auch Fotos von Bismarck als Außenminister, den drei Kaisern und Fotos aus dem jüdischen Ghetto. Die wurden auch in solch kleinen Orten eingerichtet, aber nur kurz, sobald versammelt, wurden die Juden nach Warschau und ins Gas geschickt.
Und hier kam ich mit der Leiterin ins Gespräch, was mit der Synagoge passiert ist und dem Gebetsraum, und sie interessiert sich besonders für die jüdische Geschichte, und war als Jugendliche in Deutschland, und das auf dem Foto ist wirklich Bismarck, und warum die jungen Leute heute so ein romantisches Bild vom Sozialismus haben und dann war es schon nach Schließzeit.
Die Anwohner kennen zu lernen gefällt mir immer am besten. Nicht zuletzt weil sie einem den besten Ort für die anstehende Mittagspause empfehlen. Das 'Alhambra' bietet von einer ruhigen und grünen Terrasse spektakuläre Aussichten auf die umgebenden Betonklötzer.
Die Synagoge wurde gleich nach dem Einmarsch zerstört, doch ein kleiner Friedhof hat sich am Stadtrand erhalten. Im Sommer zwar in hohem Gras, aber sonst in gutem Zustand, schon 1947 gesichert und von Überlebenden ab 1993 mit neuen Grabsteinen für ihre Eltern versehen.
Am Ende wollte ich noch kurz in den nahen Landschaftspark, verfuhr mich wieder, kam aber trotzdem noch in irgendeinen Wald und schlief etwas auf einer Lichtung.
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