SCHNEECHAOS in England! Und unser Suzuki ist mitten im Geschehen...
Vor einigen Tagen überraschte der erste gefallene Schnee sämtliche Inselbewohner. Mittlerweile ist er schon zur Gewohnheit geworden, denn es schneit seit drei Tagen unaufhörlich. Trotzdem bleibt der britische Umgang mit dem Schneechaos einzigartig...
In England überschlagen sich die neusten Ereignisse, neben den absolut berechtigten Studenten-Protesten gegen rund GBP 9000 Studiengebühren pro Jahr setzen auch die weißen Flocken des gefrorenen Regens die englische Bevölkerung unter enorme Stresshormone. Über die letzten Tage hinweg fiel in unserer Region rund 40 cm Neuschnee was konkret bedeutet, dass die Schulen geschlossen bleiben und die meisten wichtigen Autobahnen gesperrt sind.
Man muss wissen, dass in der englischen Weltüberzeugung die Möglichkeit des Schneefalls so lange nicht existiert, bis das besagt gefrorene Wasser tatsächlich vom Himmel fällt. Somit findet man an fast allen englischen Automobilen zur Zeit noch Sommerreifen, die Sommershorts werden immer noch mit Würde getragen und ab und an sieht man auch noch ein Paar Flip-Flops an wettergegerbten britischen Füßen flipp-floppen. Auch an den Rädern von unserem roten Suzuki-Flitzer findet man nur Gummi, dass hauptsächlich im Sommer überzeugt. Somit sollte es auch uns schwer fallen uns in den nächsten Tage motorisiert fortzubewegen. Was diesen Fakt stützt ist die Erfahrung, die Jana und Debby (zwei meiner Mitbewohnerinnen) mit unserem Suzuki auf beschneiter Fahrbahn gemacht haben.
Denn wie jeden Dienstagabend waren sie auch letzten Dienstag wieder auf dem Weg zum Fitnessstudio. Zwar hatten sie den immensen Schneefall über den Tag hinweg wahrgenommen, wiegten sich jedoch auf der sicheren Seite, da die meisten Straßen gut geräumt und gestreut waren. Die Schneefallrate verdichtete sich aber während Debby und Jana auf dem Stepper und Laufband schwitzten und somit hatten sie auf dem Rückweg mit erheblich schlechteren Straßenbedingungen zu kämpfen. Der Frost hatte eine rutschige und unberechenbare Schneedecke auf den Fahrbahnen gewebt, welche die beiden zu dem Entschluss kommen ließ das Auto am Rand einer Straße zu parken und anderweitig Hilfe aufzusuchen. Gerade als Jana etwas holprig mit dem Auto von der Straße geschliddert war und es auf einem Parkplatz an der Straßenseite sicher zum stehen gebracht hatte (also um genau zu sein: gerade als Jana den Zündschlüssel erleichtert herumgedreht und der Motor seinen Betrieb eingestellt hatte) drang ein Geräusche vom Heck des Autos an die Ohren der beiden Freiwilligen, dass die beiden aufhorchen ließ. Es war nicht das Geräusch des leisen Schneefalls auf das Autodach, es war eher eines von lauter Natur das im Unterton den Anklang der Zerstörung mit sich brachte. Als dann Jana in den Rückspiegel blickte bemerkte sie, dass ein anderes Auto versucht hatte elegant in ihrem Kofferraum zu parken. Etwas schockiert über die Ereignisse stiegen Debby und Jana aus dem Suzuki um sich die Personalien des aufdringlichen Kofferraumparkers zu sichern (natürlich aus Versicherungsgründen). Sie mussten nach einem kurzen Gespräch mit dem Besagten jedoch feststellen, dass dieser sehr nett und kooperativ war. Gerade als diese Feststellung in ihre Köpfe schoss hörten sie das nun etwas vertrautere Geräusch wieder und fragten sich dieses Mal, ob schon wieder jemand versucht hatte in ihrem Kofferraum zu parken. Nach kurzem analysieren der Situation stellten sie fest, dass eine philippinische Mitbürgerin fröhlich schlitternd versucht hatte einen geeigneten Platz für ihr Gefährt in dem Auto des ersten Kofferraumparkers zu finden, dessen Auto wurde in der Zwischenzeit natürlich etwas von unseren wegbewegt (um den entstandenen Schaden begutachten zu können), doch nach der philippinischen Schlitterattacke stand Autodomino auf dem Plan und Jana und Debby konnten wieder einen wohlbekannten Gast in ihrem Kofferraum begrüßen.
Als man dann die philippinisch Attackierende näher kennen lernte merkte man schnell, dass diese mit den gerade geschehenen Ereignissen nicht nur den unfallfreien Satus ihres Fahrzeuges verlor, sondern auch ihre Nerven. Etwas wirres Zeug murmelnd und zitternd war die Philippinin kaum kommunikationsfähig, dennoch konnte man sie davon überzeugen, dass man in ein auf der anderen Straßenseite liegendes Kebab-Haus geht und sich dort mit einer Tasse heißen Tee aufwärmt um gemeinsam auf das Eintreffen der Polizei zu warten (über die Engländer muss man außerdem noch wissen, dass die Welt untergehen könnte und trotzdem würden die meisten Engländer nochmal zu einer Tasse heißen Schwarztee greifen, denn eine Tasse Tee macht stets sämtliche Probleme um einiges besser).
Aus einiger Entfernung betrachtete Jana die Unfallstelle doch mit einiger Zufriedenheit, denn sie musste feststellen, dass ihr ursprünglich gefasster Plan soweit von ihrem Vordermann wegzuparken das wenn man ins schlittern kommt doch noch genug Raum vorhanden ist um einen Crash zu vermeiden, bis jetzt gefruchtet hat. Trotz einiger Kofferraumcrashs (und somit einigem vorwärts schlittern) stand man noch ein Stück vom Vordermann weg. Als man sich dann auf den Weg ins Kebab Haus machte konnte vor allem die Philippinerin ihren Augen nicht trauen. Gerade in dem Moment als man sich auf den Weg machen wollte krachte ein Land Rover in ihr Heck. Das Schicksal hatte beschlossen das Spiel des Autodominos wieder aufzunehmen. Somit schlitterte das Auto der Philippinerin wieder gegen das Auto des ersten Kofferraumparkers, dessen Auto schlitterte in unser Auto und unser Auto schlitterte vorwärts und blieb nur Millimeter vor der Stoßstange des Vordermannes stehen.
Der Fahrer des Land Rovers hielt von Kooperation in Bezug auf die kürzlich passierten Ereignisse nicht so viel. Er stieg wutentbrannt aus, knöpfte sich die eh schon am Rande des Nervenzusammenbruchs wandelende Philippinerin mit ein paar wüsten Beschimpfungen vor und stieg dann in seinen Geländewagen und düste wieder davon.
Somit hatten Jana und Debby an diesem Abend drei Unfälle und eine Fahrerflucht miterlebt und das alles nur, weil die Briten zu Faul sind sich über Winterreifen in Kenntnis zu setzen.
Nach all den Ereignissen holten dann unser Supervisor und ein Angestellter der Schule Debby, Jana und den Suzuki ab und brachten sie unbeschadet zur Schule zurück.
Da alles heißer gekocht als gegessen wird, ist Jana und Debby nichts passiert und unser Auto hat nur ein paar Lackschäden am Heck.
Dennoch lernen wir aus den Ereignissen, dass Philippinerinnen schwache Nerven haben, die britischen Kebab Häuser guten Tee servieren und das mit Schnee auf britischen Straßen nicht zu Spaßen ist.
Deswegen werden wir in den nächsten Tagen mehr Gebrauch von den uns angeborenen Füßen machen.
Grüße aus dem verschneiten England!
Cheerio!
P.S.: Natürlich habe ich auch noch Anderes in den letzten Wochen erlebt (z.B.: waren wir noch in Canterburry, Cambridge und Brighton). Davon werde ich euch aber erst in meinem nächsten Artikel berichten, ihr müsst euch also noch ein bisschen gedulden. Die aktuellen Ereignisse waren einfach brisanter.
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