Russland und die Religion
In Russland, welches so viel größer als viele andere Länder ist, sind selbstverständlich auch viel mehr Unterschiede.
Russland und die Religionen
Bevor Lenin als glorreicher Retter des Proletariats ins Rampenlicht trat, vor fast einem Jahrhundert, war im Zarenreich Russland die Russisch-Orthodoxe Kirche Volksglauben seit mehreren Jahrtausenden.
Im Grunde ähnelt dieser Glauben dem Katholischen. Sonntags treffen sich Gläubige zu einem Gottesdienst, der drei Stunden lang geht, wobei Pünktlichkeit und Verlassen des Gottesdienstes nicht sehr streng gesehen werden. Der Gesang, begleitet von Weihrauch und dem Sprenkeln von geweihtem Wasser, gilt dabei als Gebet, Instrumente werden nicht gespielt.
In solchen, so zahlreichen russisch-orthodoxen Kirchen sind sehr viele Ikonen an den Wänden, vor denen man sich bekreuzt und manchmal küsst. Interessant finde ich persönlich, dass es in jeder Kirche einen kleinen ‚Shop‘ gibt, in dem man kleine Ikonen, Armbänder mit Ikonen, Kerzen und Kreuze erwerben kann. In vielen Bussen und Autos sieht man Ikonen bei dem Fahrer, welche ihm, im Rhythmus der Straße schaukelnd, Glück und Sicherheit geben sollen.
Durch die Sowjetunion und deren Prinzipien, die unter anderem, die Trennung von Kirche und Staat beherbergten, wurden viele dieser Kirchen zu anderen Zwecken verwendet. Es wurde hier in St. Petersburg, aus einer Kirche ein Schwimmbad gemacht, meine Mitbewohnerin erzählte mir, dass man es heute nicht mehr stark erkennen würde, aber erschreckend sei es dennoch.
Unter der Herrschaft von Stalin wurde die Situation der Gläubigen jedoch lebensgefährlich. Ich erinnere mich an die Geschichte von einer Frau, die die Tochter eines Bischoffs war, welcher verfolgt und nach Sibirien zu Zwangsarbeit verurteilt wurde. Die Frau, hatte ihr Leben lang unter Unterdrückung und Ausgrenzung zu leiden. Sie bekam aufgrund ihres Vaters keine gute Ausbildung, keine ausreichende Arbeit oder medizinische Hilfe.
Nach dem Zerfall der atheistischen Sowjetunion begann das geistliche Leben wieder zu leben. Die Kirchen wurden aufgebaut, die Menschen bekannten sich zu ihrem Glauben.
Die anderen Glauben begannen auch wieder zu erwachen, Synagogen, Moscheen und Tempel erstrahlten langsam wieder glanzvoll.
Heute befinden sich über 150 Konfessionen in diesem gewaltigen Land und es ist wirklich schön und spannend zu sehen, wie sie alleine in St. Petersburg gelebt werden. Manchmal treffe ich auf Krishna-Anhänger, die singend und tanzend durch die Straßen ziehen, stehe plötzlich vor einer riesigen, wunderschönen Moschee, aus der gerade Männer mit zusammengerollten Teppichen kommen oder sitze in einem Jüdischen Gottesdienst und lausche dem hebräischen Gesang.