Russischer Frühling
Komplett ohne Metaphern. Und Ironie.
Der russische Frühling ist eigentlich schon seit einiger Zeit am Kratzen an der eisigen Winterschicht, die alles hier überzieht. Der Boden ist bedeckt mit grauem Schnee, Eis auf allen Straßen ermöglicht die Fortbewegung nicht wirklich und sorgt dafür, dass selbst der teure Geländewagen schlittert, wenn er nicht auf den extra freigeräumten Straßen fährt. Und doch hält sich die Kälte, Glätte und der Schnee wacker. Der Sand ist sowieso schon alle und bald schmilzt es doch eh.
Die Metro ist voller Frauen, die selbst in den düsteren Schächten des Untergrundes ihren Pelz nicht ablegen. Sie stolzieren in die Bahn, nehmen voller Stolz Platz, wo junge Männer aufstehen und ehrfürchtig die nächsten Haltestellen stehend verbringen. Es wird, denen die eine andere Sprache sprechen ein langer, seltsamer Blick zugeworfen. Mir wurde erklärt, dass die meisten Russen dächten, man rede über sie, wenn die Sprache unbekannt ist. Also wird ignoriert oder bei eventuellen Fragen auf brüchigem Russisch schnell und knapp geantwortet. Die Fronten sind klar.
Zu meiner Arbeit: es fällt mir schwer, in dem System, in dem ich arbeite etwas zu verändern. Die Chefin hat sich bei dem letzten Treffen mit empörten Freiwilligen noch nicht einmal mitgeschrieben. Sie sagte, sie höre sich jetzt unsere Klagen und konstruktiven Vorschläge an. Ließ es sich von der Dolmetscherin übersetzen und nickte. Danach hieß es, wir sollten uns doch demnächst an die Menschen wenden, die direkt über uns seien und sie hätten ja schon alles versucht, um die Lage zu verändern, die Angestellten wollten sich einfach nicht verändern. Auf die Frage die ich direkt stellte, ob wir Mentoren bekommen könnten, reagierte die ältere Dame allerdings erschreckend aufmerksam. Es gibt dann jemanden der uns zuhört, eine Art Klagemauer.
Doch feierte man erst neulich Maselniza. Das Fest der Vertreibung des Winters. Ich könnte dazu sagen, dass man eine große Puppe mit aufgeschminkten roten Backen, roten Lippen und großen Augen verbrannte,... Leider war das noch vor den Wahlen, die neuen Puppen zum Neuanfang des Jahres, zur Vertreibung des Winters hätte ich gerne gesehen.