Radio GaMashie
Nachdem schon ein Willkommensgefühl beschrieben, die Menschen besungen und die Geschichte von Banku, dem kleinen Klößchen, erzählt wurde, da bleibt eigentlich nicht viel übrig, meint der Beschränkte. Andererseits geht der Ernst der Lage jetzt erst richtig los: Ich muss euch ja auch bezüglich meines Projektes auf dem Laufenden halten (wie ein Fitnesstrainer). Darum Schranken hoch und gute Fahrt!
Ja, ich bin spät dran, liebe Freunde, Verwandte, Mitstreiter und Internet-Verirrte. Zumindest heute früh auf dem Weg zur Arbeit war ich das und auch was die heutige Thematik angeht. Der Blog sollte dennoch im Rahmen der nächsten Dekade vollendet werden.
Zumindest erscheint er noch vor dem 21. Oktober in dank Postkutsche in eurem Email-Fach. Vor jenem geschichtsträchtig anmutenden Tag. Und nein, liebe Leserschaft, ich spiele nicht auf den Geburtstag von Alfred Nobel an, auch wenn sich jeder frei fühlen darf diesen zu zelebrieren. Neint, es betrifft Radio GaMashie. Also das kleine Studio, welches in letzter Zeit von zu lauter Musik und diversen Kreativköpfen aus der eigenen Genügsamkeit gerissen wurde und dennoch so geduldig all die Spinnereien unkommentiert lässt, die bei Planungsfindungen als Nebenprodukt unerläßlich sind.
Ja, das Radio lebt!! Ab Samstag dient es als vollwertiges Mitglied der Community und deren Unterstützer. Es ist wieder bereit seine Stimmbänder für die Geschichten&Phänomene der Locals zu öffnen.
Wieder? Zeit, einen Blick hinter den Projekt-Vorhang zu werfen!
2014 gründete Nii Kwartey Owoo (29) JT Live Radio, mit dem Ziel seiner Heimat Old Accra (GaMashie, James Town + Usshertown) und der Community der Ga-Ethnie eine Stimme und ein Zentrum der medialen Weiterentwicklung zu geben. Wie es üblich ist, lud er lokale, große politische Köpfe, Chiefs und Kings ein, um ihnen das Projekt zu präsentieren und sie daran teilhaben zu lassen (einen Exkurs in das gesellschaftliche System Ghanas wage ich später, wenn ich nicht gerade Projekten gleicher Größenordnung nachjage). Die besagten VIPs sagten jedoch alle ab und dem Community-Radio keine weitere Entwicklung zu, sie trauten dem jungen Nii die Umsetzung eines solchen Projektes nicht zu. So stand Nii verbittert da, mit der Idee für eine Community, deren Entscheider sie nicht für wertvoll befanden. Doch das tolle am jugendlichen Elan und noch frischeren Ideen ist, dass man häufig schon allein aus Trotz versucht, sie durchzuboxen. Die Absage der Chiefs ist aber beispielsweise Grund dafür, dass das Radio bis heute keine Frequenz hat, sondern ein Online-Radio ist.
So begann Nii, von seiner Idee und 1,2 Mitstreitern getragen, das Studio aus eigener Tasche aufzubauen, Inhalte zu entwickeln und das Radio zu vernetzen. Er fand Unterstützung durch andere Organisationen und entwickelte viele gesellschafts-themenrelevante Podcasts und betrieb so Bildung, vor allem mit lokalen Problemen im Fokus (Teenage-Schwangerschaft, HIV, Einstellung zu Bildung). Nach verschiedenen Enttäuschungen und finanziellen Schwierigkeiten, schlief das Radio-Projekt vor 2 Jahren langsam ein, Nii selbst nahm eine Stelle als Dozent an einer britischen Hochschule an, auch um das Radio weiter zu finanzieren. Auf Grund des Verbots von kommerzieller Radiowerbung für ein derartiges Community-Radio und vielen Absagen auf der Jagd nach Unterstützung fiel das Radio in ein Loch. Die Grund-Idee blieb.
Sprung in Kapitel 2: Das Radio erwacht!!! Zusammen mit Nii und seinen Mitstreitern, darf ich Zeuge eines Wandlungsprozesses werden, der stetig neue Facetten aufbringt und das Studio auf den Kopf stellt. Das Radio heißt jetzt GaMashie, sendet auf dem ga-basierten Community-Channel Radio GaMashie und dem englischen Channel A World in Accra, welcher den Gesamtfokus auf die Präsentation Ghanas in der internationalen Medienlandschaft legt und auch Exil-Ghanaer erreichen soll. In der Wirkungszeit meiner Vorfreiwilligen ist das Studio in andere, größere Räumlichkeiten umgezogen und die Grundbausteine für ein ordentliches Lego-Haus.... ähh Recording-Setup wurden gelegt. Und jetzt darf ich meinen Beitrag dazu leisten. Darf meiner Kreativität freien Lauf lassen, unter tickenden Uhren mit Gleichgesinnten planen, spekulieren und über Nebensächlichkeiten streiten, aber noch viel mehr: Ich produziere Jingles, entwerfe Show-Konzepte, plane Events, gebe lokalen Künstlern die Möglickeit aufzunehmen und ihre Tunes zu editieren und plane die Präsenz des Radios in den sozialen Medien (also dem mysteriösen Ort, an dem es von unnötigen Katzenvideos nur so wimmelt). Außerdem connecte ich mich mit den Leuten hier in James Town und locke Interessierte aus den verschiedensten Vorwänden ins Studio (nein, keine süße Tierbabys). Die braucht es auch gar nicht, denn wenn nach nach unzähligen Planänderungen und der Kommunikationskette zu meinem Chef (momentan im UK) der eigene Frischheit leidet, dann ist es wie ein Softdrink für die geistige Dörre, positiv überraschte Rückmeldungen zu kriegen: "Das es sowas hier gibt....hätte ich nicht gedacht.." .
Aber vor allem ist es unglaublich fresh, dass es seit neustem auch 3 lokale Freiwillige gibt. Also 3 Jungs aus James Town, die neben ihrer Arbeit, ihrem Studium und anderen Projekten dennoch in den Abendstunden mit einem motivierten Grinsen auftauchen und in stickigen Studio-Stunden ihre Ideen entwickeln und umsetzen. Zusammen mit Kathrin und Moritz, meinen Mitfreiwilligen, die vor wenigen Wochen/Tagen auch Teil geworden sind, ist das jetzt Brainstormen auf hohem Niveau. Und auch wenn ich gerne den Spielverderber spiele und den gedanklichen Schnellzug mit Hinblick auf Deadlines und sprintende Uhrenzeiger bremse, so bemerke ich doch die Wirkungsweise eines Community-Radios.
Selbige ist selbstverfreilich die Symbiose, dass das Radio natürlich der Communtiy dient, ohne deren Einspeisung und Aktion aber gar nicht funktionieren würde. Allein ich mit meinen wenigen Brocken Ga (von "Was geht ab?" über "Ich kaufe Brot" zu "Ich weiß nicht") kann keine Show auf die Beine stellen, die über dauerhafte musikalische Beschallung hinausgeht und auch im Bezug auf Musik steck ich noch tief im Lernprozess, freue mich aber jedes Mal wie ein 8. Klässler, wenn ich den neusten Hit auf mein Handy lade.
Das Radio soll die Community bereichern, aber momentan bereichert es vor allem auch mich. Aber auch Anwohner sind begeistert von der Idee eines Radios für Old Accra und legen ihren GaMashie-Hintergrund offen aus, der von manchen nach außen bedeckt gehalten wird. Denn das GaMashie mit Problemen wie Armut, daraus resultierend fehlender Bildung, Teenage-Schwangerschaft und Jugendarbeitslosigkeit zu kämpfen hat, das ist kein Geheimnis. Dass sie sich aber eben ihrer eigenen Vernetzheit, ihrer Stärke, ihres Potenzials bewusst wird, auch um diese Probleme zu bekämpfen, das ist das langfristige Ziel des Radios. Und auch wenn jeder Pesewa (100 Pesewa = 1 Ghanaischer Cedi) nach wie vor umgedreht wird, so zeigt der aktuelle Schaffensprozess, dass es auch ohne die Unterstützung der BigShots ein Anliegen ist, was sich umsetzen lässt. Noch brodelt es in der Radio-Küche, am Samstag wiird abgeschmeckt und aufgetafelt - heiß, frisch und mit ordentlich Pepe!
Nachdem wir in den letzten Tagen das Studio gemalert und die Setups vervollständigt haben, Shows entwickelt und Schwerpunkte gesetzt haben, sollen die Möglichkeiten des Studios am Samstag wieder in das Bewusstsein der Leute gerufen werden. Dafür werden wir einen bunten Umzug durch die Community starten und Zuckerstangen verteilen. Naja....ähhm. Flyer, es werden Flyer sein. Begleitet von einer Trommlergruppe, der eigenen Überzeugung und Gottes Segen wird Team Radio die frohe Botschaft zu den Menschen bringen und sie aufmuntern vorbeizuschauen und teilzuhaben, um dann abends bei einem Tropfen vergänglichen Hochgefühls den Tag gelungen abzuschließen und sich für den Ansturm aufs Studio am Montag zu wappnen.
Ob der Ansturm tatsächlich eintrifft bleibt offen. Vielleicht kommt er, vielleicht bleibt er aus. Jetzt gilt es die Talente der eigenen, lokalen Jugend zu erkennen und sie zu motivieren, selbst Teil und werden und das eigene kulturelle Leben aktiver zu gestalten. Die Möglichkeiten sind da. Natürlich enden einige Gedankenketten noch im Nichts, Pläne scheitern und man blickt manchmal sehnsüchtig dem Feierabend entgegen, aber wir haben ja nichts zu verlieren und noch zu viel umzusetzen!
HipHop-Jam, African Studies und Kinder-Lesung sind auf jeden Fall schon in Planung. Und noch vieles weiteres ist festgehalten irgendwo zwischen den Sternen und der Glaskugel und das ist gar nicht soweit weg wie man "gemeinhin" annimmt. Solang man es gemeinsam anpackt.
So... ich denke das ist ein gutes Schlusswort... wartet.. nee, besser wirds leider nicht.
Beste Grüße aus dem Terminplaner
ThomasKojo
PS: Ein Rezept für frischen Radio-Genuss:
1. a) Man gönne sich ein Smartphone (auch in der modernen Küche unerlässlich).
b) Man klicke auf den Link, welchen ich in naher Zukunft hier einfügen werde:
a) 2. Man downloade die App "TuneIn" aus seinem Appdealer des Vertrauens.
3. Man suche nach Radio GaMashie und A World In Accra und füge sie zu seinen Favoriten hinzu.
4. Man genieße und supporte!
PPS: Ich musste auf Grund eines unvorhersehbaren Crashs diesen Blog aus dem Gedächtnis ein zweites Mal schreiben, man verzeihe mir also ein paar Unstimmigkeiten...