Ostern auf Sizilien
Über das Feiern eines christlichen Festes auf einer Insel, auf der Religion einen sehr hohem Stellenwert hat.
Modica, eine Stadt mit circa 55.000 Einwohnern im Südosten Siziliens ist bekannt für Schokolade. Ich binaber nicht nur wegen der Schokolade nach Modica gereist, sondern um dort den Ostersonntag mit Freunden zu verbringen. Am Ostersonntag feiern Christen auf der ganzen Welt die Auferstehung Jesu, Gottes Sohn, von den Toten. Dieser wurde zuvor zum Tode verurteilt und gekreuzigt. was am Karfreitag, dem Freitag vor Ostersonntag betrauert wird. Für das Christentum handelt es sich dabei um das wichtigste Fest überhaupt, denn es manifestiert den Glaube an ein Leben nach dem Tod und die Erlassung aller Sünden durch Jesus‘ Opfer.
Ostern (ital. Pasqua) feiern, dass bedeutet in Modica allerdings etwas anderes, als ich es aus Deutschland kenne. Denn Ostern in Modica ist sowohl ein Spektakel, eine wahrhaftige Sause, als auch ein besinnliches Fest mit der Familie bei dem man sich Zuhause mit Verwandten und Freunden trifft, um mit. ihnen Zeit zu verbringen und zu essen. Sehr beliebt dafür sind Cassata ein typisch sizilianisches Gebäck, speziell für Ostern, bestehend aus gesüßtem Ricotta-Käse, Marzipan und kandierten Früchten und Colomba Pasquale (Ostertaube), ein taubenförmiger Kuchen, hergestellt aus einem Hefeteig. Für die Kinder gibt es riesige Schokoladeneier und kleine Geschenke.
Bevor man allerdings in den kleinen Kreis einkehrt, bleibt man nicht unter sich, sondern feiert gemeinsam, mit Freunden, Nachtbarn und Fremden auf der Straße. Die Einwohner Modicas und die der benachbarten Dörfer treffen sich herausgeputzt auf der Hauptstraße undden Plätzen der Stadt oder tummeln sich auf den Balkonen der umliegenden Häuser um sich die Prozession anzuschauen. Sogar Kamerateams und Reporter sind vor Ort, um die Bilder auch an die Menschen weiterzugeben, die an diesem Tag nicht in Modica sein können. Die Prozession selbst wird mit Pauken und Trompeten angekündigt, Fahnen werden von traditionell gekleideten Menschen durch die Luft geworfen während die Stimmung ausgelassen ist, die Zuschauer begrüßen einander, man plaudert und lacht. Als jedoch der wichtigste Teil der Prozession beginnt, wird es plötzlich still und alle Augen sind auf die in schwarz gehüllte Statue der Maria gerichtet, die ganz langsam durch die Menge getragen wird. Vom oberen Ende der Straße kommt ihr die Statue des auferstandenen Jesus entgegen. Als die beiden Statuen nur noch knapp 50 Meter trennen, wirft Maria ihr schwarzes Gewand ab, darunter trägt sie ein schillerndes Kleid in blau und gold und weiße Tauben die in diesem Moment in alle Richtungen fliegen. Die Statuen werden weiter aufeinander zugetragen bis Maria und Jesus sich an der Piazza San Domenico direkt gegenüberstehen. Nun fällt auf, dass die Statue der Maria beweglich ist. Sie kniet vor Jesu und gibt ihm einen Kuss. Darauf hat die Menge gewartet, sie beginnt zu tosen, zu jubeln und zu applaudieren. Viele machen Fotos und über den Bergen von Modica wird ein Feuerwerk gezündet. Ein atemberaubender Moment. Von da an werden die beiden Statuen gemeinsam, nebeneinander her, durch die Straßen getragen bis sie ihrZiel, die Kirche Santa Maria di Betlem, erreicht haben, wo im Anschluss eine Messe gefeiert wird.
„Jesus Christus ist auferstanden von den Toten und sie, Maria hat gesehen, dass es wahr ist.“
Das ist der Kerngedanke, der in Modica gefeiert wird. Die Beziehung zwischen Mutter und Sohn, die Familie steht im Mittelpunkt der Feierlichkeiten. So ist es auch nicht verwunderlich, dass der Altersdurchschnitt der Zuschauer bei circa 25 -30 Jahren liegt, denn viele junge Leute, insbesondere Studenten kommen für Ostern nach Hause um die Feiertage mit der Familie zu verbringen und sie schauen. sich die Prozession zum Teil aus religiösen, zum Teil aus nostalgischen Gründen am.
Da 97% aller Sizilianer Katholiken sind und Kirche und Religion in Leben der Menschen eine große Rolle spielen, finden in vielen Städten Siziliens und auch in den kleinen Dörfern am Gründonnerstag, Karfreitag und/oder Ostersonntag die Osterfeierlichkeiten mitten in der Stadt statt. Die Thematik und die Umsetzung variieren allerdings immer ein bisschen. So werden vieler Orts religiöse Theaterstücke aufgeführt, in denen das „Gute“ symbolisch über das „Böse“triumphiert oder es werden Tänze in traditionellen Kostümen getanzt. Am verbreitetsten sind aber Prozessionen in denen Statuen Marias und Jesus‘ durch die Städte getragen werden, so wie es in Modica ist.