Odessas Tag des Humors
Eine Zugfahrt de ist lustig und Odessa noch viel mehr :)
Frei nach dem Motto „Eine Zugfahrt, die ist lustig“ habe ich mich vor einiger Zeit mit einigen meiner lieben Freiwilligen-Kollegen aus Chisinau auf den Weg nach Odessa gemacht. Da das wirklich erwähnenswert und ich leider die letzte Zeit zu schreibfaul war, hier der Nachtrag.
Also ging es am Samstag, den 31. Februar 'früh morgens' los zum Bahnhof. Die Tickets hatten wir schon ein paar Tage davor gekauft, sodass alles relativ entspannt starten würde. Dachten wir. Doch die öffentlichen Verkehrsmittel Chisinaus sind (zumindest für mich und anscheinend auch für andere Frewillige) total unberechenbar. So durfte ich mal wieder etwa eine halbe Stunde warten, bis die ersten Mitfahrer ankamen und schlussendlich waren wir doch erst 1 Minute, bevor der Zug abgefahren ist, vollständig am Bahngleis versammelt. Da musste natürlich noch der Ticket- und Ausweis-Check von genervten, nicht Englisch sprechenden Bahnbeamten durchgeführt werden. Dennoch schafften wir es, unser für 3 Tage viel zu massiges Gepäck (ja, wir waren hauptsächlich Mädchen) und uns selbst in eines der Zugabteile zu quetschen.
Dass im Zug die Zeit vor etwa 100 Jahren stehen geblieben war, war uns allen schon irgendwie von vornherein klar. Wie unbequem eine fünfstündige Zugfahrt auf Holzbänken in einem nicht-klimatisierbaren Wagon, in dem teilweise nicht mal die Fenster aufgehen, werden würde, konnte ich mir bis dahin jedoch nicht vorstellen.
Und ich kann euch sagen, wir haben überlebt und sind auch wirklich gut gelaunt im windigen und relativ kühlen Odessa angekommen.
Jedoch war das Datum nicht willkürlich gewählt, das Wetter und vor allem das Meer wäre später im Jahr sicherlich touristenfreundlicher gewesen. Nein, wir wollten am Tag des Humors, dem Ersten April (wer hätte das gedacht?), das große Festival miterleben. Ehrlich gesagt, hatte keiner von uns auch nur die leiseste Ahnung, was es damit auf sich hatte.
Auch wussten wir zu diesem Zeitpunkt nicht, wo wir wohl schlafen würden. Couchsurfing hatte nicht funktioniert und alle Hostels waren entweder zu teuer oder schon ausgebucht (was eigentlich vorhersehbar war). Unsere einzige 'Hoffnung' stellte deswegen ein Appartement dar, dass man für kurze Zeiträume buchen konnte. Die einzige Verbindung hierzu war eine Büroadresse, die wir dann auch direkt am Samstag Mittag aufgesucht haben. Nach etwas Suchen fanden wir diese auch relativ gut und 'Mission Appartement' konnte starten. Drei todesmutige Freiwillige stürmten also das Büro, das mehr als das Wohnzimmer der darin lebenden Familie angesehen werden konnte. Schon nach kurzer Zeit kamen sie triumphierend wieder zu den Wartenden zurück und dann ging es erst mal zu den Objekten unserer Begierden (in diesem Fall Betten und Duschen).
Das Appartement war wirklich besser, als wir es uns für diesen Preis hätten erträumen können: Ein großes Bett und ausziehbare Sofas im Wohnzimmer, Fernseher in jedem Raum (mit ausschließlich ukrainischen Sendern, aber wir sind ja nicht wählerisch), eine Küche, ein funktionierendes Badezimmer und einen Computer mit Internet. Auch die Lage war nicht zu verachten: direkt bei den berühmten Stufen Odessas, die zum Hafen hinunter führen.
Nach dieser doch etwas langen Reise passierte außer neugierigen Erkundungsgängen und einem mitternächtlichem Abendessen nicht mehr viel.
Doch am nächsten Tag wurden wir schon um 10 Uhr morgens von laut pochender Elektromusik aus unseren Betten gescheucht. Das Festival fing unserer Meinung etwas früh an, sodass wir uns beschlossen, erst einmal unverkleidet einen Spaziergang zum Hafen zu unternehmen und nebenbei die Lage auszukundschaften.
Was uns außerhalb der schützenden Mauern erwartete, war schon ein Bild für sich. Überall schrill verkleidete Menschen, ein ohrenbetäubendes Sprachengewirr und nicht zu vergessen die überall präsente Musik. Da auch wir hauptsächlich für dieses Festival gekommen sind, fiel der Hafengang wohl etwas kürzer aus als das an anderen Tagen der Fall gewesen wäre und zurück im Appartement wurden erst mal die selbst gebastelten Kostüme herausgeholt.
Nach gut zwei Stunden an- und wieder ausziehen, schminken und Haare richten (wie gesagt, hauptsächlich Mädchen), waren wir dann bereit für das große Fest.
Den Rest kann man eigentlich schön kurz zusammenfassen: viele andere Chisinau-Freiwillige getroffen, den Geburtstag von einer dieser gefeiert, das Fast mit der Menge genießen.
Gegen 10 Uhr Abends kam dann das große Finale: ein mehrere Minuten anhaltendes Feuerwerk.
Danach war alles vorbei, die Straßen waren wie leergefegt und auch in den Bars war keine Spur mehr von dem ganztägigen Spektakel zu finden. Trotzdem ließen wir den Abend in einer Lounge-Bar ausklingen.
Am nächsten Tag hieß es dann wieder Packen und auf nach Hause. Auf dem selben Wege, wie wir auch nach Odessa gekommen waren. Nur war es dieses Mal im Zug wirklich so heiß, dass man kaum atmen konnte. Das lag wohl nicht nur daran, dass das Wetter draußen wärmer geworden war, sondern auch daran, dass der Zug dieses Mal komplett voll war.
Nach weiteren fünf Stunden Fahrt und drei Passkontrollen (Ukraine, Transnistrien und Moldawien) fühle sich wohl jeder von uns wie magisch von seinem Bett angezogen.
Ende der Geschichte :)
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