NHS
National Health Service: Das Gesundheitssystem in England
Jeder, der von euch schon mal Zahnschmerzen gehabt hat, insbesondere, wenn es um Weisheitszähne ging, wird mir zustimmen, wenn ich sage: Es ist einer der ekeligsten Schmerzen, die es gibt! Letzte Woche Dienstag hat sich einer meiner Weisheitszähne spontan dazu entschlossen zu wachsen und mir den Rest der Woche zur Hölle zu machen. Das Unangenehme an diesen Schmerzen ist, dass sie sich über deinen halben Schädel ausbreiten, nach oben zur Schläfe, nach hinten zum Ohr und nach vorn, durch den halben Kiefer. Man will nichts essen, nicht sprechen, nicht lachen. Tja, blöd gelaufen, wenn man als Host arbeitet! Einfach zu hause bleiben und sich gesund pflegen geht auch nicht, weil: 1. Verdiene ich dann kein Geld und 2. Wären meine Kollegen total überfordert. Mein Manager war richtig nett zu mir, er ist mehrmals während der Schichten zu mir gekommen und hat mich gefragt, wie es mir geht, mir Tipps gegeben, was ich machen kann und mich auch zwei mal etwas früher nach hause gehen lassen. Ich habe drei bis vier mal am Tag Schmerzmittel genommen, um die Schmerzen erträglich zu machen (weg waren sie nie). Meine Schmerzen haben mich nachts wach gehalten, sodass ich auch dauernd müde war. Am Samstag habe ich es dann nicht mehr ausgehalten und wollte vormittags zum Zahnarzt (dort konnte ich vorher auch nicht hin, weil ich Doppelschichten gearbeitet habe).
Und das bringt mich zum eigentlichen Thema meines kleinen Beitrags: NHS. NHS steht für National Health Service und ist das staatliche Gesundheitssystem in Großbritannien. Es bietet jedem, der im Vereinten Königreich wohnt, kostenlose medizinische Versorgung (im primären und sekundären Bereich). Wie das geht? Durch Steuergelder. Um sich bei NHS zu registrieren, geht man zu einem Allgemeinarzt in seiner Nähe, füllt dort ein Formular aus und bekommt anschließend eine NHS Nummer, die man bei allen folgenden Arztbesuchen angeben muss. Das einzig Negative an NHS: Frag nicht nach Wartezeiten! In Großbritannien herrscht Ärztemangel, wodurch es zu unglaublich langen Wartezeiten kommt. So war es auch bei mir, als ich Samstag morgen total übermüdet und einfach nur fertig von den Schmerzen die Zahnärzte anrief, die in meiner Nähe am Samstag geöffnet hatten. Unter drei Wochen Wartezeit ging nichts! Ja Klasse! Ich hatte aber jetzt Schmerzen! NHS hat auch für solche Fälle eine Lösung. Auf ihrer Website gibt es eine Nummer, die man anrufen kann, wenn man dringend medizinische Hilfe braucht, es aber kein Notfall ist. Also habe ich dort angerufen, mich durch ein Frage-Antwort-Gespräch mit einem nuschelnden Engläder gequält, in dem ich beschrieben habe, was ich für Schmerzen habe und wo sie herkommen. Nach 20min wurde ich dann zurückgerufen, diesmal war eine Zahnarzthelferin am anderen Ende der Leitung. Sie hat sich dann darum gekümmert, dass ich zum richtigen Zahnarzt geschickt wurde und hat mir einen Notfalltermin bei einem Zahnarzt in Camden verschafft. Innerhalb von einer Stunde musste ich dort sein.
Wer sich nun ein bisschen in London auskennt, wird sich denken „Oha, das könnte knapp werden“, denn Mile End liegt im Osten und Camden im Nord-Westen und wenn man gerade erst aufgestanden ist, kann man auch nicht sofort aus dem Haus gehen. Letztendlich habe ich es geschafft und bin rechtzeitig (und etwas abgehetzt) dort angekommen. Ich habe dann eine Schmerzspritze verpasst gekriegt und die hat wirklich alles betäubt. Außerdem habe ich noch Penizillin verschrieben bekommen, dass ich 5 Tage lang nehmen sollte, damit sich mein Zahnfleisch beruhigt und Anweisungen, was ich wann und wie zu machen habe, damit die Schmerzen gelindert werden. Von da an ging es bergauf. Meine Schmerzen wurden von Tag zu Tag weniger und ich konnte nachts wieder durchschlafen. Die Zahnärztin hat mir außerdem geraten nach 5- 7 Tagen meinen Zahnarzt zu sehen, aber das ist bei den Wartezeiten unmöglich und da ich keine Schmerzen mehr habe, auch nicht nötig.
Meine Freundin Claudi hatte im Februar eine Nierenentzündung, Zuerst dachte sie, es wären einfach nur Bauchschmerzen, aber als es dann soweit war, dass sie noch nicht einmal mehr stehen konnte, hat ihre Mitbewohnerin sie ins Krankenhaus gebracht. Dort haben sie 7 ½ Stunden warten müssen, bis sie von einem Arzt behandelt wurde. Zwischenzeitlich hat sie sich auf den Boden gelegt, weil sie vor Schmerzen nicht einmal mehr sitzen konnte und trotzdem wurde sie nicht schneller behandelt. Sie blieb dann für ein paar Tage im Krankenhaus, wurde dort versorgt und musste dafür nicht einen Pence bezahlen. Das Einzige, wofür sie bezahlt hat, war, wie bei mir, die Medizin, die sie nehmen musste, als sie nicht mehr im Krankenhaus war. Also abgesehen von den ewig langen Wartezeiten, gerade wenn es um solche Notfälle geht, ist NHS wirklich gut und extrem sozial, aber es hat, wie alles in der Welt, auch seine Nachteile. Letztendlich hat es mir, meiner Freundin und tausend anderen Leuten im Notfall geholfen und das ist, was für mich zählt. Ich möchte nicht wissen, was ich sonst beim Zahnarzt oder Claudi im Krankenhaus bezahlt hätte. Eine kostenlose medizinische Versorgung, die jeder erhalten kann, ist unschlagbar gut.
So jetzt aber genug von Zahnschmerzen und Krankheiten!
Ich wünsche euch ein schönes Wochenende!