Monatsreport 1 aus Wales (September)
Vor knapp drei Wochen startete mein einjähriges Abenteuer im Terminal 1 des Hamburger Flughafens. Am 11.08.06 hieß es für mich, Deutschland für zwölf Monate Adieu zu sagen, um meinen Zivildienst auf der Insel anzutreten. Genauer noch, in den Süden Wales, in eine 24 Tausend Seelen Gemeinde namens Torfaen.
Vor knapp drei Wochen startete mein einjähriges Abenteuer im Terminal 1 des Hamburger Flughafens. Am 11.08.06 hieß es für mich, Deutschland für zwölf Monate Adieu zu sagen, um meinen Zivildienst auf der Insel anzutreten. Genauer noch, in den Süden Wales, in eine 24 Tausend Seelen Gemeinde namens Torfaen.
Hier ist es sehr hügelig und parallel zur Straße ziehen sich rechts und links Häuserreihen entlang. Ehemalige Arbeitersiedlungen der Kohleminen, zwischen denen ab und zu ein kleiner, uriger Pub im typisch englischen Stil zu entdecken ist. Ich wohne in einer Wohngemeinschaft in einem kleinen Haus mit drei anderen Volunteers aus Asien. Zwei Mädchen und einem Jungen, die alle im Alter von 23 Jahren sind.
Aber eins nach dem anderen.
Vor einem Jahr erfuhr ich auf einer Hamburger Messe, dass die Möglichkeit bestehe, meinen Zivildienst auch im Ausland zu absolvieren. Nach den üblichen Formalitäten, wie eine Trägerorganisation zu finden und Bewerbungen zu schreiben, luden sie mich nach Kassel zu einem Vorstellungsgespräch ein. Danach kamen noch zwei 10-tägige Seminare in Kassel und Potsdam, bis es endlich losgehen sollte.
Nach einer herzlich, asiatischen Willkommensmahlzeit, bezog ich mein eher schlicht eingerichtetes Zimmer, was etwas von dem alten englischen Still besitzt. Etwas marode hier und da und erst einmal nur mit dem Nötigsten, woran ich mich aber genauso schnell gewöhnt habe, wie an die neue Umgebung. Die ersten Wochen vergingen wie im Flug. Zu viele neue Sachen kamen auf mich zu und so viele neue Gesichter umgaben mich, dass ich kaum Zeit fand, mich hinzusetzen, um zu realisieren, dass für mich jetzt ein neuer Lebensabschnitt beginnen sollte.
Die erste Angst, das Englisch hier nicht verstehen zu können oder sogar mit walisisch konfrontiert zu werden, verging schon nach wenigen Gesprächen. Das Gegenteil traf sogar ein. Ich hatte kaum bis gar keine Probleme, mich mit der „neuen“ Sprache zurecht zu finden. Und auch die Gegend ließ sich schnell ergründen. So ist der Weg zum Town Center alltäglich geworden, genauso wie den Bus als einziges Transportmittel akzeptieren.
Ein wenig heimisch fühlte ich mich, als ich in der Nähe sogar einen „Aldi“ und „Lidl“ entdecken konnte. In der Bücherei kann ich übers Internet den Kontakt nach Deutschland halten, wobei der altmodische Weg über Briefe viel aufregender und persönlicher ist. Die Vorfreude auf den Postboten, der jeden Morgen die Briefe durch den Briefschlitz unserer Tür schiebt, ist nicht vergleichbar mit der elektronischen Post.
Um schnell in Kontakt mit einheimischen Jugendlichen zu kommen, beschloss ich schon zuhause, schnellst möglich einen Sportverein aufzusuchen. Da ich in die Regeln des Rugby oder Kricket nicht wirklich eingeweiht bin, entschloss ich mich für eine andere traditionell englische Sportart: Fußball. Schnell wurde ich in der Nähe unseres Hauses fündig und unterschrieb meinen neuen Spielerpass bei „West Pontynewydd“ in der fünften Walisischen Liga (vergleichbar mit der deutschen Landesliga). Das erste Spiel bestritt ich zwar noch unter einem anderen Namen, jedoch wurde mir schnell die Härte des walisischen Fußballs deutlich.
Auch an die etwas zeitlosen Waliser musste ich mich anfangs sehr gewöhnen. Wenn ich einen meiner Klienten um drei besuchen soll, erwartet der mich frühestens um viertel nach. Und auch sonst ist in Wales Zeit nicht gleichzusetzen mit Geld. So wird sich in aller Ruhe am Bus angestellt und bevor ein Waliser dann endlich selber in den Bus einsteigt, lässt er noch vier andere Fahrgäste vor, sehr uneigennützig.
Die Busfahrer begrüßt jeder und beim Aussteigen wird sich dann bedankt. Bemerkenswert war für mich auch die Freundlichkeit in den Geschäften. Alle Kunden werden begrüßt und nach ihrem Wohlbefinden gefragt. Doch als ich auf die freundliche Frage antworten wollte, merkte ich schnell, dass diese Fragestellung so alltäglich ist, wie bei uns das Nichtbeachten der Kunden, beim Eintritt in ein Geschäft.
Um von den kleinen Vorurteilen wieder zu mir zu kommen:
Nächste Woche werde ich mein Projekt anfangen. Es handelt sich dabei um Hilfestellungen im Alltag oder einfach nur für Abwechslung zu sorgen. Ich unterhalte mich mit den Menschen und unterstütze sie bei ihren Einkäufen oder Museumsbesuchen. Koche für sie oder mache allgemeine Hausarbeiten. Das Wichtigste ist aber, immer das Gespräch zu suchen. Ich befinde mich also in einer winzigen Botschafterrolle, in dem ich ihnen Deutschland und unsere Lebenskultur näherbringe. Auf der anderen Seite erzählen mir meine Klienten ihre Lebensgeschichten und was sie von Deutschland halten. Es lässt sich auch als internationaler und interkultureller Austausch bezeichnen.