Monatsbericht Oktober
Diesen Monat, der mich erahnen ließ, auf was ich mich in den nächsten Monaten wettermäßig einstellen muss, da die ersten Vorwehen des Winters einbrachen, habe ich angenehm kurzweilig erlebt.
Diesen Monat, der mich erahnen ließ, auf was ich mich in den nächsten Monaten wettermäßig einstellen muss, da die ersten Vorwehen des Winters einbrachen, habe ich angenehm kurzweilig erlebt.
So habe ich mir Anfang Oktober einen Bibliotheksausweis für die moderne Bibliothek in Kerava besorgt und schon die Auswahl an deutschen Büchern zu schätzen gelernt. Dabei habe ich es noch nicht einmal als störend empfunden, dass die Auswahl ein bisschen älter ist, denn so komme ich in den Genuss, auch Literatur aus der DDR-Zeit zu lesen.
Zunächst möchte ich etwas genauer auf die Organisationsstruktur meiner Arbeitsstelle, der privaten Einrichtung „Spielhaus“, eingehen. Träger des Hauses ist der Deutsche Kindergartenverein Kerava, der 1996 gegründet wurde und dessen freiwillige Mitglieder Eltern, Erzieher des Hauses, sowie interessierte Sprachfreunde sind. Im Januar 1997 wurde das Haus feierlich eingeweiht. Die Kindergartenleiterin ist seit Beginn Frau Silvia Rothenburger. In dem Gebäude war zuvor ein staatlicher Kindergarten untergebracht, der geschlossen wurde, weil er zu unwirtschaftlich arbeitete. Da der in dem Gebäude zur Verfügung stehende Platz die Anzahl der Kindergartenplätze auf 32 beschränkt, kommt es zu einer schwierigen Personalsituation.
Da in Finnland ein Erzieher nur sieben Kinder betreuen darf (bei den unter dreijährigen noch weniger Kinder), hätte ein weiterer Erzieher eingestellt werden müssen, der dann aber wiederum nicht ganz ausgelastet wäre. Daher verfolgt das „Spielhaus“ die Strategie, einen Zivildienstleistenden (das bin ich!) und einen Praktikanten einzustellen, um Fachpersonal zu sparen. Das scheint lohnenswert, wenn man sich vorstellt, dass ich als Vollzeitkraft arbeite und dem Kindergarten nur einen Bruchteil eines Erzieherlohnes koste.
Das Haus wurde 1989 teils aus Holz, teils verklinkert erbaut. Die Innenausstattung besteht fast ausschließlich aus Birkenholzmöbeln, der Fußboden aus Linoleum. In diesem Monat wurde die Außenanlage saniert: der alte Holzzaun wurde gegen einen neuen grauen Gittermattenzaun ausgetauscht, der jedoch die Außenanlage eher wie ein Zoogehege aussehen lässt. Danach wurden die Rutsche und die Schaukeln erneuert. Da die Sanierungsaktion insgesamt zweieinhalb Wochen in Anspruch nahm, konnte in dieser Zeit nicht auf dem Hof gespielt werden. Deshalb wurde ersatzweise gewandert.
Auf dem Hof steht ein schönes, altes blaues Holzhaus, das unter Denkmalschutz steht. Es kann wegen Feuchtigkeitsschäden und Pilzbefall leider nicht genutzt werden, weil die finanziellen Mittel für die nötige Sanierung fehlen.
Ein Highlight in diesem Monat war mit Sicherheit der Besuch meiner Eltern und meines jüngeren Bruders. Sie kamen am Montag, den 24.10., mit dem Flugzeug und besuchten mich direkt nach meinem Arbeitsschluss im Kindergarten, so dass ich ihnen die Einrichtung zeigen konnte. Danach war es mir endlich mal wieder möglich, Auto zu fahren und ich konnte meine bis dahin angeeigneten Ortskenntnisse für eine kleine Rundführung durch Kerava und Järvenpää nutzen. Meine Eltern bezogen ein Hotel und mein Bruder schlief in der ersten Nacht bei mir im Zimmer. Es hat mich sehr gefreut, einen Teil meiner Familie wieder zu sehen und von den Veränderungen zuhause zu erfahren.
Da ich in der Woche normal arbeiten musste, beschlossen wir, dass sie am Dienstag zu meinen Grosseltern fahren würden und ich ihnen am Freitag nachreisen würde. Ich bekam einen Schrank von ihnen geschenkt der mein Zimmer extrem aufwertet und es gemütlicher erscheinen lässt. Ihre Mitbringsel waren unter anderem: meine Winterstiefel, ein Schal, deutsche Süßwarenspezialitäten, Bücher, die vier neusten Ausgaben des Spiegel, Filme, PC-Spiele und ein paar Flaschen deutsches Bier (Veltins). Also alles, was man im kalten und dunklen winterlichen Finnland benötigt.
Das bringt mich auch zum zweiten Highlight in diesem Monat: es begann am Mittwoch dieser Woche zu schneien. Es ging sogar eine Schneesturmwarnung für Südfinnland aus und so fühlte es sich auch an. Es fielen etwa 15 Zentimeter Schnee, der bis zum Wochenende liegen blieb. In den Wochen davor war es sehr kalt, immer so um die -5 Grad Celsius. Es macht einem natürlich Angst, wenn einem ständig erzählt wird: „Ach, das? Nein, das ist doch noch nicht kalt… Warte, bis es -25 Grad Celsius wird!“
Am Freitag, den 28.10., wollte ich dann mit dem Zug nach Turku fahren. „Meiner“ war natürlich voll, sodass ich eine Stunde in Helsinki im Nieselregen zur freien Verfügung hatte. Mit dem nächsten bin ich dann die zwei Stunden nach Turku gefahren und wurde dort von meinem Großvater und Vater abgeholt. Nach weiteren 30 Minuten war ich dann in Pargas bei meinen Großeltern.
Am Samstag sind wir gemeinsam mit den Großeltern und meiner Tante aus Stockholm, die zu Besuch war, nach Rauma an Finnlands Westküste gefahren. Dort gingen wir lecker Essen und haben uns anschließend die berühmte Altstadt Raumas angeschaut, die aus 600 gut erhaltenen historischen Holzhäusern besteht. Wegen dieser Altstadt ist Rauma als einzige finnische Stadt in der Unesco-Liste für Weltkulturerbe aufgeführt.
Die Stadt Porvoo, dessen alter Fischereihafen und ebenfalls ihre historische Altstadt bekannt und nach Turku die zweitälteste Stadt Finnlands ist, besichtigte ich mit meinen Eltern am Sonntag. Danach fuhren wir zurück nach Järvenpää und verabschiedeten uns an dem Abend, weil ich am nächsten Tag wieder arbeiten und sie zurück nach Deutschland fahren mussten.
Die Zeitumstellung hat meinen Heimweg von der Arbeit von einem gemütlichen Sonnenuntergangsspaziergang zu einer reinen Nachtwanderung umgewandelt. So gehe ich nun im Dunklen zur Arbeit und komme auch im Dunklen wieder nach Hause.
Also - nun kann ich sagen, dass ich mir in etwa vorstellen kann, wie die weiteren Wintermonate hier in Finnland werden: kalt und dunkel! Aber ich denke, dass ich diese Zeit mit genügend Büchern, warmer Kleidung und Durchhaltevermögen gut überstehen werde.