Midterm-Meeting, Handarbeitsworkshop und das Theater
Mal wieder gibt´s einiges zu erzählen. Über das Mid-Term-Meeting, ein Theaterstück, in dem ich involviert war und über eine neue Arbeitsstelle in einem Workshop für arbeitslose Jugendliche
Moikka,
der letzte Blogeintrag war schon 6 Wochen her und in der Zwischenzeit jede Menge passiert.
In meinem letzten Blogeintrag habe ich vom bevorstehenden Feriencamp für 13-16 jährige erzählt, das wir Freiwillige organisieren wollten. Wir hatten auch wirklich viele Ideen für die 3 Tage dieser Ferienaktion, wie z.B. ein Krimiabend, Beautyworkshop, Koch Kurs, Basteln. Eine Woche vorher haben wir auch mit Flyern dafür in der Schulmensa von der High-School oder in den Klassen direkt Werbung dafür gemacht. Wir hatten mit etwa 10 – 15 Kinder gerechnet und waren ziemlich enttäuscht, dass sich nur zwei Kinder dafür angemeldet haben. Also haben wir die Aktion leider abgesagt. Eigentlich hatten wir vorgehabt auch im Sommer irgendwelche Aktionen vorzubereiten, aber mal schauen ob wir uns das ein zweites mal überhaupt noch zutrauen.
Mitte Februar stand dann das Mid-Term-Meeting an, bei dem die europäischen Freiwilligen, die gerade hier in Finnland sind, zusammen kommen. Von diesen Meetings gibt es zwei im Jahr, eins kurz nach der Ankunft in Finnland, und das zweite ein halbes Jahr später.
Im Gegensatz zum ersten Treffen kannte ich jetzt schon die Freiwilligen, und es war auch nur eine Hälfte der Gruppe dort, also waren wir circa 30 Personen. Es war wirklich schön alle wieder zusehen und über die Zeit in Finnland zu reden. Die Trainer waren cool drauf und haben jede Stunde mit uns irgendein verrücktes Gruppenspiel gespielt oder nachts in einer Hütte leckere Pfannkuchen gemacht. Natürlich stand auch Sauna auf dem Programm. Sonst haben wir auf unsere bisherige Zeit reflektiert, aber auch darüber nachgedacht was wir wohl an genau dem Tag in 5 Jahren machen werden. In 5 Jahren werde ich jetzt also eine E-Mail bekommen, in der steht wo ich mich heute in 5 Jahren sehe.
Es war aber auch teilweise schockierend zu hören, wie unglücklich andere Freiwillige mit ihrer Unterkunft sind oder mit ihrer Wohnlage, wenn sie Mitten im nirgendwo wohnen und froh sind mit Bus am Wochenende ihrem Loch entkommen zu können. Da kann ich in meinem Paimio wirklich zufrieden sein. Es gibt alles was ich brauche, so wie Freunde in der Nachbarschaft, Supermärkte oder wunderschöne Natur, aber habe auch immer die Möglichkeit nach Turku zu fahren.
Der Vergleich zwischen dem ersten Seminar und dem Zweiten ein halbes Jahr später war auch deshalb interessant, weil ich mich noch daran erinnern kann was die Probleme am Anfang waren, als ich mich noch nicht all zu wohl gefühlt hab, den Sinn von meiner „Arbeitsstelle“ in Paimio noch nicht verstanden habe und das selbstständige Wohnen sich noch nicht normal angefühlt hat und ich kaum jemanden kannte. Jetzt im zweiten Seminar konnte ich auf jede Menge Sachen zurück blicken, die ich hier schon machen und erleben durfte und fühle mich Pudelwohl.
Direkt nach dem Seminar sind eine Freundin und ich mit der Fähre nach Schweden gefahren und haben dort 3 Tage in Stockholm verbracht, 5 Tage in Göteborg und 2 Tage in Lund, wo wir meinen Cousin besuchen konnten.
Ich habe jetzt auch wieder einen neuen, ganz spannenden Arbeitsplatz. Und zwar in einem Zentrum für arbeitslose Jugendliche, die in verschiedenen Workshops arbeiten, entweder in einem Handarbeits-, Metall-, oder Holzworkshop. Die Jugendlichen die dort sind, haben alle psychische Probleme oder Drogenprobleme und sind dort um langsam wieder einen Wochen-Rhythmus zu finden. Abhängig davon wie fit sie sind, gehen manche nur einmal in der Wochen dorthin, andere fünf mal. Das Ziel ist es, dass sie fünf mal in der Woche hingehen, so dass sie dafür vorbereitet sind eine feste Stelle anzunehmen oder zu studieren.
Ich gehe jetzt jeden Donnerstag in die Handarbeitsgruppe, wir sind da etwa zu acht. Letzte Woche haben wir mit Leder gearbeitet und ich habe aus alten Lederresten eine Tasche genäht. Es ist wirklich interessant mit den gleichaltrigen dort Zeit zu verbringen, weil es genau diese Leute mit psychischen Problemen die sind, mit denen man nicht viel zu tun hat und oft einfach übersieht. Während manche mit ihren Gedanken ganz wo anders sind und nicht einmal reagieren wenn ich sie beim Namen nenne verstehe ich mich dafür mit einem Mädchen umso besser und sie ist schon jetzt eine gute Freundin geworden.
Am Nachmittag bietet die Leiterin, Lea, einen Spaziergang mit ihrem Hund Alfi an. Da sind dann auch Jugendliche aus den anderen Workshops an. Und es ist so spannend zu sehen, dass einige von ihnen, die zu Mitmenschen sonst kein Wort sagen, anfangen mit dem Hund zu reden und lächeln. Anscheinend fühlen sie sich vom Hund akzeptiert, oder haben keine Angst etwas falsches zum Hund zu sagen, während sie sich ihren Mitmenschen unterlegen und nicht akzeptiert fühlen.
Auch die Arbeit mit den Flüchtlingen läuft ganz gut. Allerdings habe ich nach jedem Dienstag im Flüchtlingszentrum von jedem Flüchtling, mit dem ich kurz geredet habe, sehr aufdringliche Nachrichten auf Facebook bekommen, so dass ich mich nicht mehr sonderlich wohl dabei gefühlt habe weiterhin ins Zentrum zu gehen. Ich weiß nicht was sie dazu führt mich „Engel“ oder so zu nennen, vielleicht sagt man sich das in ihrer Heimat einfach so, ich weiß es nicht. Jetzt habe ich aber klar gestellt, dass das ganz und gar nicht gut oder nett ist, und seit dem kann ich ohne Befürchtungen wieder Dienstags zum Zentrum gehen. So hatten wir letzte Woche einen Erste–Hilfe Kurs und in der Woche davor einen Vortrag von einem Flüchtling über Syrien, und das Beeindruckende war, dass er den ganzen Vortrag auf Finnisch gehalten hat. Demnächst berichte ich irgendetwas über Deutschland, aber mit Sicherheit auf Englisch.
Letztens war ich im Theaterstück in Turku namens „Assholes“ und das besondere an diesem Stück ist, dass ich an der Hintergrundmusik durch Aufnahmen mit dem Cello beteiligt war.
Als ich nämlich beim Theaterfestival im Oktober in der Küche und beim Aufbau mitgeholfen habe, habe ich mich zufällig mit einem Theaterressigeur, Antti-Juhani, unterhalten. Als er hörte, dass ich Cello spiele war er sofort begeistert und hat gefragt ob ich Aufnahmen für eines seiner Stücke machen könnte. So haben wir, der Regisseur, eine Harfenistin und ich uns im letzten Monat getroffen um Aufnahmen dafür zu machen. Natürlich hatte er keine Noten, sondern nur Beispiele, wie es sich am Ende anhören könnte. So war dann die erste Anweisung: „Spielt einfach irgendetwas“. Auch wenn das eine etwas sehr ungenau Angabe ist, haben wir erst in verschiedenen Tonarten und Tonleitern gejamt. Danach hat er uns Midi-Aufnahmen gegeben und wir haben etwas passendes dazu improvisiert und die Sachen haben sich definitiv Psycho-Film reif angehört. Es war echt verrückt und es hat total Spaß gemacht so abgefahrene Aufnahmen zu machen.
Drei Wochen später war dann die Premiere vom Stück und ich war sehr gespannt zu hören, was aus den Aufnahmen geworden ist. Tatsächlich hat er viel von unseren Sachen verwenden können und hat es gut bearbeitet und zugeschnitten. Das Theaterstück an sich hat mich nicht sonderlich überzeugt. Von den 1,5 Stunden Spielzeit wurde keine fünf Minuten geredet, und auch die Bewegungen waren minimal, es ist also rein gar nichts passiert. Als ich dann zu Antti sagte, dass es interessant war, aber dass ich noch weiter über die Bedeutung nach denken müsste antwortete er nur, dass ich vielleicht nicht zu viel darüber nachdenken sollte. Bis heute weiß ich nicht was das Stück mir sagen sollte..
Ich bin übrigens immer noch auf dem besten Weg dorthin eine gute Hausfrau zu werden. Nachdem mir das typische faule Leute Essen, z.B. Nudel mit Pesto, Grießbrei, Brot..., auf die Nerven ging, habe ich Chefkoch.de zur Hilfe geholt und ein paar einfache und leckere Rezepte rausgesucht. Danach war ich das erste mal seit dem ich hier bin groß einkaufen und habe demnächst vor Haferflockenbratlinge mit Salat, eine Süßkartoffel–Karottensuppe, oder Nudeln mit einer Kokoscurrysoße zu machen. Lecker, lecker! Daneben haben Amandus und ich die schöne Tradition jeden Sonntag zusammen etwas zu kochen, natürlich vegan.
Und noch eine Sache die ich mir jetzt selbst zur Aufgabe gemacht habe, ist zwei mal im Monat eine Reportage über irgendetwas aktuelles in Finnland zu schreiben, da es das Angebot auf der Seite Youthreporter, auf der ich auch gerade meinen Blog schreibe, gibt, Reportagen zu veröffentlichen. Vielleicht hat sich schon jemand gewundert, weshalb ich mit dem Schreiben so aktiv geworden bin. Ich mache es vor allem deshalb, weil ich durch das Recherchieren selbst mehr über Finnland lerne und weil das Schreiben eines der Dinge ist, die ich aus der Schule vermisse. Also falls ihr euch über Glücksspiele in Finnland, die Sprache oder das Wetter interessiert, könnt ihr gerne meine Artikel dazu lesen ;)
Tschüss für jetzt und ich hoffe euch geht’s allen gut :)
eure Vici
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