Mid-Term-Meeting in Izmir
Wellness, Seminar, Mittelmeer, Kulturstätten und eisige Kälte.
Das Programm mit dem ich hier in die Türkei gekommen bin, ist das Youth in Action Programm Zwei, also der Europäische Freiwilligendienst (EVS). Es sieht verschiedene Seminare vor, um die Freiwilligen vor der Reise auf ihren Auslandsaufenthalt vorzubereiten und sie währenddessen vor Ort zu unterstützen. So kommt es, dass man während seiner Zeit im Gastland an zwei Seminaren teilnehmen muss. Wobei „muss“ sich so nach Pflicht anhört...denn eigentlich ist das ganze eine sehr coole Sache, denn man bekommt zweimal einen Aufenthalt in einer coolen Stadt geboten, mitsamt bezahlter Anreise. Und man hat natürlich jede Menge Spaß mit den andern Freiwilligen!
Mitte Januar ging es dann also zum zweiten Training nach Izmir, eine lebendige Stadt mit fast 3 Millionen Einwohnern an der Ägäisküste. Aufgrund der Jahreszeit war es dort relativ kalt, aber die palmengeschmückte Uferpromenade versetzte einen sofort in Urlaubsstimmung. Untergebracht waren wir wieder in einem Hotel der Spitzenklasse, diesmal allerdings kein Urlaubsressort, sondern eins für Wellness- und Businesskunden. Wieder gab es Unmengen an großartigem Essen, wieder hatten wir wunderschöne Zimmer und einen guten Seminarraum. Allerdings war nicht ALLES inklusive, weshalb diesmal unsere Freizeitbeschäftigung etwas anders aussah als beim letzten Seminar: Während wir in uns Antalya noch gerne in der Hotelbar getroffen haben, verbrachten wir dieses Mal unsere Zeit gemeinsam im Spa-Bereich. Sauna, Hamam, Hallenbad und beheizter (!) Außenpool – Ja, so kann man leben.
Die Seminareinheiten waren dieses Mal bei weitem lockerer, denn, so wurde oft betont, es handelte sich hierbei nicht um ein „Training“, sondern ein „Meeting“, wo es weniger um Input als um Erfahrungsaustausch ging. Cool! Neben uns war in dem Hotel zu dem Zeitpunkt nicht nur eins der beiden Fussballteams aus Izmir zu Gast, sondern auch jede Menge verletzte Libyer... Es waren tatsächlich junge Männer, die gegen Gaddafi gekämpft hatten und jede Menge Verletzungen aufzuweisen hatten. An sich mag das sehr lobenswert sein, allerdings warnten uns erst die Hotelangestellten vor ihnen („Mädchen, bleibt lieber bei euren Jungs und geht nicht alleine raus!“) und außerdem merkte man (also eigentlich vor allem Frau) die Anwesenheit von ihnen im Spa Bereich, wo man vielleicht doch eher angeschaut wurde als normalerweise und deshalb tatsächlich lieber mit den andern Freiwilligen (männlichen) entspannte als alleine.
Izmir selbst ist schon ganz schön, zusammen mit anderen Freiwilligen aus Ankara haben wir in der Nacht davor den Bus genommen, um schon vor Seminaranfang einen halben Tag mehr dort verbringen zu können. Wer aus dem Schnee kommt, empfindet den Anblick von Palmen und Meer einfach nur als Balsam für die Seele ;) Morgens in Izmir angekommen, haben wir uns also erst einmal auf den Weg in die Innenstadt gemacht und sind mit unseren Rucksäcken durch das quirlige Basarviertel geschlendert. Es gab ein wunderschönes Frühstück in einem türkischen Lokal und anschließend einen aufweckenden „Atomdrink“, also ein frischzubereitetes Früchtegetränk von einem der unzähligen Stände auf der Straße. Weiter gings erst zu alten römischen Ruinen, die sonnenbeschienen mitten in der Großstadt zu finden sind und anschließend zum Chillen unter Orangenbäumen in den Park. Izmirs Wahrzeichen ist ein alter Uhrenturm, der zwar relativ klein aber doch sehr schön ist. Diesen mussten wir uns natürlich auch anschauen.
Nach dem Seminar beschloss ich mit 3 anderen Mädels noch ein paar Tage an unseren Aufenthalt dran zu hängen. Zuerst fuhren wir mit der Fähre auf die andere Seite der Bucht und genossen die Aussicht vom Meer auf die Stadt und die grünen Berge dahinter. Auf der anderen Seite angekommen schlenderten wir durch die Fussgängerzone und fanden ein supersüßes Cafe, in dem wir uns zu einem Tee niederließen. Irgendetwas war komisch – Woher kam diese Weihnachtsstimmung? Dann fanden wir des Rätsels Lösung: Weihnachtsplätzchen waen in der Auslage, Zimtsterne, Butterplätzchen, Schwarzweißgebäck... Lachend suchten wir uns unseren Snack aus und kamen mit der Besitzerin ins Gespräch „Ja, ich bin in Österreich aufgewachsen, und mag diese Plätzchen sehr gerne – und hier weiß ja keiner, dass man die eigentlich nur zu Weihnachten isst!“
Anschließend machten wir uns zurück auf den Weg um unseren Couchsurfing Host zu treffen. Dieser wohnte in, nunja, eher schlichteren Verhältnissen. Bei Temperaturen deutlich unter Null besaß er keine Heizung und hatte auch nur einen Ofen in einem seiner Räume – aber kein Holz, um diesen anzuheizen. Das hatte zur Folge, dass wir komplett angezogen mit Mantel, Schals, Handschuhen und Mütze zusammen saßen, und auch ähnlich bekleidet schlafen gingen. Ja, mit vier Mädels in einem Bett sind wir grade so dem Erfrierungstod entgangen.
Am nächsten Tag stand dann Kultur auf dem Programm. Die antike römische Großstadt Ephesos sollte es sein. Leider haben wir es vorher erfolgreich geschafft, unseren Host aus seiner eigenen Wohnung auszuschließen, sodass wir erst mit reichlich Verspätung und mehreren Fahrten durch die gesamte Stadt nach Ephesos, oder kürzer Efes, aufbrechen konnten. Unterwegs sahen wir die schöne bergige Umgebung von Izmir.
Die Sonne schien an diesem Tag zwar ganz wunderbar (im Gegensatz zu manchen Tagen davor, wo sintflutartige Regenfälle vor allem Schuhe und Freiwillige auflösten), aber warm war es nicht. Die Ruinen von Efes sind an einem Hang zwischen zwei Bergen gelegen und sind tatsächlich beeindruckend. Wir schlenderten durch diese ehemalige Metropole, die früher übrigens eine Hafenstadt am Meer war – das Meer ist inzwischen aber einige Kilometer entfernt. Zwischen dem riesigen Amphitheater, welches seinerzeit 25 000 Menschen Platz bot, der alten Bibliothek und anderen Überbleibseln der Geschichte tümmelten sich geschätze Zehntausend Katzen. Das ist hübsch=) In Pfützen zwischen den Steinen war das Wasser übrigens gefroren - So viel zu den Temperaturen ;) Im Reiseführer wurde deutlich empfohlen, sich für einen ultraheißen Tag auszurüsten, da die Sonne unbarmherzig auf die schattenfreie Fläche scheine und sich auf endlose Touristenströme einzustellen. Nunja, geschienen hat die Sonne ja...aber neben 3-4 asiatischen Reisegruppen waren wir fast die einzigen Besucher. Auch schön! Eine Besucherin bescherte uns spontan auch eine durchaus hörenswerte Gesangsperformance und demonstrierte dabei gleich die erstaunliche Akustik des Theaters.
Es folgte eine weitere furchtbar kalte Nacht, aber man kann sich ja an nahezu alles gewöhnen. Am nächsten Tag haben wir weiter die Stadt erkundet und stürmten die Burg Izmirs. Alte Frauen verkaufen oben Tücher (bei dem Wetter greift man da gerne zu) und halbstarke Jungs geben ihre kaum existenten Englischkenntnisse zum Besten. Aber ganz nebenbei hat man auch einfach einen fantastischen Blick über die Bucht von Izmir. Prädikat empfehlenswert! Abends ging es dann wieder zurück nach Ankara, und unterwegs hielten wir an einer Raststätte, wo doch sagenhafte -20°C herrschten. Jaja, die warme Türkei.... Alles in allem war es wieder ein schönes Seminar und eine ziemlich schöne Stadt, wobei der Aufenthalt bei unserem Host und in Efes doch maßgeblich von den Temperaturen bestimmt wurde ;)