Mein fünfter Blog- Winter in den Niederlanden!
In diesem Eintrag geht es darum, wie ich den Winter in den Niederlanden, und gleichzeitig auch die letzten Monate vor meiner Rückkehr nach Deutschland, erlebt habe.
Hallo, ihr lieben Menschen!
Ich habe diesen Text schon Ende Dezember geschrieben und durch meine Rückkehr nach Deutschland ganz vergessen ihn hochzuladen. Seit Weihnachten bin ich wieder zu Hause, aber diesen Blogeintrag habe ich eine Woche vor meiner Rückreise verfasst.
"Meine Zeit in den Niederlanden neigt sich langsam, aber sicher dem Ende zu. Eine Arbeitswoche liegt noch vor mir und dann geht es schon wieder zurück nach Deutschland.
Das heißt, dass ich beginnen muss, mich von allen und allem zu verabschieden. Von den unfassbar lieben Menschen, die ich dieses Jahr über kennengelernt habe und die meinen Freiwilligendienst so sehr bereichert haben! Sowohl meine Freunde und Freundinnen, die anderen Freiwilligen, die Menschen aus meiner Tanzgruppe und die Mitglieder meines Chors werden mir unglaublich fehlen. Aber vor allem der Gedanke, dass ich auch den Bewohner*innen der Pflegezentren und alle Klienten, mit denen ich die vergangen 12 Monate gearbeitet habe Lebewohl sagen muss, macht mich sehr traurig. Bei diesen Menschen weiß ich mit ziemlicher Sicherheit, dass ich sie nicht wiedersehen werde. Viele Bewohner*innen haben schon vor Monaten angefangen mir zu sagen, dass sie es so schade fänden, dass ich gehe. Einige haben mich bei jedem Wiedersehen gefragt, ob das jetzt das letzte Mal wäre, dass sie mich sehen könnte, bevor ich sie im Stich ließe. Nächste Woche wird es wirklich das letzte Mal sein. Ich weiß, dass ich vielen Menschen fröhliche Momente bescheren konnte und man beginnt nach einem Jahr intensivsten Kontakts, sich für sie verantwortlich zu fühlen. Jeder einzelne von ihnen hat es verdient, die letzten Tage, Monate, Jahre ihres Lebens genießen zu dürfen. Es war so erfüllend, ihre Dankbarkeit entgegen zu nehmen und zu sehen, wie gerne sie mit mir spazieren gingen, sangen, tanzten und mir beim Klavier spielen zu hörten. Ich würde ihnen gerne so viel mehr geben und es fällt mir schwer, dass ich diese Menschen einfach so hinter mir lassen muss.
Für mich ist es schön meinen Winter in den Niederlanden revue passieren zu lassen. Ich erinnere mich natürlich besonders gerne an die tollen Erlebnisse zurück und möchte sie gerne mit euch teilen. Anfang November hatte ich einen sehr besonderen Auftritt mit meiner Tanzgruppe. Zum Anlass von „Allerseelen“, durften wir bei einem Projekt mitmachen, bei dem ich zuerst ein wenig verunsichert war, ob das nicht komisch wird. Auf einem großen, alten Friedhof in Den Bosch wurde anlässlich des Gedenkens der Verstorbenen und lieben Menschen, die man vermisst, das ganze Gelände mit Kerzen und Lampen in ein atmosphärisch sehr schönen Ort verwandelt. Es gab Musik, Monologe, Programm für Kinder und eben uns Tänzerinnen und Tänzer, mit unserem größtenteils improvisierten Tanz. Ich hatte vorher noch nie von so einem Projekt gehört und fand aber die Idee sehr schön, dem Friedhof und dem Tod ein mal ganz anders zu begegnen. Bevor wir anfingen für den Abend zu proben, sollten wir alle an jemanden denken, für den wir tanzten. So konnten wir eine ganz persönliche Verbindung zu dem Thema herstellen. Wir haben alle unsere Gefühle in den Tanz gelegt, ohne, das wir dabei aufdringlich sein wollten. Es war spannend nach einer Balance zu suchen, eine Performance zum besten zu geben, ohne, dass man sich dabei in den Vordergrund drängt. Denn an dem Abend ging es alleine um die Besucher des Friedhofs und die Menschen derentwegen sie gekommen waren.
Heute hatte ich dann eine weitere Tanzaufführung, die gleichzeitig auch eine Art Abschied von der Gruppe war. Wir durften in einer großen, modernen Kirche mitten im Stadtzentrum von Den Bosch für Menschen tanzen, die zu einem Weihnachtsfest gekommen waren, weil sie sich zu Hause einsam fühlen. Das Ganze war dem Thema „Hoffnung und Verlangen“ gewidmet. Die Menschen waren über 70 und saßen an ihren mit Kaffee-und Teetassen bestückten Tischen. Ich hatte überhaupt keine Ahnung, wie diese Menschen auf etwas wie Tanzimprovisation und Ausdruckstanz reagieren würden. Vor allem war es spannend, weil ein großer Teil unserer halbstündigen Performance daraus bestand, vom Podium hinunter zu den Leuten zu gehen und mit ihnen in Kontakt zu treten. Zum Bespiel, wenn man das Gefühl hatte, dass die Leute es schön fanden, mit ihnen zu tanzen oder einfach nur zusammen mit Bewegungen und Blicken zu spielen, ohne, dass man einander berührte. Es war wundervoll zu sehen, wie die Menschen es sichtlich genossen, unsere Aufmerksamkeit zu bekommen und ein bisschen zu tanzen. Einige fingen an vor Rührung zu weinen und wollten einen gar nicht mehr los lassen. Wir konnten durch das, was wir taten vielen Menschen ein Lächeln aufs Gesicht zaubern und das hat so gut getan!
Nächste Woche habe ich mit meiner Gesangsgruppe einen Auftritt aus einem ganz ähnlichen Anlass. Wir werden für ältere, einsame Menschen singen, die zu einem Weihnachtsessen der Gemeinde kommen. Das wird für mich der Abschied von meinem Chor, was ich auf der einen Seite sehr schade finde, aber auf der anderen Seite freue ich mich, dass wir an dem Abend noch ein Mal zusammen singen können und hoffentlich so das Essen zu einem ganz besonderen machen!
Ebenfalls ein Highlight war für mich mein Besuch im niederländischen Nationalpark „Hoghe Veluwe“. Ich habe im Verlauf des Jahres schon häufig mitbekommen, wie stolz viele Menschen auf dieses Naturgebiet sind und oft wurde mir erzählt, wie wunderschön es dort sein soll. Also entschloss ich mich ganz spontan, endlich dort hin zu fahren. Man kann sich im ganzen Gebiet gratis Fahrräder leihen und so radelte ich an einem wunderschönen, sonnigen Tag durch Heide, wüstenähnliche Dünen, Wälder bis hin zum weltberühmten „Kröller-Müller Museum“, einem Museum für moderne Kunst, mit der zweitgrößten Van Gogh Sammlung der Welt und einem riesigen Skulpturengarten. Da Vincent van Gogh zu meinen Lieblingskünstlern gehört, habe ich mich sehr über die zahlreichen Kunstwerke gefreut, die dort von ihm ausgestellt sind. Alles in allem muss man sagen, dass die Leute nicht übertreiben, wenn sie sagen, dass das ganze Naturgebiet unbedingt sehenswert ist. Selbst im November!
Anfang Dezember kam dann mein Freund zu Besuch und hat eine Woche bei mir in Den Bosch verbracht, ist immer sehr treu, und sehr zur Freude der älteren Damen, mit mir zur Arbeit gegangen und hat mit mir meinen Geburtstag in Amsterdam verbracht. Ich habe es endlich geschafft ins Anne Frank Haus zu gehen. Ich hatte es mir schon so lange vorgenommen und habe mich dementsprechend sehr gefreut, dass es jetzt endlich geklappt hat. Es hat mich sehr berührt und nachdenklich gemacht durch das Haus zu gehen und zu sehen, wo Familie Frank und noch drei andere Personen so lange in ständiger Angst verraten und entdeckt zu werden lebten und sie dann schlussendlich doch noch deportiert wurden. Von den neun untergetauchten Personen hat nur der Vater von Anne Frank, Otto Frank, überlebt. Nirgendwo auf der Welt sollten Menschen verfolgt und unterdrückt werden. Ich wünsche mir, dass Menschen sich endlich auf ihre Menschlichkeit besinnen und aus Mitgefühl, statt aus Hass handeln."
In dem Sinne wünsche ich euch das Allerbeste!
Eure Marieke