Mehr als Malbork
"Ich hab genug vom Reisen hab ich geschrieben, nie wieder Züge hab ich geschrieben." Und schon sitzt Johannson doch wieder in einem Zug, diesmal zu einem Besuch in Malbork.
Ich hab genug vom Reisen hab ich geschrieben, nie wieder Züge hab ich geschrieben. Und saß Woche später wieder im Zug auf einer Reise. Schließlich erinnerte ich mich, dass ich doch mal an der Burg in Malbork vorbei gefahren bin. Marienburg, die symbolträchtige Festung des Deutschen Ordens, ist Touristen schon einen Wortbruch wert.
Vergangener Ruhm in Grudziadz
Zumal auf dem Weg Torun liegt und auch Grudziadz (Graudenz). In ersterem hatte ich von letzterem Fotos gesehen, fand es in echt aber nicht so beeindruckend. Schöner Blick über die Weichsel, darüber die Reihen mittelalterlicher Speichern von den Postkarten; einige interessante Kirchen und das Rathaus im alten Jesuitenkonvent auch, aber der Rest im Krieg hart getroffen, noch ziemlich runtergekommen und verschlafen.
Zusammen ist man weniger allein
Weiter nach Malbork mit den privaten Arriva-Zügen, mit denen ich immer von Seaham nach Newcastle gefahren bin. Zwecks Übernachtung benutzte ich zum ersten Mal die Internetbörse Hospitality Club, was mir außer gratis Bett und Essen auch Stadtführung und Bekanntschaft mit Kitty der ängstlichen Katze einbrachte. Meine Gastgeberin war eine junge Englischlehrerin, mit einem Jahr in London auf dem Gürtel und sehr dankbar für Besuch in ihrer Kleinstadt. Ich war auch sehr froh, abends mal nicht allein in ein Hostel zurückzukehren.
Was bisher geschah
Samstagmorgen zeigte sie mir die wichtigsten Dinge auf dem Weg zur Burg. Derer sind es nicht sehr viele, dafür ist der allgegenwärtige Geruch von Zuckerrüben aus der örtlichen Fabrik umso eindringlicher. Sie führte mich über die Holzbrücke auf das andere Ufer des Flusses Nogat direkt vor der Burg. Der stellte früher die Grenze zur Freien Stadt Danzig dar, dort fielen auch einige der ersten Schüsse. Von der anderen Seite sieht man nicht nur die Hauptfront der Burg, sondern auch den Ort wo mal die Altstadt war und vor einigen Jahren ein Massengrab von im Winter 1945 an Krankheiten gestorbenen Deutschen gefunden worden war.
Burg & Altstadt
Die drei Stunden Führung hab ich ohne sie gemacht. Zum Glück war nicht Saison, es war schön nach dem Vortrag noch allein über die Wehrgänge schlurfen und in Ruhe das Bernsteinmuseum erkunden zu können. Nach langen Runden in der Burg und um die Burg herum lief ich durch die grauenhaft verstümmelte Altstadt nebenan. Nur das Rathaus und zwei Tore bleiben zwischen den grauen, toten socreal Reihen. Ansonsten Kleinstadt und Kleinstadtjugend ohne eigene Frisurideen. Beim alten Wasserturm fand ich noch den ästhetischeren Anblick einer ehemals protestantischen Fachwerkkirche.
Essen Trinken Fröhlichsein
Am Abend brachte uns Mutti Kuchen und wir alle tauten nach dem etwas steifen ersten Tag noch richtig auf. Eine Freundin hatte uns zu einem Konzert eingeladen, wo das wohl im ganzen Land erfolgreiche Musikprojekt 'Balbiny' des lokalen Jugendclubs auftrat, und tatsächlich sehr professionell. Anschließend ging es in eine Kneipe in einem der zwei erhaltenen Altstadttore, sogar richtig gemütlich: Specjal wie in besten Toruner Tagen und im oberen Stock spielte eine Band aus Lodz. Wieder zu Hause fand meine Gastgeberin die legendäre Komödie "Mis", noch auf VHS, was wir beim Leeren der Rumreserven schauten.
In die Puppen
Sonntag machte ich auf dem Rückweg Halt in Torun. Ewa und ich gingen spontan zu einem herzerweichenden Pinoccio ins Puppentheater, zu dem in meiner Praktikumszeit noch der Grundstein gelegt worden war. Abschließend in die Pierogarnia um die Ecke und dann radelte ich zurück zum Bahnhof. Über die Brücke unter dem dunklen Winterhimmel. Der Fluss ist jetzt wieder so weit, das Wasser unter einem kommt aus dem Schwarz. Darüber liegt angestrahlt die Stadt, die beleuchteten Kirchen und Türme klar gegen den dunklen Horizont, der letzte Eindruck der Reise.