Malawi - ein Land, geprägt von Armut
Elektrizität, Kochherd, heißes Wasser, unbegrenzte Auswahl im Supermarkt, Benzin: dies alles ist für uns beinahe selbstverständlich. Doch nicht für die Bewohner Malawis.
"Malawi, wo ist liegt das denn?" "Meinst du vielleicht nicht Mali?": Häufige Reaktionen, wenn ich von meinen Reiseplänen erzählte. Aber nein! Malawi ist ein eigenes Land und liegt im Südosten Afrikas. Zugegeben, man hört in den Medien tatsächlich äußerst selten, wenn überhaupt, etwas über das Land der "Feuerflammen". Dies mag wohl daran liegen, dass die Geschichte dieses Landes keine Völkermorde, Kriege oder sonstige Unruhen vorzuweisen hat. Somit gerät diese Nation, die zu einer der ärmsten Afrikas gehört, schnell in Vergessenheit. Und dies mehr als zu unrecht, denn das "warme Herzen Afrikas", wie die Einheimischen ihr Land auch nennen, hat eine vielfältige Naturpracht und eine faszinierende Kultur aufzuweisen. Der Malawisee, der zu den größten Seen Afrikas gehört wurde erst vor Kurzem zum schönsten See der Welt erkoren. Ganz nebenbei ist er der Süßwassersee, der die größte Artenvielfalt überhaupt vorzuweisen hat. Über 850 verschiedene Süßwasserfischarten sind hier zu finden, die der eine oder andere vielleicht aus unseren Aquarien kennt. Aber nicht nur das: aus den grünen Ebenen erheben sich majestätische Berge. Das Grün, das ebenfalls in der Flagge verkörpert ist, ist die Lebensgrundlage für die Menschen hier, denn der Großteil der Bevölkerung lebt von der Landwirtschaft.
Diese Fruchtbarkeit erlaubt es den meisten jeden Tag genug zu essen haben, doch leider heißt dies noch lange nicht, dass diese Nahrung auch ausgewogen ist. Viele können es sich nicht leisten, auszusuchen, was auf den Tisch kommt. Meistens wird die aus Mais bestehende Grundnahrung aufgetischt, denn diese ist nicht teuer und stillt den Hunger schnell. Für Fremdlinge sieht diese Speise jedoch nicht nur aus wie Kleister, sondern schmeckt auch mehr oder weniger so. Unter- und Fehlernährung ist ein häufiges Problem. Der Grund dafür ist oft die Armut und die Unfähigkeit, vitaminreiche Nahrung aufzutreiben. Auf dem Essensplan des Gymnasiums zum Beispiel ist zu sehen, dass nur selten Reis auf den Tisch kommt, meistens zur Feier der Woche am Sonntag. Die überteuerten Produkte des Supermarkts können sich nicht viele leisten. Obwohl die Löhne hier von europäischen Verhältnissen meilenweit entfernt sind und meist sowieso zu spät ausgezahlt werden, sind die Preise der Produkte teils sogar höher als bei uns. Daher ist es überlebenswichtig, seinen eigenen Garten zu haben. Dies ist auch der Grund dafür, dass nur wenige in der Stadt leben, denn dort gibt es keinen Platz für Eigenanbau.
Elektrizität ist ebenfalls keine Selbstverständlichkeit. Dort, wo es aufzufinden ist, muss täglich mit Stromausfall gerechnet werden. Aber mit Strom versorgte Geräte zählen ohnehin zu den Luxusgütern. In sehr abgelegenen Dörfern werden alte Autobatterien verwendet, um zumindest das Mobiltelefon aufzuladen. Waschmaschinen sind ein Fremdwort: gewaschen wird von Hand im Fluss oder in einer Zeine. Wer für seine Dusche Warmwasser will, muss dieses erst auf dem Feuer wärmen. Gekocht wird nicht am Herd, sonder hinter dem Haus auf offenem Feuer. Dies erklärt auch die Feuerholz schleppenden Frauen und Kinder, die dieses womöglich auf dem Markt verkaufen, um wenigstens einen kleinen Batzen zu verdienen. Denn nicht nur das Essen muss bezahlt werden, auch das Schulgeld muss irgendwo herkommen. Staatliche Primarschulen sind zwar umsonst, aber danach summieren sich die Kosten für die Ausbildung. Schule ist aber nicht gleich Schule. Oft gibt es weder Bänke, noch Tische, geschweige denn Hefte und Stifte. Manchmal mangelt es sogar an Klassenzimmern. Bei Regen findet dann kein Unterricht nicht statt. Die Schüler, die nicht selten über 100 sind, schreiben in den Sand. Es kümmert sich niemanden, ob die Kinder zum Unterricht erscheinen oder nicht. Deshalb schaffen es auch nur wenige, sich aus den ganz armen Regionen herauszuarbeiten. Schuluniformen sollen dafür sorgen, dass alle gleich aussehen und die Armut weniger zu erkennen ist. Aber mancher kann sich nicht mal diese Uniform leisten. Beeindruckender Weise lernen die Kinder noch Windel tragend Englisch. In muslimischen Kindergärten lernen die Kleinen sogar Arabisch, und dies meistern sie zu meinem Erstaunen sehr gut.
Die Strohhütten verbreiten zwar eine idyllische Ferienstimmung, veranschaulichen aber vielmehr die Armut der hier lebenden Bevölkerung. Steinhäuser gehören zur Seltenheit. Oft sind die Strohdächer durchlöchert und undicht. Ein Mann berichtet: "Manchmal werde ich nachts von der Feuchte des Regens geweckt und versuchte verzweifelt unter dem Leinensack Schutz zu finden." Ja, leider ist es Realität, dass nicht jeder ein Bett hat, von einem eigenen Schlafzimmer ganz zu schweigen. Es kann vorkommen, dass das kaum möblierte Zimmer sogar mit den Ziegen geteilt werden muss.
Krankenhäuser gibt es zwar, aber professionelle Ärzte sind eine Seltenheit. Die Regierung kann sich diese teuren Beamten nur in spärlichem Maße leisten. Die klinischen Spezialisten erlangen ihr Wissen hauptsächlich durch Üben an lebenden Patienten. Verpflegung gehört oft nicht zur Behandlung und Verwandte schlagen vor dem Spital ihr Lager auf, um für ihre Angehörigen zu kochen. Viele Behandlungen sind dennoch umsonst. Die zahlreichen HIV-Patienten können ihre Medikamente umsonst abholen, ebenso werden unterernährte Kinder ohne Bezahlung aufgepeppt. Dies klingt besser als es tatsächlich ist, denn leider sind die nötigen Medikamente nicht immer auffindbar, oder Plätze beschränkt. Manchmal reicht auch das Geld nicht, um die Reise bis in das Krankenhaus auf sich zu nehmen.
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