Litauen und die Landflucht
Litauen hat ein Problem: Es hält viele nichts mehr in ihrem Heimatland. Ist das wirklich so? Und warum ist das so?
Wenn man einige Zeit in Litauen verbracht hat, dann merkt man schnell, dass dieses Land noch deutlich problembehaftet ist. Dabei sticht einem vor allem ein Problem ins Auge:
Eines der größten Probleme in Litauen ist die Emigration von vor allem jungen Litauern. Nicht umsonst nennt ein im Internet veröffentlichter Artikel über mögliche Anzeichen, dass man sich zu lange in Litauen ausgehalten hat, als eines der Anzeichen die Tatsache, dass die Hälfte des Freundeskreises nach Großbritannien, Skandinavien oder in die Vereinigten Staaten verschwindet, um dort zu arbeiten. Tatsächlich ist es so, dass die Landflucht in den letzten Jahren abgenommen hat und dass sogar die Immigration aus dem Nachbarland Weißrussland zugenommen, die Zahl von 1000 Zuwanderern bisher allerdings nicht überschritten hat. Die Zahlen der Abwandernden sind allerdings weiterhin extrem hoch.
Es stimmt, dass vor allem die Jugend, also junge Litauer im Alter von 20 bis 29 Jahren, aus dem Heimatland wegzieht, gerne nach Dänemark, denn zwischen Litauen und Dänemark gibt es eine Übereinkunft, dass junge Litauer in Dänemark keine Studiengebühren zahlen müssen. Diese Chance wird von vielen genutzt. Im Jahr 2010 waren 40,5% der 33.600 Abwanderer junge Leute – 60% der litauischen Jugend hat den Wunsch beziehungsweise den Traum, auszuwandern. Die Zahl 33.600 ist dabei vor allem alarmierend, wenn man bedenkt, dass Litauen gerade einmal knapp unter drei Millionen Einwohner hat.
Doch was sind die Gründe für diese Landflucht? Warum hält die litauischen Jugendlichen nichts in ihrem Heimatland? Die Gründe haben sich aufgrund der Finanzkrise in den letzten Jahren intensiviert. Es gibt nur wenige freie Arbeitsplätze in Litauen und die Löhne sind erschreckend niedrig (800 Litas sind der Mindestlohn, das sind circa 230 Euro). Dadurch sehen die Menschen keinen Grund, warum sie in Litauen arbeiten sollten, wenn sie in anderen Ländern um einiges mehr verdienen können.
Ebenfalls sehr schockierend ist, dass vor allem Akademiker das Land verlassen. Das heißt, dass Universitätsabschlüsse entweder bei den Arbeitgebern nicht sehr gefragt sind oder – und das ist die wahrscheinlichere Erklärung – dass der Arbeitsmarkt für Menschen mit Universitätsabschluss einfach viel zu klein ist.
Es liegt nun am Land, den Jugendlichen wieder eine Zukunft in Litauen zu ermöglichen beziehungsweise ihnen eine Zukunftsperspektive zu geben, denn wenn die Abwanderung aus Litauen weiterhin so hoch ist, wird das Land bald vor noch größeren Problemen als die Landflucht stehen.