Leben im neuen zuhause
Viele Leute haben Angst für eine längere Zeit ins Ausland zu fahren, verständlich, fremdes Land, fremde Sprache, noch keine Freunde. Doch wenn man nach Spanien kommt, besteht kein Grund zur Sorge, auch wenn man kein Spanisch kann, wird mit dir auf irgendeine Art und Weise Kommuniziert und mit den Spanischen Gewohnheiten wird man auch gerne und schnell vertraut.
Meine Schwester ist die Person mit der ich darüber debattiere, ob es von größerer Priorität ist, sich nicht zu bewegen und weiter auf unseren Betten herumzufaulenzen, oder in die Küche zu gehen um Schokokekse bis zum Umfallen zu essen.
Die, wenn ich wieder einmal zu viel Energie habe, mit mir hinausgeht und lauthals Disney Lieder durch die Dunkelheit brüllt und mich nachher nicht mit einem „was-macht-dieses-Mädchen-mit-ihrem-leben“ Blick ansieht.
Kurz gesagt sie hat sieben Monate lang bei mir in Wien gewohnt und hat mich trotzdem nach Spanien zurückeingeladen.
So bin ich jetzt in Zaragoza, auf Austauschsemester bei meiner „Gastschwester“, Paula.
Da wir uns schon kennen, habe ich die zweite der hälfte der Ferien auch schon mit meiner Schwester und ihrer Familie verbracht und so wurde ich auch auf den alljährlichen Urlaub mit einer befreundeten Familie mitgenommen.
Wir waren in Canfranc-Estacion, ein kleiner Ort Spaniens gleich an der Grenze zu Frankreich, um dort auf den Pyrenäen wandern zu gehen. Die andere Familie bestand aus drei Mitgliedern; Mutter, Vater und Sohn, welche alle drei wirklich lustig waren.
Sie waren echt freundlich und haben das Vorurteil, dass Spanier Siesta machen, bestätigt. Es ist öfters vorgekommen, dass mich die Eltern mitten am Tag nach ihrem Sohn gefragt haben, und wenn ich ihnen erklärt habe, er würde schlafen, war das die normalste Antwort die ich geben konnte. Oder an anderen Tagen sind nach dem Mittagessen alle kollektiv schlafen gegangen, so, dass ich die einzige Person war, die von vier bis halb-sieben wach war. Leider konnte ich mich nicht so schnell daran gewöhnen während des Tages zu schlafen, aber ich stelle es mir überaus entspannend vor.
Es gibt auf Spanisch sogar eine Phrase die ausdrückt, dass man Lust hat zu schlafen, 'tengo sueño'. Denn manchmal ist man zwar müde, will aber nicht wirklich schlafen, weil man noch lesen oder etwas essen will, dann sagt man 'estoy cansado' – ich bin müde. Aber wenn man, zum Beispiel, nach dem letzten Schlückchen Kakao, das Buch gerade ausgelesen, zufrieden und gemütlich auf der Couch sitzend ein schläfriges Gefühl bekommt, sagt man 'tengo sueño'. Oder auch wenn man um 5:37 von dem allgemein geliebten Geräusch seines Wecker aufgeweckt wird, weil man seinen Zug sonst nicht erwischt, und man verschlafen Frühstückt, wünscht man sich in sein Bett zurück, und sagt 'tengo sueño' - durch und durch praktisch diese Phrase.
Aber auch sonst war diese Familie total entspannt und obwohl wir manchmal früh aus dem Haus mussten, war ich dann im Endeffekt die Erste die aufgestanden ist. Danach haben wir noch reichlich gefrühstückt, und sind letztendlich bestenfalls erst eine Stunde nach des Aufstehens aus dem Haus gekommen, ich hab mich dort also sofort wie Zuhause gefühlt.
Trotz meines mangelnden Spanisch haben alle immer versucht auf irgendeine Weise mit mir zu kommunizieren, und haben so, oft und stolz ihre Deutsch-Kenntnisse zur schau gebracht und immer wieder 'Kartoffel' und 'wie macht die Kuh?' gesagt, damit ich auch etwas verstehen konnte.- anscheinend kennt jeder Spanier das Wort Kartoffel, habe aber noch niemanden gefunden der mir die Quelle seines Wissens erklären konnte.
Der Vater der anderen Familie, welcher sowieso englisch lernen wollte, hat, wenn ich mir einen Kakao gemacht habe immer schön Protokoll der Zutaten gehalten und gemeint:“ 'milk', 'cup', 'spoon', 'cacao'.“; circa darauf haben all unsere Gespräche basiert.
Ihr Sohn, Luis, hat es sich zur Aufgabe gemacht, mein Spanischlehrer zu werden und mir extremwichtige Wörter beizubringen. Dazu gehören unter Anderem Gebiss und Eckzahn und aber auch Vokabel die ich nicht einmal auf Deutsch weiß, wie zum Beispiel, der Teil aus Plastik am Ende des Schnürsenkels, welches dabei hilft ebendiese leichter einzufädeln, heißt 'herrete'.
Wir haben auch wirklich viele verrückte Sachen gemacht, die das Wandern dann im Endeffekt sogar spannend gemacht haben. Einmal, zum Beispiel, haben wir eine alte Steinhütte neben dem Wanderweg gefunden, auf welcher stand, sie sei irgendeine Unterkunft. Für wen diese Steinhütte gedacht war, weiß ich leider nicht genau, was an meinen nicht unbedingt vorhandenen Spanischkenntnissen, aber auch an meiner Fähigkeit alles zu vergessen liegt, also nenne ich sie einfach die „Unterkunft für verlorene Wanderer“.
Natürlich haben wir gleich hineingeschaut, aber es gab eigentlich nichts, nur eine Feuerstelle und eine Art Bank bei der Wand, also dachte ich wir würden unsere Wanderung fortsetzen. Aber für alle war es die normalste Idee, einfach hier einen kleinen Stopp einzulegen und ein Feuer zu machen. Und dass, obwohl es so aussah, als würde es jeden Moment Regnen und wir noch nicht einmal Feuerholz hatten. Nach einem schnellen Holzeinsammeln, für welches wir einen kleinen Fluss überqueren mussten und wir uns, durch nicht durchdachte würfe von Feuerholz, mehrmals fast umgebracht hätten, haben wir es wahrhaftig geschafft ein Feuer zu entzünden!
Zu unserer Jause hatten wir dann warmes Brot mit geschmolzenem Käse und als es dann wirklich zu regnen begonnnen hat, hatten wir ein Dach und uns war, aufgrund des Feuers, sogar warm.
Genau so waren auch die restlichen Tage in Canfranc und exakt diesen Wert von Gemütlich- und Herzlichkeit hatte bis jetzt auch all die andere Zeit in Spanien.
Bei Paula, in Zaragoza, fühle ich mich schon längst zuhause, was auch an ihren Eltern liegt. Ihre Mutter, Montse, sagt immer, wenn ich frage ob ich mir etwas ausborgen oder etwas von ihren Sachen benützen darf: „ Du musst nicht fragen! Alles was mir gehört, ist jetzt auch deines!“ - Dies gilt auch in der Küche, was besonders toll ist, da es immer Kakao und Milch zur Verfügung gibt.
Ricardo, Paulas Vater, hat mich schon mit einem neuen Spitznamen versehen, und ich bekomme privaten Spanischunterricht von ihm. Was kann man sich mehr wünschen?
Hakuna Matata und danke für den Fisch.
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