Korruption in Rumänien
Mit der neuen Justizreform in Rumänien tritt die Korruption im Land wieder in den Fokus der Öffentlichkeit. Doch warum stellt diese Reform eigentlich so ein Problem dar?
Wie auch andere Länder (beispielsweise die USA) erleben gerade auch die Länder innerhalb der Europäischen Union einen Anstieg von nationalistischen und/ oder demokratiefeindlichen Parteien. Auch Mitglieder der Europäischen Union, in denen seit noch gar nicht so langer Zeit Frieden und/ oder Demokratie herrscht, in denen die Erinnerungen an Gewalt und andere Katastrophen noch dementsprechend frisch sind, sehen sich Staats-und Demokratiekrisen gegenüber. Im Folgenden werde ich mich ein bisschen mehr mit der, von der Regierung angestrebten, Justizreform in Rumänien auseinandersetzen. Diese ist in den letzten Tagen immer wieder in den Nachrichten thematisiert wurde. Im Mittelpunkt der aktuellen Debatte steht ein Gesetzesentwurf der die Kompetenzen der für die Verhinderung von Korruption zuständigen Staatsanwälte beschneiden soll. Die Behörde soll künftig nicht mehr gegen Verwaltungsbeamte ermitteln können. Zudem soll die Kontrolle des Justizministeriums über die Staatsanwälte ausgeweitet werden.
Korruption ist in Rumänien schon sehr lange Zeit ein Problem. Wahrscheinlich auch deshalb kennt die rumänische Sprache 30 Redewendungen für die Umschreibung von Schmiergeld. Schon in den ältesten rumänischen Texten kamen die ursprünglich slawischen und türkischen Begriffe bacșiș, ciubuc, șperț, șpagă und mită vor die so viel bedeuten wie Geschenk, Gabe oder auch Schmiergeld. Schien sich die Situation mit Anfang der Beitrittsverhandlungen und dem folgenden EU-Beitritt allmählich zu bessern, sieht es jedoch jetzt so aus als würden die Fortschritte wieder zunichtegemacht werden.
Schon die letzte Regierung hatte Anfang des Jahres versucht per Dekret mehrere Vergehen mit sofortiger Wirkung für straffrei zu erklären und beschlossen, dass auf Amtsmissbrauch nur eine Gefängnisstrafe folgen kann, wenn der Streitwert über 44.000 Euro liegt. Zudem sollte das Parlament über ein Gesetzesvorhaben zur Amnestie von Straftätern abstimmen, welches dazu geführt hätte, dass Straftäter, die zu weniger als fünf Jahren Gefängnis verurteilt wurden Amnestie erhalten hätten. Davon hätten mehrere Politiker, die wegen Korruption in Haft sitzen, profitieren können. Nur aufgrund des starken öffentlichen Protests musste die Regierung von ihrem Vorhaben abrücken und wenig später trat der damalige Ministerpräsident Sorin Grindeanu auf Druck seiner Partei PSD von seinem Amt zurück.
In Bukarest gingen letzte Woche rund 10.000 Menschen auf die Straße um ihrem Unmut über die neuen Reformvorhaben der Regierung Luft zu machen. Vor allem junge Leute sind empört über die Pläner ihrer Regierung. Schon seit einer Weile versuchen sie mit verschiedenen Aktionen auf die Korruption in ihrem Land aufmerksam zu machen. Eines der erfolgreichsten ist eine Internetplattform, auf der Menschen veröffentlichen können wie viel sie, wo, für welche Leistung an Schmiergeld gezahlt haben und ob sie mit der Gegenleistung zufrieden waren. Auf diese Weise wollen die Betreiber (eine Nichtregierungsorganisation, die sich „funky Citizens“ nennt) die Schmiergelder möglichst niedrig halten und auf die Problematik in ihrem Land aufmerksam machen. Auffallend ist dabei das junge Menschen anscheinend schon in der Schule mit Korruption in Kontakt kommen. Deshalb fangen sie jetzt auch an sich dort das erste Mal gegen diese Kleinkorruption zu engagieren. Schüler und Studentenverbände verbünden sich auf Facebook und sind in den sozialen Netzwerken so aktiv wie noch nie. Dennoch versuchen sie auch weiterhin offline sich einzumischen und der politischen Oberschicht gegenüber zutreten, wie man bei den starken Protesten in der Hauptstadt immer wieder sieht.
Konkret soll es mit dieser Reform möglich werden, dass auch verurteilte Straftäter zum Präsidenten gewählt werden können. Die bisherige Aufgabe des Staatspräsidenten, die oberen Staatsanwälte des Landes zu ernennen, soll der Justizminister übernehmen. Kritiker befürchten damit eine Aushöhlung des Prinzips der Gewaltenteilung.
Korruption wird laut einer EU-Studien in Rumänien oft als normale Problemlösungsstrategie akzeptiert und ist dementsprechend tief in der Bevölkerung verwurzelt. Viel beschrieben wird, dass sich die rumänische Bevölkerung gerne als Opfer des Systems darstellt. Jedoch ist Korruption in dieser Menge nicht ohne die, eben angesprochene breite Akzeptanz in der Gesellschaft möglich. Korruption reicht hier vom amtierenden Minister bis ins Rathaus oder auch in die Kirche hinein (dazu veröffentlichte der Tagesspiegel im April einen Artikel „Rumänien- Es läuft wie geschmiert). Sie bietet eine Alternative zu den offiziellen, oft nicht funktionierenden Wegen. Ohne Korruption sind die meisten Dinge, gerade was bürokratische Vorhaben und sozialstaatliche Aufgaben angeht, fast unmöglich geworden. Deshalb lässt sich die Korruption wahrscheinlich ohne eine Stärkung des Sozialstaats nicht bekämpfen. Um die Mittel dafür von der Europäischen Union zu bekommen, müsste Rumänien jedoch erhebliche Fortschritte in der Korruptionsbekämpfung vorzeigen könne. Dies scheint im Moment jedoch nicht möglich.