Kirche x contemporary art: Kunst aus dem verlassenen Krankenhaus
my city has a lot of faces
-some can be found in forgotten places
„Hier muss es sein.“ ‚im verlassenen Krankenhaus‘ findet die Party statt, so stand es zumindest auf dem Zettel. Wir öffnen die angelehnte Tür und finden uns in einem Treppenhaus wieder. Es gibt kein Licht und wir tasten uns mit unseren Handytaschenlampen durch die Dunkelheit. Wir folgen den Treppen nach oben. Nach einer Weile beginnt die himmelblaue Tapete sich von der Wand zu schälen. Wir hören Musik, die immer lauter wird, je weiter wir nach oben gelangen. Dumpfe Bässe dringen an unsere Ohren, vermischt mit einem schrillen Schrei. Als die Treppenstufen im obersten Stockwerk enden erblicken wir eine offenstehende Gittertür. Wir begeben uns tiefer in das verlassene Krankenhaus, wir erblicken Menschen, die auf dem Flurboden sitzen und rauchen und dunkle Räume in denen sich Leute unterhalten. In einem Raum spielt ein DJ auf einer verzerrt klingenden Zimmeranlage „I Wanna Go Bang“ von Bjarki während einige Leute mit Plastikbechern in der Hand um den Schreibtisch, hinter dem der DJ spielt, herumtanzen. Blaue Visuals werden an die Dachschräge gebeamt. Wo sind wir hier gelandet? Ich spüre eine merkwürdige, gruselige Atmosphäre. Ich spüre den Kitzel aller Underground Partys, Nächte bei denen man nie weiß, was einen hinter der nächsten Ecke erwartet.
Das verlassene Krankenhaus wurde von der griechischen orthodoxen Kirche gebaut. Architektonisch besonders verrückt: es wurde auf eine Kirche gebaut. Wenn man aus einem Fenster herausblickt kann man den Rundgang eines Kirchenschiffs erblicken. Doch wie kommt es, dass hier in einem Gebäude der orthodoxen Kirche nachts Partys stattfinden?
Ein paar Monate nach meiner ersten Begegnung mit dem alten Krankenhaus stehe ich in Mitkos Atelier, ein Zimmer in dem alten Gebäude. An der Wand hängen bunte Tierköpfe. Ein Teil Mitkos nächster Ausstellung in Sofia. Hier treten verschiedene Künstler gegeneinander an und wer gewinnt darf in einer Ausstellung in New York ausstellen.
Eine Gruppe von bulgarischen Künstlern sind die Pächter des verlassenen Krankenhauses. In der Kirche darunter finden schon lange keine Gottesdienste mehr statt, doch ein Priester, der sich um das Gebäude kümmert ist noch da. Weil die Räume des ehemaligen Krankenhauses ungenutzt sind hat die Kirche diese vermietet unter einer Bedingung: Die Kirche muss erhalten bleiben. Weil die Räume unter dieser Bedingung nicht besonders gewinnversprechend sind für Unternehmen war eine Gruppe von Künstlern bereit den höchsten Preis dafür zu zahlen. So gibt nun die konservative orthodoxe Kirche einen Raum für zeitgenössische Kunst – ein Widerspruch? Zwar sind die Wertevorstellungen der Kirche und der Künstler sehr verschieden, doch Kunst und Religion lägen nah beieinander, so einer der Künstler.
„Ich will nach Berlin.“ meint Mitko. „Alle sagen, dass es toll ist!“ Aber Reisen ist teuer, die einzige Möglichkeit ist eine Residenz in einer Galerie im Ausland. „Die sind aber meistens nur an großen Namen und den eigenen lokalen Künstlern interessiert.“
„Hier in Plovdiv ist es zwar billig zu leben, aber es gibt kein Publikum für zeitgenössische Kunst.“ Das sieht auch ein anderer Künstler, der im verlassenen Krankenhaus arbeitet so. „Ich mache manchmal Ausstellungen in den Niederlanden. Dort kann ich meine Werke gut verkaufen. Hier finde ich auch manchmal Käufer, aus Sofia, oder sogar aus Plovdiv. Aber der Preis, den man gezahlt bekommt ist viel niedriger. Wenn man an verschiedenen Orten zum gleichen Preis verkaufen kann muss man schon sehr berühmt sein.“
Boris malt auf große Leinwände. Er zeigt mir einige seiner Werke. Sie sind sehr beeindruckend, da er verschiedene Maltechniken verwendet für die verschiedenen Objekte auf den Bildern. Manche Objekte sind fotographisch echt dargestellt, andere erinnern einen eher an ein altes Gemälde. Dadurch wirken einige Bilder wie eine zusammengeschnittene Collage.
„Gäste sind hier natürlich immer willkommen, aber es ist nicht unsere Idee hier regelmäßig Veranstaltungen zu machen. Das hier ist keine Galerie, sondern unser Arbeitsort, malen kann ich am besten wenn es ruhig ist und ich ungestört bin. Eine Party, wie du sie hier erlebt hast gibt es hier vielleicht zweimal im Jahr.“
Im September soll es im Rahmen der Nacht der Museen und Galerien in Plovdiv ein Event im verlassenen Krankenhaus geben. Besucher werden dazu eingeladen die Geschichte des Gebäudes zu erkunden und die Arbeiten dessen Bewohner zu besichtigen.
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