JTJ und Hallelujah
Minneyano? (Was geht ab?) Beste Grüße aus der österlichen Versenkung! Jesu, ete shi! Jesus ist auferstanden!! Hallelujah!! Das habe ich in den letzten Tagen aus aller Munde und Lautsprecher gehört. Aber lasst mich doch einmal kurz paar Wochen vorher anfangen. Zeit für weniger Gesellschaftsstudien und mehr Status-Update!
Vor wenigen Wochen flog in einer Passagier-Maschine meine bessere Hälfte und Partner in Crime hier ins Inland, um einen Staatsbesuch in meiner James Town Nachbarschaft anzutreten. Glücklicherweise wurde der junge Mann gleich völlig verzweifelt am Flughafen von der Einwanderungsbehörde gestoppt, nachdem er lediglich meine Telefon-Nummer, allerdings aber keine Residenz-Adresse vorweisen konnte. Nach einem netten Telefonat mit mir, der ich mitsamt Empfangskomitee vor dem Flughafen wartete, stellte sich heraus, dass der Immigration-Officer auch aus James Town kam und sogar meine Arbeitsstelle kannte…. Und so begann das Wiedersehen einer etwas anderen Art.
In den folgenden Tagen reisten wir in tiefgekühlten Nachtbussen, sonnenerhitzten TroTros, erzählten ein wenig über Gott und die Welt und noch mehr über Fußball & Ghana. Unsere einziger touristischer Programmpunkt: Der Mole National Park im Norden Ghanas. Ein sehr steiler Moment Elefanten, Warzenschweine und Antilopen in freier Wildbahn zu sehen und ein sehr beklommener und falscher Moment in einem Hotel ausschließlich mit Weißen zu sein. Trotzdem coole neue Leute getroffen, über Privilegien diskutiert (Reportage folgt) und eben auch mal den Touristen raushängen lassen, wenn Themen platt getreten werden, die in 7 Monaten James Town einfach irrelevant waren, während am Nachbar-Tisch ein paar pensionierte Holländer die Vogel-Beobachtungen des Tages auswerten.
Die nächsten 2 Wochen waren keineswegs chillen, grillen, 3 Tage rocken. Ich war in der finalen Planungsphase für mein selbstgewähltes weltwärts-Projekt. Die „JTJ (James Town real HipHop-Jam)" sollte eine bunte Tagesveranstaltung werden, bei der mit Hilfe der Elemente des HipHops (Breaking, Spraying, DJing & Rapping) das kreative Selbstverständnis und das Selbstbewusstsein seine eigenen Talente zu entdecken und zu entwickeln bei der lokalen Jugend geweckt werden sollte. Dafür gab es neben Materialieneinkäufen, Essensversorgung, Künstler-Management und andere Versorgungsfragen noch vieles mehr zu planen, und ja ick war, sachen war ma, stark unner Strom!
Mein Kollege, war aber keineswegs auf meinen Stress angewiesen, hatte er es sich doch zur Aufgabe gemacht, gefühlt für jeden lokalen Künstler ein Video zu drehen. So hetzte auch er von einem Dreh-Termin zum nächsten und ist nun mit Material für, lasst mich lügen, 7 Musikvideos in der Tasche nach Hause gereist. So sieht Urlaub next level aus, oder eben auch nicht. Jedenfalls zum abendlichen Ausspannen bei Bier und Banku, gab es dann genug auszutauschen.
Und schließlich war da einfach der 24. März, der Tag der Jam. Da ich auf Grund des Arbeitsverhältnisses in dem ich stehe nun schon 2 volle Berichte zu diesem einen Samstag schreiben musste, verzeiht mir wenn ich es kurz fasse. Außerdem lassen Adrenalin und Sprühdosendunst nur einen verschwommenen Rückblick zu. Ein Versuch:
*Feuer*Zisch!*Musik*Sillhouetten*… ok, genug des Actionfilms. Nach Einwirken der Ghana-Time (Treffzeiten bedeuten „Ich mach mich denn mal langsam auf den Weg“) traf die Bühne mit 2h Verspätung ein, was eine katastrophale Folge von Ereignissen auslöste. Nichtsdestotrotz startete das Event um 2 Uhr statt um 12 Uhr und an der Motivation der Mitwirkenden hatte sich nichts geändert, nur mir war das Herz schon mehrfach in die Hose gerutscht. Nun ja, auch HipHop-Events stehen ja meist im Rahmen starker Verspätungen, wir haben es also einfach nur real gekeept! Dann gab es aber doch einen bunten Mix aus Basketball-Turnier, Graffiti-, Poesie-, Performance-, DJing- und Tanz-Workshop, welche von den rund 200 Teilnehmern gut aufgenommen wurden und abgerundet wurde das Ganze dann von einer großen Cypher. Verschiedenste Künstler mit denen wir uns vorher über das Radio connectet hatten, traten auf und präsentierten (meist) ihre Raps. Aber auch talentierte Dance-Crews und Sängerinnen waren am Start. Die Crowd wurde mit Sonnenuntergang ein wenig dezimiert und auch das Soundsystem warf immer wieder Fragen auf, doch das minderte die Motivation der Artists nur kaum. Hätte ich mich nicht von vorn herein unter Strom gesetzt, so hätte ich das ganze Event am Abend sicherlich mehr genießen können. Die Bilder, welche in den folgenden Tagen allerdings auf unseren Social-Media-Kanälen auftauchten zeigen durchaus eine bunte Party. Ob wir unsere Anfangsmotivation und unser selbsternanntes Ziel umsetzen konnten, dessen bin ich nicht sicher, auch nicht, ob ich nächstes Jahr vielleicht wieder anreise um das Projekt fortzuführen. Die Energie und Anstrengungen, die ich hineingesteckt habe, habe ich definitiv als Erfahrungswerte mit rausgenommen. Und das Radio ist ein paar Kontakte reicher. Haken hinter die Sache. Aber das Branding der „JTJ“ hat auf jeden Fall funktioniert.
Palmsonntag wurden die letzten Dreharbeiten an dem ein oder anderen Grammy-verdächtigen Streifen abgeschlossen und abends wurde das oben genannte Empfangskomitee zum Abschieds-Trupp. Der Weg zum Flughafen war natürlich ein wenig touching. Also klar, mein Kollege verließ mich für weitere 5 Monate, aber da jedes Wiedersehen eh immer nur gefühlt Wochen her ist, war das kein Dingo. Viel mehr erinnerte mich der Weg in die Departure-Zone daran, dass ja die Uhr nun langsam rückwärts tickt, bis auch ich diesen Marsch antreten muss! Wer glaubt denn bitte wie schnell ein Jahr herum ist?
Und plötzlich war man mitten in der Karwoche. Auswerten, rückblicken, Informationen sammeln und vor allem entspannen – das war so ziemlich dat Motto der Tage. Und dann die Osterfeiertage, die ich natürlich hier auch in der Kirche antesten wollte! Ja nun ja, antesten ist vielleicht ein wenig verharmlost…. An Karfreitag und Ostersonntag wurde ich zusammengerechnet 10h in der Kirchenbank gehalten. Dabei war der 4-stündige Ostersonntagsgottesdienst aber tatsächlich ein Highlight. Die ghanaischen Messen, die ja sowieso immer happy sind, fanden hier im Hallelujah verbunden mit Taschentuch-Gewinke ihren Höhepunkt. Als dann noch Tochter Zion mit österlichem Text gesungen wurde hielt mich nix mehr auf den Bänken!! Nun gut, also im Vergleich zu meinen Banknachbarn stand ich einfach nur versteift herum. An Karfreitag hingegen war eine stinknormale Messe, dann eine Stunde Pause mit Refreshments in der Kirche und anschließend eine Art abgewandelter Kreuzweg, bei dem aber leider mehr Fokus auf Kreuz als auf Weg gelegt wurde, weshalb die meisten älteren Damen in ihren Bänken nach 5h konzentriertem Gesang langsam ins Land der Träume überglitten und ja auch meine Augen schlossen sich häufiger, natürlich ob des Anlasses. :D
Nach Ostersonntag füllte dann die ganze Kirchjugend 2 TroTros und macht sich auf die Reise zu einer Kollegin und Freundin, deren Vater verstorben war: Condolenz-Besuch. So etwas habe ich auch noch nicht erlebt. Da sitzt die Familie in Trauer-Kluft und vor ihr knapp 30 Jungspunde um die Anfang 20 und alle singen zusammen ein paar Kirchlieder, beten, schütteln Hände und fahren nach 20min wieder ab. Anteilnahme kurz aber bündig.
Nebenkirchlich waren die Clubs der Stadt zu den Ostertagen natürlich besonders belebt, aber ich hatte relaxtes HomeOffice gewählt und genoss dementsprechend das Ei auf dem Balkon, statt in Form von Likör im Glase. Nur Ostermontag traute ich mich schließlich auch mal heraus auf die Straßen Accras und besuchte die Osterparty eines Kumpels.
Das Resümee: Nach sehr belebten und stressreichen Tagen hatte ich relaxte Ostern, mit mehr besinnen und weniger suchen und dennoch genug Zeit, die vorangegangenen Äctions auszuwerten. Euch auch paar gute angenehme Tage! Wir hören uns wieder zu Pfingsten.
Mit entspannten Grüßen
KojoThomas Nii Lante
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