INTERVIEW: Was ist denn ein Wollentier?
Thilo Neumann hat mit der Erfinderin von Wollentier gesprochen und dabei herausgefunden, dass ein Wollentier ganz schön begeistern kann.
Mitra hat das Projekt “WollenTier” ins Leben gerufen und führt es nun durch.
Hallo Mitra! Was machst Du gerade, und wo kommst Du her? Ich studiere Biologie in Frankfurt am Main, wo ich auch wohne.
Wie kamst Du zum ersten Mal mit einem Freiwilligendienst in Kontakt? Mir fielen irgendwann Info-Flyer über Au-Pair- Vermittlungen in die Hände. Da ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste, was ich nach dem Abitur machen soll, erkundigte ich mich bei der Berufsberatung des Arbeitsamts über Möglichkeiten eines Auslandsaufenthalts nach der Schule. Neben verschiedenen ökologischen und sozialen Praktika gefiel mir damals besonders das Angebot vom “Europäischen Freiwilligendienst” (EFD). Dafür habe ich mich über das IBZW beworben.
Wo hast Du Deinen Freiwilligendienst verbracht, und was hast Du dabei gemacht? Für ein halbes Jahr habe ich in Amsterdam in den Niederlanden gelebt. Ich wohnte mit vielen anderen Freiwilligen zusammen in einer WG direkt in der Innenstadt. Jeden Tag brachen wir auf und halfen den unterschiedlichsten sozialen Einrichtungen Amsterdams: Kindergärten, Obdachlosencafes, Seniorenheime, Drogenberatungsstellen und Migrantenorganisationen. Nebenbei lernten wir Niederländisch, auch wenn die Anwendung des Gelernten meist ausblieb, denn wir unterhielten uns fast immer in Englisch.
Kannst Du eine schönes und eine trauriges Erlebnis schildern? Dienstags half ich in einem Kindergarten, in dem viele surinamische Kinder waren. Surinam ist eine niederländische Kolonie gewesen. Anfangs verstand ich leider gar nichts, nicht einmal das Englisch der Betreuerin. Die Kleinen hat das nicht wirklich gestört, denn sie kamen einfach auf mich zu, und haben mir voller Stolz von ihren Spielzeugen erzählt. Und das ging oft ins “knuffeln” (niederl. für “knuddeln, kuscheln”) über, was ganz nett war. :-) Bei meinem Abschied vom Kindergarten habe ich dann geheult wie ein Schlosshund, denn nach kurzer Zeit habe ich die Kinder doch sehr lieb gewonnen.
Was hast Du während Deiner Freizeit angestellt? Eigentlich wollte ich mir alle möglichen Museen anschauen und etwas von der Kultur des Landes lernen. Aber durch den unvermeidlichen Kontakt zu den anderen Freiwilligen wurden meine Pläne meist geändert. Wir veranstalteten gemeinsame Abendessen, besuchten andere Freiwillige in Amsterdam und erkundeten die Supermärkte unseres Viertels.
Was hielten die Leute in Amsterdam von dem Freiwilligendienst? Viele fanden die Idee ganz toll, für ein paar Monate woanders zu leben und zu arbeiten. Aber viele fanden es befremdlich, dass ich “nur für ein Taschengeld” gearbeitet habe.
Wie empfandest Du Deine Rückkehr nach Frankfurt? Da der organisatorische Teil (Taschengeld, Unterkunft, Verpflegung) in Amsterdam ziemlich chaotisch ablief, war ich schon glücklich, wieder in heimatliche Gefilde zu kommen, wo mich meine Familie und meine Freunde erwarteten. Außerdem folgte nahtlos mein nächstes Semester, und durch den vorgegebenen Wochenablauf wurde meine bis dahin lieb gewonnen freie Zeitplanung leider eingeschränkt.
Gab es eine Nachbereitung zu Deinem Auslandsaufenthalt? Beim EFD (Europäische Frewilligendienst) wird der Dienst durch Seminare begleitet, sowohl vor als auch während und nach dem Aufenthalt. Im “Rückkehrerseminar” in Witzenhausen traf ich auf andere ehemalige Freiwillige, die ebenfalls ihren Dienst beendet haben. Wir tauschten unsere Erfahrungen aus und sprachen über unsere Zukunftswünsche.
Kam es dabei zu dem Projekt “WollenTier”? Jain. Die Idee dazu gab’s schon vorher. Auf einem der Begleitseminare während des Aufenthalts wurden uns Projekte von ehemaligen Freiwilligen vorgestellt. Wenn wir auch eine Idee für ein Projekt hätten, das im Zusammenhang mit unserem Freiwilligendienst steht, könnten wir uns ebenfalls um eine Förderung der EU bewerben. Auf dem Rückkehrerseminar wurde die Unterstützungsmodalitäten dann ausführlicher besprochen.
Wie ging’s dann weiter? Auf einem dreitägigen Workshop wurden Interessierte für Planung und Vorbereitung eines solchen Projekts geschult. Uns wurden auch ein paar Tipps zur Bewältigung des Papierkriegs gegeben. Einige Wochen nachdem ich meine Bewerbung eingereicht hatte, kam der Brief mit der freudigen Botschaft: Meine Projektidee war für unterstützungswürdig befunden worden! :-)
Mit welchen Schritten begann Dein Projekt? Eigentlich schon mit dem Ausfüllen der Bewerbungsformulare. Denn dazu gehörte das Aufstellen eines Ablauf- und eines Kostenplans sowie die Formulierung von Idee, Zweck, Ziel und Umsetzung. Nach der Annahme meines Projekts begann ich mit der Kontaktsuche zu Freiwilligen und zusätzlichen Sponsoren. Ich reservierte mir die Domain “WollenTier.de” und nötigte andere Menschen, diese auch mit Inhalt zu versehen. Den aktuellen Stand bringe ich auf diese Website, jederzeit zu finden im Statusbericht.
Ok, was hast Du als Idee, Zweck und Ziel bei der Bewerbung angegeben? Idee: Mehr Menschen für einen gemeinnützigen Auslandsaufenthalt begeistern, und verschiedene Wege aufzeigen, wie man dies umsetzen kann. Zweck: Ich will erreichen, dass sich mehr Menschen freiwillig bzw. ehrenamtlich engagieren. Ziel: Interviews und Fotos mit Ex-Freiwilligen machen, diese dann auf der Website hier veröffentlichen und zu Postkarten verarbeitet in Lokalen streuen.
Wozu willst Du diese Website benutzen? Hauptsächlich um die Interviews und die Bilder möglichst vielen Leuten zugänglich zu machen, aber auch um Kontakt zwischen Interessierten herzustellen. Es gibt ja schon viele Websites zu diesem Thema, aber diese sind oft veraltet. Um einem ähnlichen Schicksal zu entgehen, wird das “WollenTier” im Sommer 2004 “eingeschläfert”. Aber bis dahin werden die Seiten “artgerecht” und aktuell gehalten.
Vielen Dank für das nette Gespräch. Ich wünsche Dir viel Glück bei deinem Projekt, ein paar tolle Stunden mit deinen Interviewten, gute Fotos und viele Hits auf diese Website.