Immer unterwegs
Als Nora ein paar Tage zu Hause verbrachte, war alles (fast) wie früher: „Ich fühlte mich sofort wieder wohl und kein Stück fremd oder seltsam.“ Nur mit ein paar ihrer Freunde fiel das Gespräch plötzlich etwas schwerer.
Ja ja, ist schon in Ordnung. Ich weiß, ich habe schon seit Ewigkeiten nichts mehr von mir verlauten lassen und dabei ist doch so viel passiert. Aber vielleicht ist es gerade das: Man kommt zwischen alledem kaum zur Ruhe, ehe schon wieder etwas Neues zu berichten wäre. Aber immerhin kann ich sagen, dass ich gegenüber dem letzten Eintrag um Vieles ausgeruhter und fröhlicher bin. Immerhin bin ich seitdem für drei Wochen zu Hause gewesen und habe zwei wunderschöne Kurzurlaube hinter mir.
22.04. bis 26.04.
Um jedoch an den letzten Eintrag anzuknüpfen, muss ich noch vom Camp in Le Memont erzählen, in das ich die Kinder für vier Tage begleitet habe. Durch die Ausflüge mit meiner Arbeit habe ich während meines Jahres hier schon viel gesehen. Diesmal sollte es also die wunderschöne Berglandschaft im Jura sein. Dorfidylle mit Kühen vor der Haustür. Unsere Besuche führten uns in die Citadelle von Besançon, die einen schönen Zoo beherbergt, zu den Wasserfällen Saut de Doubs und in die überhaupt landschaftlich schöne Umgebung. In diesen vier Tagen habe ich die Kinder mal wieder von einer anderen Seite kennen gelernt und es war insgesamt sehr entspannt. Von Urlaub als solchem konnte für mich aber trotzdem nicht die Rede sein.
27.04. bis 30.04.
Den Urlaub hab ich dafür in den vier nächsten Tagen nachgeholt. Luxembourg hatte ich ja schon erwähnt, und ich kann jedem nur empfehlen, es mal zu besuchen. Den ersten Tag hab ich dann auch nur mit Sightseeing verbracht. Die auf dem Berg gelegene Altstadt ist wunderschön. Ich hatte vorher ein bisschen Angst, dass ich mich alleine langweilen würde, aber dem war dann nicht so. Ich hatte endlich mal Zeit für mich allein. So habe ich auch alles sehr gemütlich angehen lassen und mich in Cafés gesetzt oder im Alzettetal auf die Wiese gelegt und viel gelesen. Mit dem Hospitality Club hatte ich leider kein Glück, aber dafür hat es in der ersten Nacht mit der Jugendherberge direkt in Luxembourg-Stadt geklappt, sodass ich am nächsten Tag meinen Rundgang fortsetzten konnte.
Ein bisschen enttäuscht war ich allerdings vom nagelneuen Museum für Moderne Kunst, denn es war so neu, dass es noch nicht einmal eröffnet war. So bin ich also ganz umsonst da hin gewandert; es lag auch noch ein Stück außerhalb der Stadt und ich hatte mir extra eine längere Wanderung durch den Wald herausgesucht. Aber was soll’s, ich hab mich davon nur kurz stören lassen. Am Abend bin ich dann in einer Jugendherberge mehr im Landesinneren, in Wiltz, untergekommen. Aber das war auch nicht schlimm, im Gegenteil, denn es lag nur eine Stunde mit dem Zug entfernt und zu meiner Überraschung waren kaum Leute in der Herberge, so dass ich Küche, Bad (mit Badewanne) und Gemeinschaftsraum (mit Fernseher) für mich alleine hatte. Ich kann Euch sagen, das war echt gemütlich. Und weil ich Gefallen daran gefunden hatte, mich auszuruhen, habe ich den nächsten Tag komplett in Schwimmbad und Sauna in Luxembourg-Stadt verbracht. Na gut, nachdem es die letzten Tage schön gewesen war, hatte es heute angefangen zu regnen. Aber Sauna passte mir sowieso ganz gut. Und so bin komplett erholt und glücklich nach Strasbourg zurückgefahren.
01.05. bis 06.05.
Und dann war es ja auch nur noch eine Woche, bis ich nach Hause fahren sollte. Ich kann sagen, dass ich mich wirklich darauf gefreut habe. Lange Zeit in einem anderen Land mit einer anderen Sprache zu leben, strengt eben doch ein wenig an, auch wenn man sich noch so gut eingewöhnt hat. Ich bin weit davon entfernt zu sagen, dass es mir hier nicht gefallen würde und doch habe ich mich müde und ausgelaugt gefühlt. Zeit also, um mal wieder für ein paar Tage nach Hause zu fahren und ein bisschen Energie zu tanken.
07.05. bis 23.05.
Sonntagfrüh um drei zu Hause angekommen, war ich komplett gerädert, da ich eine siebenstündige Fahrt in einem VW-Golf hinter mir hatte, der mit fünf Mann komplett ausgelastet war. Und trotz Aufregung und Freude über mein Eintreffen zu Hause, hab’ ich nichts weiter geschafft, als ins Bett zu fallen. Aber es war sofort wieder alles wie vorher; als ob ich einfach aus einem Urlaub nach Hause gekommen wäre. Ich fühlte mich sofort wieder wohl und kein Stück fremd oder seltsam. Unter dieser Voraussetzung konnten die folgenden Tage auch nur schön werden.
Gleich am nächsten Morgen noch bin ich in die Dresdner Neustadt gefahren, um mit meiner besten Freundin zu frühstücken. Ich war ja so überwältigt von Angebot und Preisen auf der Karte des Cafés, dass ich gar nicht wusste, was ich zuerst bestellen sollte. Dabei fiel mir wieder einmal auf, dass ich eigentlich ein bisschen enttäuscht bin von der französischen Cafékultur, die ja angeblich so ausgeprägt sein soll. Davon habe ich bis jetzt nichts gemerkt. Man hat die Auswahl zwischen Kaffee oder Milchkaffee, die dann noch dazu extrem teuer sind. An diesem Morgen also verkehrte Welt für mich. Ich genoss es, mit Susi zu reden, in der Sonne zu sitzen und zu Hause zu sein.
In den nächsten Tagen hatte ich volles Programm und traf eine Menge Leute. Viele alte Freunde, von denen die meisten noch geblieben waren, wie ich sie in Erinnerung hatte, aber auch einige, mit denen das Reden plötzlich schwer viel. Aber auch das gehört wahrscheinlich zu den Erfahrungen des Freiwilligenjahres: nicht nur Freunde finden, sondern auch Freunde verlieren.
Ein herzlicher Empfang war mir aber durch mein Team von der Wasserwacht sicher. Wir legten uns sogleich noch mal im Training ins Zeug, um am Wochenende für die Sachsenmeisterschaft gerüstet zu sein, die ja der eigentliche Grund dafür war, dass ich genau jetzt frei genommen hatte. Dieses Wochenende war dann auch der volle Erfolg, da wir eine Menge Spaß miteinander hatten und unsere Frauenmannschaft gar nicht so schlecht abgeschnitten hat: vierter Platz, immerhin!
Auch eine lustige Aktion in diesen Tagen war mein erster Blutspendetermin. Das Spenden an sich verlief ohne Probleme, sodass ich nach einer halben Stunde wieder raus gewesen wäre. Wäre da nicht mein Kreislauf... Im Nachhinein kann ich darüber nur lachen, aber in dem Moment habe ich die ganze Schwesternschaft auf Trab gehalten. Zwei Stunden mit Beinen hoch auf einer Liege gelegen, unterbrochen von den Intervallen, in denen ich der Meinung war, dass es wieder geht. :-)
Schön war auch, die Freundin wieder zu sehen, die mit mir in Strasbourg ihren Freiwilligendienst angefangen, aber dann abgebrochen hatte. Es geht ihr mittlerweile wieder besser und sie konnte die Klinik vor ein paar Wochen verlassen. Gute Neuigkeiten diesbezüglich also.
Gut getan haben mir auch die zwei Tage an der Ostsee, an denen ich die Uni in Greifswald besuchen konnte. Es macht alles einen sehr guten Eindruck, vieles was neu gemacht ist, die Professorin, mit der ich gesprochen habe, war echt nett und auch die Studenten erzählen nur Gutes. Die Stadt ist klein, aber sehr hübsch. Im Ganzen macht es große Lust, dort sofort anzufangen. Jetzt bleibt nur noch Daumendrücken, dass ich angenommen werde. Aber irgendwie ist das trotzdem alles ein bisschen von gemischten Gefühlen begleitet gewesen: Wieder irgendwo ganz neu anfangen. Niemanden kennen, alles neu aufbauen. Aber man wird sehen, am Ende geht auch das wieder schneller, als gedacht.
Schneller als gedacht, waren auch die drei Wochen zu Hause um und meine Großeltern standen vor der Tür, um mich auf ihrem Weg in den Urlaub in Strasbourg abzusetzen. Ein Abschied, der mir schwer fiel und doch von dem Wissen begleitet wurde, dass auch hier Menschen sein würden, die auf mich warteten.
Die Hoffnung wurde allerdings enttäuscht, da genau an diesem Wochenende alle verflixterweise irgendwohin gefahren waren. Nun ja, nach einem kleinen Blues in den ersten zwei Tagen, habe ich mich aber relativ schnell wieder erholt und bin richtig froh, hier zu sein Gestern habe ich dann nach langer Zeit auch Swantje das erste Mal wieder gesehen. Wir haben zusammen gekocht und mussten unser Gesprächsdefizit der letzten zweieinhalb Monate ausgleichen. Aber das ist jetzt schon vorgegriffen, denn dann kam nämlich noch mein Kurzurlaub in Lyon.
03.06. bis 05.06. Das war auch so eine Sache, denn Kristin kam mit dem Vorschlag nach Lyon zu fahren schon vor ein paar Wochen, aber wie wir so sind, haben wir das natürlich schleifen lassen. Bis wir uns in letzter Minute doch noch entschieden haben, es zu machen. Anfangs sah es aber gar nicht gut aus, denn Fahrt und Übernachtung waren einfach zu teuer. Wir hatten uns schon entschlossen, das Wochenende im Elsass zu verbringen, als sich Jiri und Marc plötzlich mit der Nachricht meldeten, dass sie eine Lösung gefunden hätten. Und so konnte es schließlich doch wie geplant in der Nacht von Freitag auf Samstag losgehen.
Im gemieteten Auto ging es mit der aufgehenden Sonne dem Süden entgegen. Eigentlich hatten wir gedacht, wir würden gegen Mittag in Lyon sein, aber dann fanden wir es doch gemütlicher, auf unserer Reise immer mal halt zu machen. So haben wir zum Beispiel den Löwen von Belfort im Sonnenaufgang gesehen und in Besançons Altstadt in der Morgenluft gefrühstückt.
Des Nachmittags an unserem Ziel angekommen, haben wir uns auch sofort auf Entdeckungstour begeben. Lyon ist riesig! Die drittgrößte Stadt Frankreichs. Aber einmal im alten Stadtkern angekommen, merkt man davon nicht mehr viel, denn dort sind die Straßen plötzlich alles kleine Gässchen und an jeder Ecke findet man Straßencafés und kleine Läden. Dann wiederum brechen die Häuserfronten plötzlich auf und man steht auf einem Platz vor einer gigantischen Kirche, von denen es dort reichlich gibt. Alles lädt zum Bummeln und Staunen ein. So wäre es uns nicht schwer gefallen unser Wochenende nur mit Herumlaufen oder Cafétrinken zu verbringen. Aber wir haben auch ein wenig Kultur und Geschichte genossen. Neben dem Museum für Bildende Kunst (auf meinen Wunsch) haben wir auch dem Museum für Résistance (Widerstand gegen den Nationalsozialismus) in Frankreich besucht. Dieses war wirklich gut gemacht und hat uns vier ganz schön zum Nachdenken angeregt. Es ist schon komisch, was für einen Unterschied es doch ausmacht, von welcher Seite der Landesgrenze aus man Geschichte betrachtet.
Am Montagnachmittag ging es auch schon wieder los und nachdem in Lyon die ganze Zeit schönes Wetter gewesen war, hatte keiner Lust, wieder ins verregnete Elsass zurückzukehren.
Jetzt... ...zwei Wochen später, ist aber auch hier das schöne Wetter eingekehrt. Sonne pur. Und wie bei allem, ist es gleich schon wieder zu viel. Bei 38 Grad Celsius in der Sonne brutzelt einem jegliche Motivation, sich zu bewegen, dahin. Was für ein Glück, dass die Kinder ihre Abkühlung im Planschbecken suchen, sodass für mich eigentlich nichts zu tun bleibt, als sie zu beaufsichtigen und ab und zu, wenn es mich packt, allesamt mit der Wasserpistole durch den Garten zu jagen. ;-)
Jetzt kann man wenigstens auch wieder draußen essen und es gibt öfter mal Eis zum Nachtisch. Der Sommer hat also durchaus seine Vorteile. Davon, dass alles letzten Sommer angefangen hat, und damit das Jahr schon fast vorbei ist, will ich nichts wissen. Es wird sowieso schon schnell genug gehen. Und hab ich nicht neulich in den Nachrichten gehört, dass der 20.August dieses Jahr ausfallen wird? Ich glaube fest daran. ;-)
Sonnig grüßt Euch
Nora
P.S.: Nächste Woche fahr’ ich nach Aigues-Mortes in den Süden zum Seminar. Ich erwähne das nur schon mal vorsorglich, falls ich mich mal wieder Ewigkeiten nicht vor den Rechner bequemen kann.