… idehaza
Die ersten Wochen grob zusammengefasst. Das Sommerloch, erste Kontakte knüpfen und ein Flashmob in Pécs.
Seit meinem letzten Eintrag ist einige Zeit vergangen, aber ich glaube, ich kann mich noch an die wichtigsten Punkte erinnern. Die Arbeit läuft im Großen und Ganzen ziemlich entspannt. Ich betreue ja in der Foundation geistig behinderte Erwachsene in ihren Workshops (Kerzen, Notizbücher, Ketten und sonstige Produkte basteln). Da kommt natürlich selten Hektik oder Zeitdruck auf. Tatsächlich habe ich sogar eher die Befürchtung, im Laufe des Jahres mehr oder weniger an Produktivität einzubüßen. Oftmals ist es sogar so, dass wir mit Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen betraut werden. Beispielsweise etwa hunderte DIN A3 Blätter (kann man hier von deutscher Industrienorm sprechen?) auf DIN A4 Format zu falten. Aber das ist nur eine Momentaufnahme. Vermutlich das Sommerloch, in dem viele vom Personal noch im Urlaub sind. Aber auch viele Youngsters (so werden in der Foundation die „mentally disabled adults“ genannt) sind in dieser Zeit oftmals nicht da, sodass einfach weniger Arbeit anfällt. In Planung sind auf jeden Fall einige interessante Projekte, wie etwa einen Marktstand zusammenzuzimmern oder einen eigenen Music-Workshop zu leiten. In diesem Bereich wird sich wohl erst in näherer Zukunft etwas rühren.
Nach dem zweiten Arbeitstag wurden wir auch schon von unserem (momentan noch) Mentor Zóli auf einen Pubcrawl eingeladen. Es wird während des Jahres einen Mentorwechsel geben. Den Nachfolger haben wir allerdings noch nicht getroffen (siehe Sommerloch). Und zu dem Abend sag nur so viel: DIN A3 Blätter zu falten war am nächsten Tag schwierig genug für uns und Marcos ist gleich daheim geblieben. Allgemein sind wir glaub ich grob geschätzt an 4 Abenden in der Woche nachts unterwegs. Vor allem um aus der Wohnung rauszukommen und um hier vielleicht ein wenig Anschluss zu finden. Aber zu Anfang gestaltete sich das Ganze etwas schwierig. Den Sonntag darauf startete in der Innenstadt von Pécs dann ein Flashmob, an dem ich mit Theo teilgenommen habe. Eigentlich war das keine allzu große Sache. Es sollte das Lesen von Büchern wieder attraktiver machen, indem man es einfach in den Fokus der Öffentlichkeit rückt. Dazu haben sich grob geschätzt 200 Menschen in der Innenstadt versammelt, die sich dann einfach um 14 Uhr an Ort und Stelle hingesetzt haben und 30 Minuten gelesen haben. Als der kleine Zeiger dann die 2 erreichte gab´s dann erstmal in der gesamten Innenstadt Totenstille und den Eindruck, von allen Seiten angestarrt zu werden. Ein erhabenes Gefühl! :)
Die Woche darauf wurden wir von meiner ehemaligen Klassenkameradin Inge in Pécs besucht, die auch ein Jahr Auszeit nimmt. Sie macht das Ganze aber etwas unorganisierter und reist mehr oder weniger einfach nur rum und versucht, sich durchzuschlagen (dazu schonmal meinen Respekt). Nun, da die meisten Sehenswürdigkeiten von Pécs (den Fernsehturm mal ausgenommen, der auf einem Berg über der Stadt thront) in circa 60 Minuten abzugrasen sind, habe ich mich wenig später mit ihr auf den Weg nach Budapest gemacht. Ich hab wahrscheinlich diese zwei Tage zu wenig gesehen, um irgendwelche Empfehlungen zu machen, aber das Parlamentsgebäude beispielsweise empfand ich schon als beeindruckend. Ich werde aber vermutlich noch viele, viele Male nach Budapest kommen, weil die Anreise von Pécs echt kein großes Ding ist. 3 Stunden Zugfahren für umgerechnet 7 € plus Hostel für umgerechnet 10€ pro Nacht. Da sind schon ein paar Spontan-Wochenendausflüge drin. Dort gibt es auch eine Bar, die den Namen „Szimpla“ trägt und dort triffst du so ziemlich alles und jeden, den es auf der Welt so gibt. Egal ob New Yorker Anwaltsanwärter, musikhochbegabte Südkoreaner mit absolutem Gehör oder aber auch eine trinkwütige Truppe in Lederhosen aus Bad Tölz. Einer der Koreaner wird zufällig auch gleich ab 1ten September in Pécs sein Medizinstudium beginnen.
Hierbei kann ich auch gleich die jüngste Geschichte abarbeiten. In Pécs gibt es ja auch diese Universität, die deutsche Medizinvorlesungen gibt. Letztens war also eine „Welcome to Pécs“-Party in einem Club, der relativ nahe unserer Wohnung liegt. Also nichts wie hin. Und was sehen wir? 90 Prozent Deutschenanteil. Und wisst ihr was? Mit Deutschen im Ausland zu kommunizieren ist fast noch schwieriger als mit Ausländern im Ausland. Zumindest kam es uns so vor. Vielleicht lag es aber auch daran, dass überall kleine Grüppchen waren, die sich irgendwie alle schon zu kennen schienen. Ich habe das in Deutschland nie wirklich wahrgenommen, aber ich kann mir nun wirklich gut vorstellen, warum viele im Ausland denken, die Deutschen haben – man verzeihe mir die Ausdrucksweise – einen Stock im Arsch. Vielleicht lag es aber auch an unserer „Andersartigkeit“. Überall Medizinstudenten und mitten drin zwei EVSler. Wenigstens haben wir nach einiger Zeit den mir bereits bekannten Koreaner getroffen, so wurde der Abend doch noch recht witzig. Vielleicht wird sich das alles ja legen, wenn der Sprachkurs beginnt und wir dort in der Universität geordneter mit den Studenten in Kontakt treten. Andererseits muss ich aber auch sagen, dass ich wenig Lust darauf habe, das Ganze Jahr hier immer nur mit Deutschsprechenden herumzuziehen. Dafür bin ich definitiv nicht ins Ausland gekommen. Aber man wird sehen, was die Zukunft so bringt.
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