Ich bin ja tolerant, aber....
Ich bin ja tolerant, aber...
Ich hab ja nix gegen Flüchtlinge, aber...
Zwingt ein einfaches Aber die Toleranz in die Knie?
Was ist dran am Absolutheitsanspruch den viele an die Toleranz stellen?
Ich bin ja tolerant aber…
Die Flüchtlingsproblematik wird einfach nicht einfacher, sodass sogar ich langsam an meiner Toleranz zweifel. Wenn ich berichte von Menschen lese die sich darüber aufregen das in ihrer Wohngegend ein Flüchtlingsheim gebaut werden soll, werden sie schnell als Intolerant und Fremdenfeindlich bezeichnet. In Diskussionen die ich darüber geführt habe, kam des Öfteren plötzlich der Spruch: “Ich bin ja tolerant aber…“
Ja, ich würde von mir selbst behaupten, dass ich ein toleranter Mensch bin. Doch sind es genau diese Aussagen, die im Netz vor allem bei der Pro Flüchtlingsfraktion auf sehr viel Kritik und Unverständnis stoßen. Schnell bekommt man das Gefühl, dass man nur wählen kann zwischen der 100 % Unterstützung der Willkommenskultur für Flüchtlinge oder der komplett Gegensätzlichen Pegida Demonstrationskultur.
Aber stimmt es? Darf Toleranz kein „ABER“ haben um wirklich gültig zu sein? Heißt Toleranz wirklich keine Zweifel haben zu dürfen und keine Anmerkungen? Was ist wirklich dran am Absolutheitsanspruch den viele an die Toleranz stellen?
Laut Wikipedia ist Toleranz, auch Duldsamkeit genannt, allgemein ein Gelten lassen und Gewähren lassen fremder Überzeugungen, Handlungsweisen und Sitten.
Als Synonyme gibt der Duden Wörter wie: Aufgeklärtheit, Aufgeschlossenheit, Duldsamkeit, Entgegenkommen, Freizügigkeit, Großmut, Menschlichkeit, Nachsicht, Offenheit, Verständnis, Vorurteilsfreiheit oder Humanität an.
Das alles klingt für mich ganz und gar nicht so absolut. Denn das Gelten- und Gewähren lassen von fremden Überzeugungen zeugt von Toleranz, aber muss das denn auch gleich heißen, dass man gleich soweit gehen muss, diese Fremden Überzeugungen auch zu unterstützten und sich für sie einzusetzen? Oder besser gefragt: zeugt es gleich von Intoleranz wenn man dies nicht tut?
Kann man nicht tolerant gegenüber einer Sache sein und trotzdem daran Kritik üben. Ein berühmtes Zitat zur Meinungsfreiheit, die ja auch ohne Zweifel sehr viel Toleranz wiederspiegelt, nämlich das Dulden bzw. tolerieren anderer Meinungsäußerungen, geht folgendermaßen:
“I disapprove of what you say, but I will defend to the death your right to say it.” (Evelyn Beatrice Hall)
„Ich lehne ab, was Sie sagen, aber ich werde bis auf den Tod Ihr Recht verteidigen, es zu sagen.“
Zeugt es nicht auch von sehr viel Toleranz etwas zu akzeptieren mit dem man vielleicht in keinster Weiße übereinstimmt? Und ist man nicht trotzdem tolerant etwas zu dulden auch wenn man sich dazu äußert, dass es einem vielleicht nicht wirklich passt.
Vielleicht stimmt es, dass der Pfad zwischen Toleranz und „Toleranz mit Aber“ sehr klein ist und das es häufig wenn man Asylkritik äußert schnell Intolerant wirken kann, was ich aber damit sagen will ist das es nicht unbedingt Intoleranz sein muss. Ein: “Ich akzeptiere dass ihr hier seit, finde aber die Art und Weise eures Aufenthalts nicht gut", muss nicht gleich von Intoleranz zeugen, auch wenn es vielleicht näher an einem: „Ich bin dagegen“ dran ist als eine zu 100 % positive Äußerung, wie „ich bin für die Aufnahme von Flüchtlingen“
Vielleicht um das eigentliche Problem noch einmal deutlicher zu machen, ein weiteres Beispiel.
Nehmen wir den Satz ich bin tolerant gegenüber Flüchtlingen, aber ich möchte nicht unbedingt neben einem Flüchtlingsheim leben müssen.
Ich kann sowohl die Seite verstehen die diese Aussage als Wiederspruch in sich selbst sieht als auch die Seite die die Aussage gemacht hat.
Die größtenteils Notdürftige und teilweise auch Recht unmenschliche Unterbringung der Flüchtlinge, die dazu durch Dezentralisierung und mangelnde Fördermittel eine Eingliederung und guten Erstkontakt mit den Einheimischen kaum möglich machen und die Flüchtlinge oft monatelang ohne Perspektive vor sich hinleben lassen, trägt nicht gerade dazu bei dass diese Menschen ein glückliches Leben führen und wirkt sich nicht unbedingt positiv auf ein friedliches Zusammenleben und das Gewaltpotenzial aus.
Das diese Menschen unter diesen Bedingungen dann nicht gerade zu den netten Nachbarn nebenan werden, ist wohl mehr als verständlich. Wenn man Menschen wie Tiere behandelt kann man nicht erwarten, dass sie es einem mit einem menschlichen Verhalten danken. Das heißt eine gewisse Angst vor aggressiven Übergriffen mag nicht ganz unbegründet sein muss aber nicht unbedingt heißen, dass man gegen Flüchtlinge ist, sondern obwohl es in erster Linie vielleicht klingt wie reine Asylkritik, ist es doch eigentlich Kritik an der Asylpolitik/Flüchtlingspolitik selbst.
Dies soll keine Ausrede für jede werden die sich negativ zu Flüchtlingen äußern wobei oft durch Stereotypisierung jegliche Individualität des einzelnen verloren geht. Sondern dies soll auf der einen Seite ein Denkanstoß für alle Kritiker der „Toleranz-Aber“-Kritiker sein und auf der anderen Seite auch ein Denkanstoß für all jene die vielleicht noch nicht darauf gekommen sind, dass diese Menschen unter sehr schwierigen Lebensbedingungen gelebt haben und auch bei uns jetzt immer noch leben. Das man vielleicht dann auch nicht erwarten kann das diese Menschen dankbar und zufrieden sind mit dem was wir ihnen geben oder eher nicht geben. Auch das wir vielleicht nicht immer nur das Handeln der Flüchtlinge sehen sondern vielleicht das Eigene und vor allem auch das der Regierung. Wir sollten bei alle dem nicht vergessen das auch unsere Regierung mit Waffenlieferungen dazu beiträgt das es jetzt so viele Flüchtlinge nach Deutschland kommen müssen und das es uns somit vielleicht auch nicht zusteht uns ständig in eine Art Opferrolle zu manövrieren, die sich großzügierweise bereiterklärt Flüchtlinge aufzunehmen.
In unserer heutigen Zeit ist es wichtiger denn je mit offenen Augen und vor allem mit einem „Open mind“ durch die Welt zu gehen. Wir leben in einer Zeit in der nichts mehr wirklich einfach zu verstehen ist und man alles dreimal überdenken muss. Es wird immer schwerer einen eigenen Standpunkt zu finden, nie ist man sich sicher wer einem nun die richtigen Informationen gibt. Es ist wichtiger denn je selbst zu denken und zu hinterfragen!
Am wichtigsten ist nie zu vergessen, wir sind alle Menschen die durch Lebensumstände die wir uns fast nie aussuchen können zu dem geworden sind der wir heute sind und das Toleranz ob mit aber oder nicht ein wichtiger Bestandteil in jeder Gesellschaft ist.