Grund zum Feiern? In Pilsen allemal!
Bier, Spaß und gute Musik - so einfach lässt sich das „Pilsner Fest“, was jährlich in der tschechischen Stadt Pilsen stattfindet, beschreiben. Pilsen und Bier! Diese beiden Begriffe sind so unzertrennlich, wie Teddy und Bär. Doch wie genau kam es zu diesem langjährigem und erfolgreichen Bündnis? Hier findet ihr die passende Antwort.
Wenn man Anfang Oktober jeden Jahres in die tschechische Stadt Pilsen fährt, kann man dort ein wahres Spektakel erleben. Die 170.000 Einwohner Stadt lockt jährlich zehntausende Besucher an und nicht nur das… Gefühlt die halbe Stadt ist an diesem Tag auf den Beinen und verschwindet auf dem Festivalgelände. Wer also eine Stadtbesichtigung Pilsens machen will, sollte das während der Zeit des „Pilsner Festes“ machen. An kaum einem anderen Tag wird es so leer sein, wie an diesem. Doch eigentlich ist es viel zu schade, diesen einzigartigen Mix aus Musik und tschechischer Kultur zu verpassen. Zum einen kann man natürlich das dort erfundene „Pilsner Urquell“ in großen Mengen verkosten, doch man bekommt auch einen interessanten und tollen Einblick in einen Teil der tschechischen Musik und Geschichte. Dieses Jahr konnte man 22 Bands und Künstler, größtenteils tschechischer Herkunft und Sprache, auf drei Bühnen auf dem Festivalgelände anschauen und ungehemmt mitsingen und mittanzen. Doch auch für Geschichtsliebhaber gibt es genügend Möglichkeiten, um ihren Hunger nach Wissen kurzzeitig zu stillen. Für kleines Geld kann man Führungen durch die Brauereien machen und auch zwischen den verschiedenen Bands wurde auf der Bühne ein ums andere Mal von der ersten Herstellung des „Pilsner Urquells“ erzählt. Denn genau das wird jedes Jahr dort gefeiert: Die Herstellung des ersten typischen „Pilsner Urquells“ am 5. Oktober 1842. So manches Mathegenie hat es schon erraten, das Pils wird also 174 Jahre alt. Eine ziemlich lange Zeit für so ein kleines und durststillendes Getränk. Wie also kam es zu der ersten Herstellung des weltbekannten Bieres?
Alles fing mit der Gründung der Stadt Pilsen und dessen König Wenzel II. an. Denn im Jahr 1307 erteilte eben dieser König den 260 Bauernhäusern (private Wohnbauten) das Braurecht. Den Menschen wurde es also bewilligt Bier privat zu brauen und zu verkaufen. In genau so einer Situation wünsche ich mir manchmal in dieser Zeit dort gelebt zu haben. Was da für kreative, ekelhafte oder köstliche Brühen hergestellt wurden, wäre auf jeden Fall eine Zeitreise wert. Der Grat zwischen „wow-welch-5-Sterne-Bier“ und „das-würde-ich-nicht-mal-meinem-Hausschwein-geben“ war minimal und ließ die Qualität des Bieres beachtlich schwanken. Das merkte auch bald der Stadtrat von Pilsen und führte sogenannte Bierproben ein. Dies bedeutete, dass sich zu einer bestimmten Zeit die Schöffen (tätige Personen in der Rechtsprechung und der Verwaltung) und die Bierbrauer im sogenannten Maßhaus des Bierbrauers trafen. Der Prozess der Probe der Bierqualität lief folgendermaßen ab: Es wurde eine Bank aus Eichenholz in den Raum gestellt und ein Krug Bier über diese Bank gegossen. Man könnte jetzt meinen, das gute Bier wurde so unnütz für eine Probe verschüttet, doch das war notwendig. Denn die Schöffen setzten sich nun auf die biergetränkte Bank und das eine ganze Stunde lang. Wenn sie nach dieser Stunde wieder aufstanden, musste die Bank an ihren Hosen festkleben, nur dann war es ein gutes und genießbares Bier. War dies nicht der Fall, durfte der Bierbrauer sein Bier nicht ausschenken. Und da jeder sein eigenes Bier mit selbst ausgesuchten Zutaten brauen durfte, war die Qualität oft unterdurchschnittlich bis schlecht. Es musste also eine neue, technisch hochversierte Brauerei her.
Es gibt zwei Theorien, wie es zum Bau der neuen Brauerei kam. Verschiedene Quellen, die verschiedene Aussagen haben, von denen man nicht weiß, ob sie richtig oder falsch sind. Deswegen werde ich hier mal beide Theorien darstellen. Die erste Theorie besagt, dass durch die Bierproben der Schöffen ein Bier gefunden wurde, welches so schlecht war, dass es als gesundheitsschädlich eingestuft wurde. 1838 wurden deswegen 36 Eimer dieses gesundheitsschädlichen Bieres vor dem Rathaus in den Abguss geschüttet. Dieser Vorfall bewegte viele berechtigte Bierbrauer zu Protesten. Sie riefen dazu auf eine neue Brauerei zu errichten. In dieser neuen Brauerei wurden, die zu dieser Zeit, besten technischen Mittel zur Verfügung gestellt, damit das Bier immer höchste Qualität hat. Die zweite Theorie hat die Geschichte etwas anders in Erinnerung. Hier waren es die Konsumenten, die sich beschwerten. Sie hatten es satt, ständig unterdurchschnittliches Bier trinken zu müssen. Als Protest gegen die miserable Qualität des Bieres schütteten die aufgebrachten Konsumenten eine große Menge Bier (genaue Menge unbekannt) auf den Marktplatz. Die erste Bier-Revolution war also perfekt. Das Resultat war, wie schon erwähnt, eine neue Brauerei. Die neue Brauerei trug den Namen „Bürgerliches Brauhaus“. Am 5. Oktober 1842 war es dann endlich soweit. Der Braumeister Josef Groll produzierte etwas, was sich später als ein sehr erfolgreiches Konzept entwickelte und wovon heute noch die Konsumenten in – und außerhalb des Landes schwärmen. Das originale „Pilsner Urquell“!
Genug der Theorie, jetzt geht es an die Praxis! Und ich sage nur: Na zdraví und genießt das Bier.
Quellen: http://www.besser-bier-brauen.de/bier-brauen-und-geschichte/biersorten/pilsner/, http://www.pilsen.eu/turist/brauereitradition/brauereitradition/brauereitradition.aspx, https://www.pilsner-urquell.de/