Good old Germany
Drei Monate ist maybe nun wieder in Deutschland, zurück von ihrem Europäischen Freiwilligendienst in Norwegen. Das Gefühl, eine Heimat zurückgelassen zu haben kommt erst langsam hoch, nachdem sie zunächst im gefühlsmäßigen Niemandsland geschwebt hat.
Jetzt bin ich schon drei Monate wieder in Deutschland, und wenn ich ehrlich bin, ich habe es wirklich nicht sehr vermisst. Es ist seltsam, wieder nach Hause zu kommen. Noch seltsamer ist, wenn es einem so vorkommt, als wäre man nicht weg gewesen. Keinerlei Freude –.aber auf der anderen Seite auch keine Trauer.
Es war wirklich sehr komisch: ich war nicht wirklich traurig mein geliebtes Norwegen zu verlassen, habe mich aber auch nicht auf meine "Heimat" gefreut. Vielleicht lag es einfach daran, dass alles so schnell ging (wobei man eine 26-stündige Fahrt nicht wirklich als schnell betrachten kann). Oder daran, weil man keine Ahnung hat, was das Leben danach mit einem vorhat.
Aber von Anfang an. Ich habe mich von allen möglichen Leuten verabschiedet. Es fing schon vier Tage vor meiner Abreise an, dass ich den meisten Tschüss sagen musste. Dabei konnte ich aber nicht glauben, dass ich auch wirklich wegfahre. Nach und nach wurde es mir etwas bewusster, und am letzten Abend sind dann auch wirklich die Tränen geflossen. Danach war wieder alles weg. Keine Trauer mehr da. Gar nichts.
Die letzten zwei Tage in Norwegen habe ich damit verbracht, meine Wohnung zu putzen, meine Sachen (es war wirklich unglaublich viel, was sich innerhalb von zehn Monaten so angesammelt hat) zu packen und etwa zehn Mal zu überlegen, ob ich noch irgendwas Wichtiges vergessen haben könnte. Dann hieß es auch von den letzten Leuten Abschied zu nehmen.
Mittwochmorgens wurden ich und meine sieben Gepäckstücke zum Bus gebracht. Zwei Stunden später saß ich allein in Stavanger und wartete zwei weitere Stunden auf meinen Anschlussbus. Der leider nicht kam. Dazu konnte ich nicht mal auf Toilette gehen, da das ganze Gepäck da nicht reingepasst hätte.
Was nun? Der nächste Bus würde erst am nächsten Tag fahren und sonst gab es keine Möglichkeit, nach Kristiansand zur Fähre zu kommen. Ich hatte genau drei Möglichkeiten: entweder a) ich fahre zurück und bezahle drei Mal für dieselbe Strecke, b) ich nehme mir ein teures Hotelzimmer oder c) ich fahre zu einer Freundin, die auf halber Strecke wohnt. Ich habe mich für die dritte Variante entschieden und habe auch einen Bus gefunden, der mich nach Moi brachte. Danke noch einmal für das Asyl, Conny!!! :)
Am nächsten Tag ging es dann mit dem passenden Bus weiter nach Kristiansand. Dort angekommen, habe ich gleich zwei Mädels aus Deutschland kennen gelernt, die die vierstündige Überfahrt nach Dänemark angenehmer machten. Die Fähre hatte außerdem auch sehr viel zu bieten: Disco, Restaurants, Shops, Kino, alles was das Herz begehrt. Aber allein macht das eben nicht so viel Spaß. Haben sogar noch einen Promi getroffen, aus der norwegischen Version von "Superstar", von dem wir uns aber dann doch lieber fern hielten.
Nachts um halb eins waren wir dann in Dänemark und haben zu ganz unmenschlichen Zeiten eine Pause gemacht (4h, 3 Stunden vor der Ankunft in Hamburg). In Deutschland ging es dann weiter mit dem Stress. Zum Glück habe ich auch dort wieder eine nette Frau kennen gelernt, die mir mit meinem Gepäck half. Ich musste schließlich noch ein Ticket kaufen und innerhalb von zwölf Minuten meinen Zug bekommen. Dass ich die ganze Nacht nicht schlafen konnte (wegen des überfüllten ICE und meinem Gepäck, das ich allein nicht weiter als 20 Meter tragen konnte), hat dann doch sehr an meinen Nerven gezerrt.
Nach 26 anstrengenden Stunden kam ich dann doch in Frankfurt an, ohne dass mir irgendwas geklaut wurde. Yippieh! Nur leider bekam ich dann die durchaus anderen klimatischen Verhältnisse zu spüren: Während ich in Stavanger mit Pulli und Wintermantel (!) fror, warteten in Deutschland 34 Grad Celsius auf mich, von denen ich nichts wusste. Auch um 7.00 Uhr morgens in Hamburg oder im klimatisierten Zugabteil hätte ich mir das nicht erträumen können. So stand ich dann mit Pulli, Mantel und sieben Taschen (plus Norwegenflagge mit 1,50 m langer Metallstange dran) in Frankfurt und wurde von zwei Freunden erlöst. Die letzten 30 Kilometer gingen dann leider auch nicht so schnell wie gedacht vorbei, aber irgendwann kamen wir dann doch daheim an.
Und jetzt, gut drei Monate später, wünsche ich mir nur, dass ich die Reise wieder antreten kann – nur diesmal in die andere Richtung, in das andere Zuhause.