Galicien? Vale,vale!
Meine schmerzhaft erprobte Überlebensstrategie für die nächsten 203 Tage, die ich in Galicien aufwachen werde.
Wer nach Galicien geht, wird vor drei Dingen gewarnt: dem Wetter, dem Galicisch und den Bergen an Meeresfrüchten. Außer ein paar traurigen Krabben im día-Supermarkt bin ich bisher aber noch keinen Meerestieren, ob tot oder lebendig, begegnet. Galicisch hat sich bereits nach dem ersten Tag als eigene Sprache und NICHT Dialekt des Spanischen herausgestellt und das Wetter - nun ja, das Wetter.
Bei der Landung am Flughafen in Santiago wurden wir -oh Wunder- von Regen empfangen. Als am nächsten Morgen jedoch eisige Kälte aber blauer Himmel herrschten, dachte sich die naive Mitteleuropäerin, dass sich ein Schirm wohl nicht lohnen würde. Zuviel gedacht, zu wenig misstraut: nach dem ersten trockenen Kilometer rächte sich der plötzlich graue Himmel mit Platzregen - und Wind. Beides plötzlich, beides zehn Minuten später wieder vorbei. In Galicien regnet es nicht einmal am Tag, es regnet zehn Mal.
Faustregel 1: misstraue dem Wetterbericht, misstraue dem blauen Himmel.
In den 7 letzten Tagen habe ich bestimmt 30 Leuten Küsschen-links-Küsschen-rechts verpassen dürfen, von den anderen Freiwilligen bis hin zu den Eltern meines Chefs. Hierbei liegt die Chance, danach statt Spanisch auf Galicisch vollgequatscht zu werden bei fifty-fifty. Das Galicisch erkenne ich bis jetzt hauptsächlich daran, dass ich nicht wenig, sondern gar nichts verstehe…nach dreijähriger Pause lässt mein Spanisch natürlich noch zu wünschen übrig. Als Antwort bekommen die wirklich bemühten Spanier leider selten mehr als ein kaum überzeugendes “Soy Viviane de Alemania, trabajo en Os Tilos!” von mir, was ihnen aber irgendwie zu genügen scheint.
Faustregel 2: “Vale, vale!” sagen, überzeugt nicken, fett grinsen (funktioniert meistens, außer es war eine Frage)
Was das Wetter nicht bieten kann, machen die Santis mit ihrer Herzlichkeit wieder wett. Im Zentrum Don Bosco, das meinen Dienst koordiniert, sitzt ein ganzer Haufen an liebenswürdigen Menschen die sich rührend um uns Neuankömmlinge kümmern. Mit meinem Bibliotheksausweis wurde mir beispielsweise von vier verschiedenen Leuten (gleichzeitig) geholfen, was es für mich mit meinem noch grottenschlechten Spanisch nicht unbedingt einfacher gemacht hatte. Und auch sonst steht uns das Zentrum jederzeit offen, ob für Wärme (die WG darf auch bei 2° Außentemperatur nur 4 Stunden täglich beheizt werden) oder WLAN (ohne regelmäßiges Internet hat man plötzlich so viel Zeit!).
Faustregel 3: drei Decken, Tee (viel Tee!) und Wärmflaschen (sehr viele Wärmflaschen!)
So nicke und friere ich mich munter durch das wirklich schöne Santiago, in dem mir um diese Jahreszeit bisher nur drei mutige Pilger begegnet sind. Aber bald wird alles besser; mein Heimweh, mein Spanisch - und das Wetter.
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