Frauentag 2017 in Olsztyn – „Wir alle haben Rechte”
Veranstaltungen rund um den Frauentag 2017 in Olsztyn, Polen
Das Programm
Für den 03.03.17 war eine Schulung zum Thema “Lerne deine Rechte kennen” sowie ein literarisches Treffen unter dem Motto “Du hast ein Recht, zu reden” geplant. Am Samstag erwartete die Stadt eine Demo und ein Referendum zum Recht der Frau mit Aftershowparty und am Sonntag folgte eine Informationsveranstaltung über die Eigenuntersuchung der Brust und eine Filmvorführung des Filmes “Solidarność według kobiet” – “Die Frauen der Solidarność”. Die letzte solche Aktion in Olsztyn fand 2013 statt. Man war gespannt, wie das Interesse der Leute im Jahr 2017 aussieht.
Insgesamt ging es den Veranstaltern darum, die nach wie vor sinnlosen vorhandenen Unterschiede, die zwischen Mann und Frau in Polen gemacht werden, unters Messer zu bringen. An der Spitze der Veranstaltung stand die Partei „Razem“, unterstützt von verschiedenen Vereinen.
Einzelne der oben genannten Veranstaltungen habe ich besucht:
Frauen in der heutigen Kunst und Kultur
Freitagabend, ein literarisches Treffen zum Thema “Du hast ein Recht zu reden” („Masz prawo mówić“) im Unigebäude der bildenden Künste. Der Raum ist gut gefüllt, ca. 40 Zuhörer(innen), 7 Akteurinnen. Zu Anfang werden Texte verlesen über Freiheiten, Zukunft und den Kampf um die Gerechtigkeit. Im Anschluss nehmen vier Frauen im Halbkreis um einen Tisch Platz und das Gespräch beginnt. Eine von Ihnen ist Referentin der Universität der Künste in Olsztyn, die zweite freischaffende Künstlerin und Sängerin aus Olsztyn und die dritte arbeitet im Theater in Węgajty, einem Dorf 30 km von Olsztyn entfernt. Die vierte ist die Moderatorin. Die einleitende Frage ist: Spielt Sexismus in der Arbeitswelt der anwesenden Frauen eine Rolle? Für zwei lautet die Antwort: Ja. Beide Frauen, die in einer Institution arbeiten, mussten feststellen, dass es schwerer ist, als Frau die Finanzierung eines Projektes durchzusetzen als als Mann. Anders ist es bei Ania Broda, die nie in einer künstlerischen oder kulturellen Institution gearbeitet hat und selbst darüber entscheidet, für was sie Geld ausgibt. In ihrer Band überwiegt der Männeranteil, in ihrer theatralen Umgebung gibt es viele Frauen. Ihrer Meinung nach ist die Finanzierung von Kunst immer schwer, es gibt keine Bevorzugung von Männern, nur fällt es Männern leichter, sich ganz auf den Beruf zu konzentrieren.
Die Themen verflechten sich. Es kommt heraus, dass auf dem Weltmarkt Bilder von Frauen weit unter dem Wert von Bildern, die Männer geschaffen haben, verkauft werden. Eine Erklärung dafür ist, dass Männer mehr Kampfgeist in sich haben und somit die Spitzenpositionen für sich einnehmen. In Olsztyn gibt es stets verschiedene Ausstellungen- je nach Thema sind dort mehr Männer oder Frauen vertreten.
Das letzte groβe Thema, in das auch Zuhörer(innen) einsteigen, ist die sichtbare Pyramide in Kulturinstitutionen in Olsztyn. Fast überall stehen Männer an der Spitze und die Frauen machen die Arbeit. Wieder gibt es Stimmen, die sagen, Frauen wollen gar nicht an die Spitze, aber auf der anderen Seite Stimmen, die sagen: “Das wollen und müssen wir ändern!” Die aktuelle Politik wird kritisiert und gewarnt, dass sich Polen und die ganze Welt gerade auf dem Rückweg der Emanzipation befindet und in ein paar Jahren Frauen wieder so unterdrückt sein könnten wie im Mittelalter.
Frauen haben das Recht, selbst über ihren Körper zu entscheiden
Die Demo am Samstag ist eigentlich keine Demo sondern ein öffentliches Treffen. Ca. 35 Menschen sind gekommen und lauschen drei Rednerinnen über ihren Unmut zur aktuellen Politik. In Polen wird die “Pille danach” nur auf Rezept ausgegeben, die Frauenärztinnen/e können das Ausstellen eines solchen Rezeptes aber aus Gewissensgründen verweigern. Abtreibung ist in Polen bis zur 12. Schwangerschaftswoche möglich, aber nur, wenn eine Gefahr für das Leben der Mutter oder des Kindes besteht oder wenn eine Vergewaltigung vorliegt. Einen Arzt zu finden, der die Abtreibung fachgerecht durchführt, gestaltet sich schwierig.
Es werden Parolen gerufen wie “Wolność, Równość, Solidarność”, was so viel heiβt wie “Freiheit, Gleichheit, Solidarität!” oder “Jesteśmy silne, razem silniejsze”, auf Deutsch: “Wir sind stark, zusammen stärker!”
Brustkrebs und Solidarität
Ein Dutzend Menschen sind gekommen, um sich von einer Frau des Vereins Amazonki zum Thema Brustkrebs informieren zu lassen. Der Verein ist für alle Personen gedacht, die schon einmal Brustkrebst hatten oder haben aber auch für alle anderen Interessierten. Einmal im Monat sollte sich jeder Mann und jede Frau selbst untersuchen. Nicht jeder Huggel ist automatisch Krebs, man sollte aber in jedem Fall einen Arzt aufsuchen. Zur besseren Anschaulichkeit gibt es drei Beispielbrüste: In einer sind drei, in einer zwei und in einer gar kein Knoten. An einem Exemplar ist auch die für eine kranke Brust typische Orangenhaut und eine sich nach innen neigende Brustwarze zu sehen.
Die Frau erzählt ihre Geschichte- vom ersten Schreck beim Ertasten des Knotens über einen Arzt, der emotionslos mitteilt, “Die Brust muss ab ”, über Tränen und tröstende Worte bis zur OP, dem Training und der Chemotherapie danach und der Tatsache, dass es heutzutage sogar hübsche Prothesen- BHs gibt, die es vor 10 Jahren noch nicht gab.
Nach diesem Teil des Abends kommt der Film “Die Frauen der Solidarność” – ein Film der zeigt, dass sowohl Männer als auch Frauen die Oppositionsbewegung der 70er und 80er Jahre maβgeblich mitgestaltet haben und die politische Wende in Polen bewirkten. Dass kaum einer weiβ, dass unter den Hauptorganisatoren und Engagierten auch Frauen waren, soll mit diesem Film geändert werden.
Fazit
Insgesamt handelte es sich um ein spannendes Programm zu aktuellen Themen, nur scheint Olsztyn zu klein, die Werbung zu uneffektiv und die Menschen politisch nicht interessiert genug, um sich für diese Themen intensiver zu interessieren. Umso wichtiger ist es, dass die Medien auf der ganzen Welt und so auch in Polen im März viel über die Rechte von Frauen berichten. In Polen bekommt jede Frau zum Frauentag Blumen oder Pralinen. Durch die Aufmerksamkeit der Medien auf diesen Tag bekommt dieser nochmal ein ganz anderes Gewicht. Es wird bewusst gemacht: Frauen müssen für ihre Rechte kämpfen, im Hier und Jetzt zeigen, dass sie da sind und sich ihre Rechte nicht nehmen lassen - weder vom männlichen Teil der Bevölkerung, noch von Politikern, die frauenfeindliche Gesetze auf den Weg bringen wollen.