Frankreich in der Identitätskrise
“Ich will Europa kaputtmachen” sagt Marine Le Pen in einer Rede noch vor ihrem Sieg bei der Europawahl 2014 in Frankreich. „ Ich gehe da nur hin, um zu blockieren." Rechtsradikalismus im europäischen Parlament - warum Frankreichs Nationalisten so beliebt sind.
“Ich will Europa kaputtmachen” sagt Marine Le Pen in einer Rede noch vor ihrem Sieg bei der Europawahl 2014 in Frankreich. „Ich gehe da nur hin, um zu blockieren.“
Die Ergebnisse der Europawahlen in Frankreich sprechen Bände. Jeder 4. Wähler hat die rechtsradikale Front National gewählt, die mit 25 Prozent aller Stimmen die mit Abstand stärkste Partei ist. Die regierenden Sozialisten unter der Führung von François Hollande, haben mit 14 Prozent das schlechteste Ergebnis seit ihrer Gründung erreicht und liegen somit noch hinter der Konservativen UMP mit 20,8 Prozent. Das Ergebnis fiel überraschend eindeutig für die europakritische Partei aus, deren Ziele untern anderem der Austritt aus der EU und somit auch aus der Eurozone und aus dem Schengenabkommen sind. Andere Parteiziele sind unter anderem das Verhindern von Masseneinwanderung, die Wiedereinführung von Grenzkontrollen, die Stärkung der der eigenen Wirtschaft und die Einführung der Todesstrafe.
Woher kommt das eurokritische Denken der Franzosen und welcher dieser Gründe ist ausschlaggebend für dieses eindeutige Wahlergebnis? Experten reden von einem veralteten französischen Wirtschaftsmodell, das für viel Unzufriedenheit und Arbeitslosigkeit sorgt. Außerdem sehe Frankreich die Globalisierung als Gefahr für seine nationalstaatliche Souveränität und die landeseigene Wirtschaft. Ein Drittel der Wähler haben für eine europafeindliche Politik gestimmt und fordern zunächst eine stabile Politik im Inland. Als Grund für ihre Entscheidung gibt ein Großteil die Masseneinwanderung und die hohe Arbeitslosigkeit an. Andere wiederum meinen sich nur aus Protest für die radikale FN entschieden zu haben, in der Hoffnung, dass diese mehr erreichen kann als die traditionellen Parteien in den Jahren davor.
Auch in anderen Ländern haben es europafeindliche Parteien ins Europaparlament geschafft. So zum Beispiel die niederländische PVV, die österreichische FPÖ, die italienische Lega Nord und die belgischen Vlaams. Le Pen hofft nun auf eine eigene Fraktion im Europaparlament. Dafür müssen sich mindestens 25 Abgeordnete aus 7 Mitgliedsstaaten zusammenschließen, wobei allein schon 24 der Abgeordneten aus Rängen der französischen Front National kommen. "Die Anzahl der Möglichkeiten macht uns sehr optimistisch", sagte die FN-Chefin, die eine Zusammenarbeit mit der ultranationalistischen Ataka-Partei aus Bulgarien oder der Neonazi-Partei Avgi aus Griechenland jedoch ausschließt.
Auch wenn die Sitzanzahl rechtsradikaler Parteien im europäischen Parlament von ca. 50 auf 80 Plätze gestiegen ist, so überwiegen doch die europafreundlichen Parteien mit den übrigen 670 Sitzen. Dennoch bleibt natürlich die Frage nach einer europäischen Identität, möglichen Problemen, ihren und Aufgaben und ihrer Funktionsweise bestehen. Die vielen kritischen Meinungen sollten vielmehr dazu beitragen, aus Europa eine funktionierende Wirtschaftskraft zu machen, in der jeder einzelne Mitgliedsstaat seinen Platz finden kann, um bestmöglich von Europa als politischer und kultureller Vereinigung zu profitieren.
Solange der politische und kulturelle Austausch im Vordergrund steht, und es Projekte wie den Europäischen Freiwilligendienst gibt, kann der europäische Grundgedanke kein schlechter sein und ist viel zu wertvoll, um ihn von Radikalisten verleumden zu lassen.
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