Feiern – Don't forget to go home
Von experimentellem Kaiserschmarrn und verrückten Kartoffeln im Park. Außerdem gibt es eine Uni-Party, die sich als Einblick in die spanische (Feier-)Kultur entpuppt.
Der Titel dieses Berichts ist der gleichnamigen Techno-Dokumentation entliehen, ich fand ihn ganz passend, da – obwohl keine derartige Musik gespielt wurde – die Nacht von Freitag auf Samstag doch ganz schön lang war…
Nachdem ich in einer mühseligen Aktion einen Teil meines in der Schule selbstgebackenen "Brotes" zerkleinert und zu einem experimentellen Kaiser-Schmarrn verarbeitet hatte, traf ich mich am frühen Abend mit Yose im "Café 7". Yose hatte ich am Tag zuvor im Café 7 kennengelernt, als er sich Blättchen von mir schnorrte. Von dort aus zogen wir dann weiter in einen der Uni benachbarten (eigentlich ist hier alles benachbart :D) Park, wo Freunde von Yose schon ordentlich am Vorglühen waren. Wie das hier so Sitte ist, hatten sie ein paar Becher, ein paar Spirituosen, ein paar Softdrinks und Eiswürfel mitgebracht, für Trank war also gesorgt. Auf Speis brauchte ich auch nicht lange zu warten, denn von Yoses Freunden (hauptsächlich ebenfalls Agrar-Ingenieurwesen-Studenten) wurden mir "papas locas" ("verrückte Kartoffeln"), eine kanarische Spezialität angeboten. Papas locas sind Pommes mit einer würzigen roten Sauce, Käse, Fleisch u.a.; echt lecker jedenfalls.
Nach erfolgreichem Vorglühen ging es weiter Richtung Uni-Gelände, wo an diesem Abend eine große Party stattfand. Die Straßen und Plätze waren gefüllt von jungen Leuten, die meisten von ihnen ebenfalls mit Eiswürfeln und Getränken ausgestattet. Yose kannte geschätzte 70%, weshalb wir ständig stehenblieben um mit Leuten zu quatschen. Wie die eben schon angesprochenen kleinen physischen Entfernungen, ist das wahrscheinlich ein weiterer Aspekt des Kleinstadt-Lebens. Am Unigelände angekommen stellten wir fest, dass der Weg hinein wohl der Sprung über den Zaun wäre, was ich allerdings nicht riskieren wollte, da ständig Security herumpatroullierte. Abgesehen von kurzzeitigem Love-Parade-Feeling auf dem Weg zur Kasse war es dann doch der schnellere und sicherere Weg, zumal mich so noch ein Mädchen auf ihrer Studentenkarte "mitnehmen" konnte, da ich sonst regulär gar nicht reingekommen wäre.
Die Musik entpuppte sich als nicht ganz meinem Geschmack enstprechend: Auf einer großen Bühne spielte eine Band Soft-Rock, nachher wurde dort Hip-Hop aufgelegt. An einer anderen Stelle wurde Chart-Elektro und House (commercial) gespielt...nun ja. Die Leute waren jedenfalls nett, die Getränke erfrischend günstig, nur einen definitiven Nachteil hatte das Gelände: es gab keine Toiletten – entsprechend sah jede Ecke und jeder Strauch aus. Meine Schnürsenkel verfärbten sich an diesem Abend grau-schwarz, um so größer war das Unbehagen beim regelmäßigen Binden.
Das Publikum war eine relativ bunte Schaar, hauptsächlich Studenten, äußerlich von "aufgebrezelt" bis "alternativ". Zufälligerweise traf ich auch einen Kumpel von Juan, meinem einstigen Gast-Vater, mit dem zusammen ich auf dem RollerCoaster-Festival in Santa Cruz gewesen war.
Insgesamt habe ich hier jedenfalls schon mal einen Einblick bekommen in die spanische/"tenerifferische" (Feier-)Kultur und Mentalität, die sich von dem aus Deutschland gewohnten schon unterscheidet, zumindest was meine Erfahrungen betrifft. So wirkten die Leute, die ich kennenlernte, alle sehr offen und interessiert an dem was ich zu erzählen hatte, herzlich und freundlich, spendabel (Alkohol, papas locas, Studentenkarte). Etwas ungewohnt für mich ist noch die ständige körperliche Nähe: ständiges Umarmen, Küsschen hier, Küsschen da… ich habe mal von einem Freund gehört, dass es Studien gibt, die besagen, dass der Raum um einen herum, sozusagen die eigene "physische Aura", bei deren Betreten durch Fremde Unbehagen empfunden wird, kleiner wird, je weiter südlich man geht…klingt einleuchtend.
Nach der Uni-Feier verbrachten wir die Nacht tingelnd durch verschiedene Bars und Clubs in der Umgebung, doch gegen Morgengrauen kam für mich die böse Überraschung: mein schönes "80er-Bike", das ich vorm Café 7 abgestellt hatte, war demoliert worden. Der Vorderreifen ist nun so stark verbogen, dass man leider nicht mehr damit fahren kann… Daraus folgte am frühen Samstag-Morgen der sportliche Teil meines "Freizeit-Programms": ich schleppte mein Bike die ganzen 10-Geh-Minuten (30-Schieb-Minuten) abschüssige Fußgängerzone hoch.
Dank der langsamen Bürokratie der für die "Teíde-Besteigungs-Genehmigungen" zuständigen Behörde konnte ich ausreichend auspennen, da wir die entsprechenden Wische nicht bekommen und so die Wanderung auf Sonntag verschoben und auf das Stück von den Cañadas bis zur Seilbahnstation beschränkt hatten. Aber dazu mehr im nächsten Bericht…