Es wird Frühling
Rike87 musste sich vor herunter fallenden Ästen in Sicherheit bringen. Doch bei einem Kurztrip nach London kommt sie auch nicht zur Ruhe. So viel gibt es zu sehen und zu erkunden.
Viel ist in den letzten zwei Wochen passiert, aber ich werde – wie immer – der Reihenfolge nach erzählen. Sturmfrei
In letzter Zeit hatten wir hier ziemlich viel Wind, der immer mal wieder dafür sorgte, dass wir vorzeitig schließen mussten, weil beispielsweise Bäume umfielen oder gesunde Äste sich plötzlich auf dem Boden wieder fanden. Wenn man kurz danach unter den dazugehörigen Bäumen mit dem Fahrrad lang fährt, ist das wirklich nicht sehr schön und ich war meistens froh, wenn ich dann zu Hause und damit in Sicherheit war. So konnten auch nicht alle angefangenen Arbeiten beendet werden, unser Beet konnten wir zwar noch vorm Sturmfrei mit Kompost bestücken, aber eine neue Bepflanzung war noch nicht möglich. Momentan sind wir nebenbei auch noch damit beschäftigt, die Bepflanzung der apple borders zu ändern, also muss unser Beet erstmal warten.
Bei der Conservation Group haben wir wieder mal Überwinterungsplätze für Grasschlangen gebaut. Ich hoffe wirklich, dass es genug von denen gibt, die diese ganzen Erd- und Holzhaufen bevölkern können und sie zu schätzen wissen...
Besuch
Da es so langsam wärmer und grüner hier wird, setzt nun auch der Besucheransturm ein – sowohl der normalen Spaziergänger als auch der Gäste von uns, die sich mal näher „unseren“ Park ansehen wollen. So waren neben Isabelles Schwester auch meine Eltern hier, was dank Mietauto auch abenteuerreich genug wurde. Glücklicherweise habe ich mich doch inzwischen mal an den Linksverkehr gewöhnt und konnte immer mal ein „auf die andere Seite!“ einwerfen, denn selbst fahren ist zum einen nicht erlaubt bei Mietautos, wenn man erst 20 ist, und zum anderen handelt es sich dabei um eine Erfahrung, derer ich nicht unbedingt reicher sein möchte.
Am Samstag (1. März) wollten wir zunächst den Hadrianswall ansehen, den die Römer zur Abgrenzung von den Schotten errichtet haben (wahrscheinlich hatten sie Angst vor dem schottischen Essen) und der, sofern er nicht zum Bau von Kirchen oder anderer Gebäude zweckentfremdet wurde, auch noch vorhanden ist. Das sagt zumindest der Reiseführer, denn so viel Wall konnten wir dann doch nicht finden und sind auf wundersame Weise in Hexham gelandet. Immerhin besteht die dortige Abbey auch aus Römermauer, also waren wir wenigstens teilweise erfolgreich. Anschließend sind wir vorsichtshalber nach Durham gefahren, denn das Schloss und die Kathedrale kann man nun wirklich nicht verfehlen. Die Kathedrale beeindruckt zum einen mit Größe, zum anderen mit unverhältnismäßig dicken Säulen, die irgendwie fehl am Platze sind. Da Innenaufnahmen nicht gestattet sind, kann ich leider kein Beweisfoto bringen. Das Schloss kann nur mit Führung besichtigt werden, was wir uns dann erspart haben. Teilweise wird es übrigens von Studenten bewohnt, die an diesem Tag aus mir unerfindlichen Gründen alle grün trugen (nein, es handelte sich dabei nicht um die Uniform). Da Orte, die ständig von Touristen aufgesucht werden, nicht am besten zum Leben geeignet sind, erscheint mir die Methode nur mit geführtem Eintritt sehr human und ich empfehle solches auch andernorts einzuführen.
Da wir unsere Einkäufe normalerweise mit dem Fahrrad transportieren, waren wir auch mal froh, ein Auto hier zu haben, sodass gleich große Mengen an sperrigen oder schweren Sachen eingekauft werden konnten, beispielsweise Getränke oder auch Klopapier. Man kommt sich eben doch etwas komisch vor, wenn man Klopapier an den Gepäckträger bindet, weil es nicht mehr in die Fahrradtaschen passt.
Am Sonntag waren wir in Wallington, um uns den schönen walled garden dort anzusehen. Das Haus (siehe Foto) ist im Winter leider geschlossen, aber dank Frühblüher sieht der Garten nicht mehr winterlich aus, sondern lässt auf baldige Wärme hoffen. Als wir zurückkamen, haben wir noch einen Abendspaziergang in Gibside gemacht. Die Kites waren wie immer vorbildlich und haben sich uns brav gezeigt, auch von nahem. Einige nisten in der Nähe der Stables, sodass wir sie oft über uns kreisen sehen. Statt zu kochen gab es dann mal was vom indischen Takeaway in Burnopfield. Der Verkäufer (oder Kellner?) schien in einer eigenwilligen Stimmung zu sein, einer Mischung aus Desinteresse und Genervtheit, die er uns auch deutlich hat spüren lassen.
Am Montag wurde besichtigt, wofür am Sonntag keine Zeit mehr war, dann ging es ab zum Bahnhof von Newcastle und von da aus weiter nach London (mit dem Zug, wohlgemerkt; das Mietauto wurde vorher abgegeben).
London
Dort angekommen traf uns die Unfreundlichkeit und Hektik dieser Stadt mit voller Wucht. Was haben wir uns nur dabei gedacht, uns mit Koffern in die U-Bahn zu stellen. Solche Gedanken schienen zumindest die anderen Passagiere zu hegen, ihren finsteren Mienen nach zu urteilen. Ich habe auch noch nie so viele im Alltag rennende Menschen gesehen und würde nicht mal versuchen, den Sinn davon verstehen zu wollen.
Unser Hotel haben wir nach einigem Suchen schließlich auch gefunden. Es versprühte, wenn überhaupt, englischen Charme und Sauberkeit scheint auch nicht gerade das Motto der Inhaber zu sein. Da das Bett bequem war, störte mich das nicht weiter, denn was macht man schon in einem Hotel außer schlafen? Frühstücken vielleicht. Genau dieses ist ja gerade hier auch so eine Sache. Wir haben es ohne Magenverstimmung überlebt, aber am zweiten Tag doch nur Cornflakes bestellt, sicher ist sicher.
Mit Würstchen und baked beans gestärkt ging es dann zunächst zu Westminster Abbey, die vor allem von deutschen Schulklassen bevölkert wurde. Wir haben uns davon nicht abschrecken lassen, die horrenden Eintrittspreise ordnungsgemäß abzulaufen und wirklich alles anzusehen (und das ist dort einiges). Glücklicherweise waren auch die Gärten geöffnet, die in dem ganzen Trubel wie eine Oase wirken und einmal mehr zeigen, dass es sich hier um eine Nation von Gärtnern handelt.
In der Kirche an sich werden einige Engländer mehr (Shakespeare, Newton), andere weniger (Jane Austen und die Brontëschwestern – in der anglikanischen Kirche ist keine Gleichstellungsbeauftragte in Sicht) geehrt. Natürlich finden sich auch einige Gräber des Königshauses, unter anderem Maria Stuart und Elizabeth I.
Nachmittags ging es in die National Gallery (Eintritt frei!), wo sich meine Eltern in die Renaissance-Abteilung begaben, während ich die Moderne aufsuchte. Das Repertoire ist wirklich beeindruckend und es ist sicher für jeden Kunstinteressierten etwas dabei. Vom Laufen schon ermattet, suchten wir noch nach einem netten Restaurant und landeten schließlich in einem Pub, in dem dreckige Schuhe unerwünscht waren. Glücklicherweise hatte ich den Tag ja im Museum, nicht im Schlamm verbracht.
Am Mittwoch wollten wir uns ursprünglich den Tower ansehen, wurden dann aber von den Eintrittspreisen abgeschreckt (£16 pro Person, also ca. 24€!), sodass wir dann über die Towerbridge und weiter am Ufer der Themse entlang spazierten. Über die Milleniumbridge sind wir zurück ans andere Ufer und haben kurz einen Blick auf St. Paul’s Cathedral geworfen, dann aber beschlossen, dass man sich das nicht unbedingt näher ansehen muss. Wir warfen noch einen weiteren kurzen Blick, diesmal auf Piccadilly Circus, dann wurde noch einmal die National Gallery aufgesucht (sie ist so groß, dass man sich wahrscheinlich eine Woche lang dort aufhalten könnte und immer noch was Neues entdecken würde).
Der kunstinteressierte Mensch kann sich in London nicht langweilen und so wurde am Donnerstag noch die Tate Gallery besichtigt (auch sehenswert), bevor es zur Liverpool Street ging und sich mal wieder verabschiedet werden musste. Ich habe anschließend noch einen kurzen Abstecher zu den Camden Markets gemacht, bevor ich mich zum Bahnhof King’s Cross aufmachte, um nach Norden zu fahren, wenn auch nicht von Gleis 9 ¾, auf das ich einen kurzen Blick geworfen habe.
Zurück im Alltag
Am Freitag ging der ganz normale Arbeitsalltag, nun ganz ohne Gäste, weiter, diesmal mit einem Strimming-Kurs, zu Deutsch Rasentrimmerkurs. Nachdem lang und breit alles Mögliche über diese Geräte erklärt und gezeigt wurde, durften wir sogar zehn Minuten lang Rasen damit trimmen, natürlich in der richtigen Schutzkleidung: Stahlkappenstiefel, die ich zum arbeiten draußen sowieso trage, und ein Helm mit Augen- und Ohrenschutz. Bei Gelegenheit werde ich versuchen, zur allgemeinen Heiterkeit ein Bild von mir in Trimmermontur aufnehmen zu lassen.
Den gestrigen Tag verbrachte ich, leider ohne Kekse, im Information Room, ohne dass irgendetwas Spannendes passiert wäre. Abends waren wir beim Ceilidh, zu dem wir zur Freude aller uns dort Bekannter einen Kuchen mitbrachten.
Wie meistens am Sonntag habe ich eigentlich nichts gemacht außer Aufräumen und Lesen. Da es hier bald einen book club geben wird, der sich über englische Literatur austauschen will, lese ich zurzeit „Sense and Sensibility“, das erste zu besprechende Buch.