ErstenTage & Wochen
Ersten Eindrücke und Gefühle in dem neuen Leben
Nun ist es bereits eine Weile her, an dem mein Flieger Deutschland verlies und in Ghana landete. Ziemlich übermüdet und gestresst von der weiten Anreise erwartete mich bereits mein Mentor. Schließlich machten wir uns auf den Weg, in die 152km weit entfernte Hauptstadt der Volta Region- Ho.
Ho- die Stadt in der ich nun für ein ganzes Jahr wohnen sollte. Doch ich erhoffte mir so viel mehr. Ich wollte hier nicht nur mein Jahr absitzen und wieder zurück zu dem vertrauten Ganzen kehren, ich wollte eine neue Welt kennen lernen- neue Menschen, neue Kulturen, neue Lebensweisen.
Bereits auf meiner ersten Fahrt in mein neues Leben begriff ich, dass dies nicht so war wie gewohnt, dass dies hier nichts so war wie man es aus dem Fernseher kennt, und dies nicht so einfach werden würde wie gedacht, sondern tausendmal mehr dahintersteckte. Doch ich war bereit dieses Abenteuer einzugehen und ich freute mich diese Entscheidung getroffen hatte.
Nach fünf Stunden Fahrt kam ich dann nun endlich in meinem neuen Heim an und ich bemerkte sofort, dass Ho kein unbelebter und einsamer Ort ist. Selbst in der tiefen Nacht verriet diese Stadt so viel mehr über sich, als man es erklären konnte. Ho, eine Stadt die nur so vor Energie und Lebensfreude strotz. Eine Stadt, die so laut und belebt war, eine Stadt in der man nie alleine war.
In den ersten Tagen erschlugen mich die neuen Situationen und trotz, dass ich das Gefühl hatte bereits alles zu kennen und alles verstanden zu haben, erfuhr ich ständig Neues.
Ich hatte Probleme Straßen und Orte wieder zu erkennen, an denen ich bereits öfter war, ich hatte Probleme die Menschen zu verstehen, Menschen wiederzuerkennen und sich die Namen zu merken. Ich wurde nur so mit Informationen überschüttet.
Freunde, Familie und Verwandte fragten mich ständig wie meine ersten Eindrücke seien und wie es mir so ging. Doch anders als anzunehmen, war es schwieriger als gedacht die Eindrücke überhaupt zu ordnen und selber zu verstehen. Für mich war diese scheinbar einfache Frage, unmöglich zu beantworten. Ich brauchte erst einmal Zeit um selber alles zu verarbeiten um dann wieder neues aufnehmen zu können.
Ich begann nun zu zweifeln, ob ich dies auch ein Jahr durchhalten würde und ob es eine wirklich so gute Entscheidung war. Vielleicht war dies aber auch nur die anfängliche Phase des Hineinlebens und Verstehens. Doch mit jedem einzelnen Tag wurde mir dieser unglaublich große Unterschied zwischen Deutschland und Ghana immer bewusster und jagte mir immer mehr Angst ein. Ich hatte das Gefühl, ich würde manches nie verstehen können. Es war ein Gefühl, dass ich so nie zu vor erlebt oder gefühlt hatte. Denn es schien mir nicht nur so, als ob ich in einer anderen Welt lebte, es schien nicht nur so als ob dies beides völlig unterschiedliche Kulturen waren oder völlig unterschiedliche Gegebenheiten und Lebensweisen herrschten, es war wirklich so.
Dies war nun mein Leben für ein Jahr. Mit einer Sprache, die ich anfänglich nicht so gut verstand, eine Kultur, die viel tiefgehender war, ein Miteinander, dass ich so nicht kannte und einen Alltag für die Menschen hier, der für mich noch immer ‚Neutag‘ war.
Doch ich hatte Zeit. Zeit um mich einzugewöhnen, Zeit um mich selber zu finden und Zeit um alles zu verstehen, Zeit in diesen Alltag einzutauchen.
Die Tage vergingen und ich verstand so langsam was die Menschen von mir erwarteten, wo ich was kaufen konnte, wie viel eine Taxifahrt kostete, wie ich dort und dort hinkam, wo es die besten Ananasse gab und an wen ich mich richten konnte, wenn Probleme auftraten.
Ich lebte mich ein und fühlte mich nun so langsam wohler und sicherer in dem was ich tat. Ich erkannte Orte schnell wieder und begann nun auch alleine Unternehmungen zu starten- das erste Mal alleine mit den Sharing Taxi fahren, das erste Mal alleine auf den Markt und und und. Ich begann mich dem Leben und den Gegebenheiten der Menschen hier anzupassen und hoffe, dass ich eines Tages ein Teil dieser Menschen werde.
Das Leben hier wurde nun weit aus verständlicher für mich und ich kannte mich nun so langsam in der Stadt aus. Ho- die Stadt. Die Stadt, die nun so langsam zu meiner Stadt wurde, die Stadt in der ich nun nicht mehr nur wohnte, sondern auch trauern, lachen, lieben, vermissen, aber vor allem leben werde.