Erst Polizeirazzia, dann Rücktritt des tschechischen Ministerpräsidenten
Bespitzelungs- und Korruptionsaffäre führten am Montatg, 17. Juni, zum Rücktritt von Petr Nečas, dem tschechischen Ministerpräsidenten. Wer und was steckt dahinter?
Ende Mai konnte Nečas noch nicht ahnen, dass seine Amtszeit schon in gut einem Monat enden würde. Da war er noch in Russland gewesen und führte Gespräche mit seinem Amtskollegen Dimitri Medwedew und dem Präsidenten Vladimir Putin, um die guten Wirtschaftsbeziehungen aufrecht zu erhalten. Begleitet wurde er vom Wirtschaftsminister Martin Kuba und rund 80 Unternehmen, die während der Reise Verträge mit einem Volumen von mehreren Millionen Euro unterzeichneten. Das unmoralische Angebot, dass die tschechische Wirtschaft ein Geldsegen von bis zu 6 Millionen Euro erwarten würde, wenn der Ausbau des Atomkraftwerks in Temelín die Firmen Škoda JS, Atomstroyexport und Gidropress übernehmen könnten, schlug Nečas freundlich aus. Dies sei nicht mit den Regeln des wirtschaftlichen Wettbewerbs der EU vereinbar.
1070 Tage hat der 48-Jährige Physiker die Regierung geführt. Groß hatte er sich auf die Flagge geschrieben, die Korruption zu bekämpfen, was im letztendlich zum Verhängnis wurde.
In der Nacht vom 12. auf den 13. Juni führten Sondereinheiten der Polizei eine Razzia im Regierungsgebäude, als auch in Privatwohnungen durch. Acht Personen wurden dabei festgenommen, darunter Jana Nagyová, langjährige Leiterin des Regierungsbüros, die eine große Rolle in diesem Skandal spielen soll. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr Amtsmissbrauch vor. So soll sie die Beschattung der von Nečas getrennt lebenden Ehefrau beim Geheimdienst bestellt haben. Ihr selbst wird eine Liebesaffäre zum Ministerpräsidenten nachgesagt.
Weiterhin soll sie dem Ex-Landschaftsminster Ivan Fuksa, dem ehemaligen ODS- Fraktionsvorsitzenden Petr Tluchoř und einstigen ODS-Abgeordneten Marek Šnajdr lukrative Posten in Aufsichtsräten bei staatlichen Unternehmen beschafft haben. Diese hatten in September 2012 gegen das umstrittene Steuerpacket der Regierung gestimmt. Bevor es aber zu einer erneuten Abstimmung mit der Vertrauensfrage kommen konnte, legten sie ihr Mandat nieder.
Hinzu kommt, dass Lobbyisten angeblich öffentliche Aufträge manipuliert und ca. fünf Millionen Euro aufgeteilt haben, dies liegt aber noch im Dunkeln.
In der ganzen Korruptionsaffäre soll der nun Ex-Premier keine aktive Rolle gespielt haben. Glaubte er anfangs noch an die Unschuld der Festgenommenen, so trat er schließlich doch am Montag unter dem Druck der Öffentlichkeit zurück. Er werde der Politik nun ganz den Rücken kehren, gab er an, und auch nicht bei den nächsten Wahlen antreten. Sein niedergelegtes Amt als Vorsitz in der ODS übernahm sein Stellvertreter und Wirtschaftsminister Martin Kuba.
Durch den Rücktritt Nečas endet auch die Amtszeit des gesamten Kabinetts in Tschechien. Präsident Zeman muss nun entscheiden, was jetzt passiert. Entweder er ernennt ein Übergangskabinett oder er vergibt den Auftrag zur Regierungsbildung neu.