Endlich raus
Ein Bericht über die ersten Tage in der Schule, über alles Neue, Abläufe und Menschen
Wer den letzten Beitrag aufmerksam gelesen hat weiß, dass am vergangenen Mittwoch mein erster Tag in der Schule war. Und dieses Mal sogar wirklich...!!
Also gibt es jetzt mal wieder was Neues zu berichten, in den letzten Tagen habe ich wirklich das Konterprogramm zu Langeweile erlebt. Am Dienstag Abend bin ich voller Spannung und Vorfreude ins Bett gegangen und konnte dann natürlich, wie das immer ist wenn man möglichst früh schlafen sollte, lange nicht einschlafen. Und am Mittwoch ging es dann das erste Mal wieder sehr früh aus den Federn!
Weil ich nicht wusste, wie verpennt ich bin und wie lange ich brauchen werde, hat mein Wecker eindeutig viel zu früh geklingelt, sodass ich auch zu früh am Treffpunkt war, wo mich eine Familie mitnehmen sollte. Diese Familie war dann aber recht spät und zerstreut, sodass ich die ganze Morgendämmerung erlebt habe. Als ich aus dem Haus ging, war es noch fast ganz dunkel, und als ich in der Schule ankam, war es praktisch hell.
Dort hat mich die Sekretärin in Empfang genommen, weil alle Leute, die sonst zuständig gewesen wären, noch nicht da waren. Mir wurde das Schulgelände gezeigt und gefühlte 10000 Leute vorgestellt, deren Namen ich sofort wieder vergessen habe, und dann kam meine Koordinatorin, mit der ich in den Wald fahren sollte.
Bis dahin waren mir vor allem englisch- und deutschsprechende Leute begegnet; die erste volle Dröhnung Lettisch habe ich beim Mathe- und Lettischunterricht der ersten Klasse im Wald bekommen. Die Kinder haben sich mir zwar alle auf Englisch vorgestellt (my name is...) und meine Koordinatorin hat ein bisschen soufliert, aber wenn die Kinder und Lehrer*innen loslegen, habe ich keine Chance, irgendwas zu verstehen.
Was natürlich nicht heißt, dass man nicht in Kontakt kommen kann...!! Die Kinder kennen es, dass Freiwillige an der Schule sind und kommunizieren mit Händen und Füßen oder so gut sie können auf Englisch mit mir, außerdem übersetzen einige Lehrer*innen zwischendurch die wichtigsten Punkte.
Im Wald habe ich einen Eindruck von der Art der Schule bekommen, die sich zu recht freie Schule nennt. Die Mathestunden kurzerhand zwischen Bäume und Moose zu verlegen, ist schon sehr frei... Aber es funktioniert! Die Kinder waren mit Feuereifer dabei, Rechenspiele mit Rennen und Gedichte mit passenden Bewegungen zu verbinden, die Stunden hätten im Klassenzimmer nicht viel produktiver sein können.
In der Frühstückspause habe ich dann der zweiten Klasse einen kurzen Besuch abgestattet, die auch ihren Waldtag hatte. Auch hier haben sich alle Kinder brav und sehr süß auf Englisch vorgestellt und waren zwar schüchtern, aber auch sichtlich erfreut, dass jetzt wieder Freiwillige da sind.
Aufgrund meiner Erfrierungslage hat die Kunstlehrerin, die in der Zwischenzeit mit der ersten Klasse Pinsel aus Waldmaterialien gebastelt hat, mich wieder mit in die Schule genommen und ich habe ihrer Kochstunde mit der dritten Klasse beigewohnt. Auch hier wurde ich freundlich begrüßt und habe gemerkt, dass die Kinder schon öfter mit Freiwilligen zu tun hatten, die sich noch nicht zurechtfinden, mir wurde alles gezeigt und auch viele Fragen gestellt.
Dann gab es leckeres Mittagessen, bei dem ich mich dann auch der ältesten Klasse (4.-6. in einem) vorgestellt habe, und danach habe ich im Lehrerzimmer die Russischlehrerin getroffen, eine Verbündete was die Lettischkenntnisse angeht, sie kann es auch nicht. Aber viele Lehrer*innen sprechen Russisch, das war die vierte Sprache an diesem Tag. Von der Diskussion auf Russisch habe ich ziemlich viel verstanden, aber das mit dem selber sprechen ist seit dem Abi im Juni doch etwas eingerostet. Danach war mein erster Tag beendet und ich ziemlich fertig. Die vielen neuen Leute, der Sprachenmix, die neue Umgebung und die vielen Kinderfragen haben mich echt geschafft an diesem ersten Tag, ich bin mit der Direktorin nach Riga zurückgefahren und hab mir erst mal ein bisschen Stille gegönnt.
Gestern und Vorgestern war ich dann in der Pre-School, in den Gruppen mit älteren Kindern. Es gibt ein Gruppe für die ganz Kleinen, eine mittlere Gruppe und zwei mit älteren Kindern im Alter von 4-7 Jahren.
Die Tage in der Pre-School laufen immer gleich ab, erst spielen, dann Frühstück, dann noch mal spielen, dann Mittagessen, danach Zähneputzen und Schlafen. Am Donnerstag bin ich mit der Gruppe mitgegangen, die nach dem Frühstück an den Fluss gegangen ist zum Spielen. Die Lehrerin spricht wunderbares Englisch und ist offen und mitteilungsfreudig, sodass ich viel verstanden habe, was so um mich rum abgeht. Außerdem sprechen mehrere Kinder Englisch, und das auch gerne und gut, da gab es dann schnell eine Verbindung.
Gestern war ich in der anderen Gruppe, die nach dem Frühstück mit der Sportlehrerin in den Wald gegangen ist. Die Lehrerin spricht Deutsch, was auch mal wieder sehr angenehm war, sie hat mir auch ein wenig übersetzt, was die Kinder zueinander sagen, sodass ich sie indirekt kennenlernen konnte. Nach dem Mittagessen war ich im Büro in dem die Sekretärin und die Direktorin arbeiten, habe mich sehr gut unterhalten und einige organisatorischen Dinge geklärt.
Danach wurde ich von der Sportlehrerin in die Küche geschoben, damit ich noch etwas esse, bevor ich zum Bus muss, und habe da die Köchin kennengelernt, die nicht nur vorzüglich kocht, sondern einen auch zu jeder Gelegenheit gerne mit Essen oder Aufgaben versorgt, sehr offen und kommunikationsfreudig ist und liebend gerne mit mir Russisch redet. So bin ich, während ich brav meine Käsebrote gegessen und meinen Tee getrunken habe, in die Geschichte und Abläufe der Küche in Zusammenarbeit mit den Freiwilligen eingetaucht, die nun hoffentlich auch zu meinem Tag dazugehören wird.
Alles in allem will ich an dieser Stelle festhalten, dass es wirklich schön ist an der Schule, nach allem, was ich bisher erlebt und mitbekommen habe. Es wird mir nicht an Aufgaben und Anlaufstellen für Fragen, Sorgen und Probleme oder für Schwätzchen zwischendurch fehlen und auch nicht an Interesse von Seiten der Kinder an allem, was ich bin und mache. Das fühlt sich sehr vielversprechend an!! Alle Menschen sind offen und hilfsbereit und versuchen ihren Teil dazu beizutragen, mir, und ab Dienstag uns, einen guten Start zu bereiten und uns mit sinnvollen Aufgaben zu versorgen.
Jetzt steht das erste Wochenende an, an dem meine Mitfreiwillige und ich beide die 10-Tage-Marke hinter uns haben, sodass wir gemeinsam die Stadt entdecken können. Auf diesen außerschulischen Start bin ich auch sehr gespannt, mal sehen, wie viele Sehenswürdigkeiten wir schaffen und ob wir andere Freiwillige treffen. Und am Dienstag ist dann unser erster gemeinsamer Tag an der Schule. Wie das alles läuft, ich werde berichten...