Endlich neues aus Dänemark!
Über das Lernen einer neuen Sprache, neue Erfahrungen und neue internationale Freunde.
Hej aus dem Norden,
nun ist schon fast ein Monat seit meinem letzten Blogeintrag vergangen und in dieser Zeit ist wirklich irre viel passiert. Ich habe eine neue Sprache gelernt, eine neue Fußballmannschaft gefunden, neue Sportarten ausprobiert, neue internationale Freunde kennengelernt und last but not least: Ich fühle mich, als hätte ich ein neues Zuhause gefunden. Das klingt nach ganz schön viel neuem, oder? Aber nun etwas geordneter.
Wie vor einem Monat bereits angekündigt, hat unser Sprachkurs begonnen. Bisher hatten wir in zwei Wochen insgesamt 33 Stunden Sprachkurs aufgeteilt auf sechs Tage. Das klingt intensiv? Das war es auch – mehr oder weniger. Ich hatte mich sehr auf den Unterricht gefreut… Denn es fühlt sich komisch an, im Alltag nichts zu verstehen. Ob im Supermarkt oder auf der Arbeit: Wenn mich andere auf Dänisch ansprachen oder untereinander Unterhaltungen führten, klang das für mich eher wie eine Geheimsprache. Dadurch, dass Dänisch mit Englisch und Deutsch doch recht verwandt ist, konnte ich geschriebenes zwar relativ gut verstehen, die Aussprache machte das mündliche Verständnis jedoch nahezu unmöglich. Ein weiterer Grund für meine Vorfreude war wohl, dass ich gerade aus der Schule komme. Ich war es gewohnt, jeden Tag etwas Neues zu lernen und ich hatte das Gefühl, mal wieder etwas Futter für mein Gehirn zu brauchen.
Wir werden gemeinsam mit sechs anderen Jugendlichen aus Frankreich, Italien, Peru und den USA unterrichtet, die gerade einen Schüleraustausch in der Gegend absolvieren. Diese Vielfalt der Heimatsprachen ist sehr interessant, weil wir so immer wieder Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen diesen und der dänischen Sprache finden können. Und laut unserem Lehrer sei das sehr wichtig für den Lernprozess…
Man merkt aber auch, dass fünfeinhalb Stunden Unterricht für ein Fach, beziehungsweise eine neue Sprache sehr herausfordernd sind. Und das geht nach meiner Beobachtung nicht nur uns Schülern so, sondern auch unserem Lehrer. Außerdem ist es interessant zu sehen, wie die unterschiedlichen Schulsysteme aufeinandertreffen. Besonders bei den Italienern haben wir festgestellt, dass die Schüler untereinander doch sehr im Wettbewerb zu stehen scheinen, was ein Gegenstück zum dänischen Lehren darstellt. Denn in der dänischen Gesellschaft, so erklärte man es uns mehrfach, lege man es eher auf Gleichheit an. Niemand solle zu sehr herausstechen und das Prahlen mit guten Noten werde sehr kritisch gesehen. Und so ging auch unser Lehrer den Unterricht locker an. Typisch dänisch nannten wir ihn natürlich beim Vornamen – das Siezen wird hier, so erklärte es mir ein älterer Herr, fast als unhöflich angesehen. Zudem sangen wir dänische Volkslieder, machten Auflockerungsübungen und sahen uns lustige kleine Filme an. Das ist meiner Meinung nach nicht schlecht, doch nach etwa drei Stunden wünscht man sich doch, der Unterricht wäre auf mehrere Tage aufgeteilt.
Nichts desto trotz muss ich sagen, dass ich mit den Resultaten des Kurses schon sehr zufrieden bin. Denn durch diesen und meine Arbeit im Klub kann ich nun schon vieles verstehen was mir die Kinder erzählen – vorausgesetzt sie sprechen langsam und deutlich... Und auch das Sprechen klappt nach und nach immer besser. In grundlegenden Dingen kann ich mich nun schon ausdrücken: Ich kann mich selbst vorstellen, von meinen Plänen fürs Wochenende erzählen und sogar eine vereinfachte Version des Tabu-Spiels mitspielen!
Ab morgen folgen nach zwei Wochen Pause noch einmal drei Sprachkurs-Tage. Ich bin gespannt, was mich erwartet!
Durch unser erstes Treffen mit unserer Mentorin Stine habe ich nicht nur mehr über Formelles und Partymöglichkeiten in Aalborg erfahren (dazu später mehr), sondern auch über die lokale Fußball-Damenmannschaft. Weil ich in Deutschland bis zum Sommer sieben Jahre lang Teil einer tollen Mannschaft war und den Sport vermisste, habe ich mich mit dem Trainer in Kontakt gesetzt, ein Spiel der 11er Mannschaft angeschaut und dann entschieden, bei einem Training mitzumachen. Doch hier gab es ein Missverständnis: Das von mir angenommene Training war eigentlich ein Spiel der 7er Mannschaft, die wohl ohne zu trainieren Spiele antritt. Also spielte ich hier mit, was mir dann auch sehr recht war, weil diese Mannschaft eher auf meinem fußballerischen Niveau spielte, als die schon angesprochene spielerisch recht gute und kämpferisch starke 11er Mannschaft. In der darauffolgenden Woche habe ich dann auch bei einem Training mitgemacht, doch ein nächstes Zusammentreffen wird wohl erst in der nächsten Woche stattfinden, wegen Krankheit meinerseits und wegen des letzte Woche stattfindenden On-Arrival-Trainings für alle Freiwilligen in Dänemark.
Und auch auf der Arbeit fühle ich mich wirklich wohl – ich komme immer besser mit den Kindern zurecht, habe mein erstes kleines Projekt, das gemeinsame Basteln eines Geburtstagskalenders, realisiert und viel unterschiedliches und neues erlebt! Ich könnte hier über so vieles erzählen: Angefangen mit einem Lasergame in meinem Klub, über einen Teambuilding-Tag für alle achten Klassen in der Region am Hafen in Asaa, einen Open-Water-Schwimmwettbewerb, bei dem ich wegen eines Fahrdienstes für das Extremsport-Team mitmachen durfte, einem Besuch im Badeland und durch weitere Fahrdienste entstandene Möglichkeiten des Wakeboard fahrens in Aalborg und Pizza Essens in Løkken, ist doch wirklich vieles passiert. Ich hätte wirklich nie gedacht, dass die Arbeit so vielfältig wird. Und ich bin froh darüber, weil Routine und immer das selbe tun nicht unbedingt meinen Interessen entspricht… Diese Erfahrungen schaffen Erinnerungen an Erlebnisse, die ich sonst wahrscheinlich eher weniger angegangen wäre. Denn wer würde zum Beispiel auf die Idee kommen, bei 15°C und Regen in einem See mitten im Wald 500m um die Wette zu schwimmen? Das hört sich wohl nicht besonders spaßig an – und die ersten Minuten sind wirklich eher unangenehm. Dadurch, dass ein Massenstart stattfindet, schlagen anfangs nur Wellen, Beine und Arme um einen rum. Und trotz Neopren ist das Wasser wirklich eisig. Dazu beschlägt noch die Schwimmbrille und man fragt sich, was das ganze eigentlich soll. Doch nach diesem Start bessert sich die Lage bis hin zu totaler Euphorie beim Hinausrennen aus dem See. Und eine Medaille hängt sich doch wohl jeder stolz und gerne um, oder?
Und nun zu dem Teil mit den neuen internationalen Freunden…
Wie bereits angesprochen wurden uns von unserer Mentorin auch Tipps zu Partymöglichkeiten in Aalborg gegeben. Und diese sind wirklich fantastisch. Auf der Jumfru Ane Gade, eine Straße im Zentrum der Stadt, findet man an Wochenenden (fast) nur junge Leute. Der Grund? Hier reiht sich Bar an Bar, Disko an Disko, Kneipe an Kneipe. Eine super gute, entspannte und fröhliche Stimmung. Typisch Dänisch eben! Hier trifft man sich, hier schließt man Freundschaften.
Und noch viel mehr internationale Freunde, um die 40 an der Zahl, dabei kommt kein großer Teil jedoch aus Deutschland, habe ich letzte Woche gefunden. Jugendliche aus Deutschland, Estland, Frankreich, Italien, Kanada, Moldawien, Norwegen, Österreich, Portugal, Russland und Spanien zusammen in einem schönen Ort in Dänemark – was kann das bedeuten? Endlich hat das On-Arrival-Training stattgefunden! Dieses ist ein fünftägiges Treffen, organisiert von der National Agency, für alle in diesem Zeitraum angekommen Freiwilligen in Dänemark. Wir haben viel über unsere Rechte und Pflichten erfahren, über unsere bisherigen Erlebnisse und Eindrücke gesprochen, über andere Projekte gelernt, viel über Dänemark und die Dänen herausgefunden und ganz besonders viele neue Freundschaften geschlossen. Freundschaften mit jungen Leuten, die sich in der gleichen Situation befinden wie ich selbst und noch dazu nicht weit entfernt leben… Das ist wirklich viel wert! Außerdem erwähnenswert sind die schöne Lage mitten im Wald an der Ostsee und das wirklich gute Essen. Eine tolle Woche!
Ich fühle mich, als wäre ich nun angekommen in Dänemark. Ich genieße das Leben in der Wohngemeinschaft, das gemeinsame Feiern und auch das gemeinsame Entspannen. Ich genieße meine Ausflüge nach Løkken und Aalborg, die Orte, die ich nun wirklich sehr lieb gewonnen habe. Ich genieße sogar das ständig wechselnde Wetter – man sollte immer eine Regenjacke dabei haben, um für den nächsten Schauer gewappnet zu sein… Er kommt bestimmt! Und besonders genieße ich die wirklich entspannte Lebensweise der Dänen, ein Lebensgefühl der „Hygge“, das glücklicher Weise so langsam wirklich auch auf mich abfärbt.
Hygge. Hygge bezeichnet die typisch dänische Lebensart. Ein Kernbestandteil der dänischen Tradition. Hygge dreht sich um Atmosphäre, es geht nicht unbedingt um bestimmte Dinge. Es geht ums Zusammensein, sich zu Hause zu fühlen, in Sicherheit zu sein und sich zu entspannen. Eine Atmosphäre, in der man das Gute des Lebens mit netten Leuten zusammen genießt. Das warme Licht der Kerzen ist Hygge. Freunde und Familie gehören auch zur Hygge. Und nicht zu vergessen das Essen und Trinken – das heißt für Dänen am liebsten mehrere Stunden am Tisch zu sitzen und sich gemeinsam mit den größeren und kleineren Dingen des Lebens auseinanderzusetzen. Das Gute an Hygge ist, dass es sich in alle Kontexte integrieren lässt. Die Dänen schaffen es, die Hygge-Stimmung auf alle Alltäglichkeiten zu übertragen. Ein weiterer Grund dafür, warum ich Dänemark als ein so wunderbares Land erlebe.
Ha‘ det godt!
Eure Feli
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